in Bewegung setzen, geringe und, wie ihre Bedürfnisse, einfacher sind.
Und auch die thätige Kraft der Seele, wodurch die Bewegungen des Körpers regiert werden, muß bey ihnen keine geringere Stärke haben, als bey den kulti- virtesten Menschen. Beweise davon sind ihre unnach- ahmlichen Fertigkeiten im Laufen, Springen, Schwim- men, Werfen und dergleichen. Es ist also offenbar, daß kein Grundvermögen der Seele bey ihnen unentwi- ckelt geblieben sey. Jedes derselben ist zu einem Gra- de von Umfang und Stärke gelanget. So zeigt sichs bey ihrem Gefühl, bey ihrer vorstellenden Kraft, ihrer Denkkraft, ihrem thätigen Vermögen zu handeln. Al- les ist entwickelt und gewachsen. Eben so wenig fehlet ihnen Aufmerksamkeit auf sinnliche Sachen, die sie be- arbeiten, und auf ihre Geschäfte. Also auch das Ver- mögen nicht, die Reflexion bey Sachen länger und anhaltender zu beschäfftigen.
Unter den äußern Sinnen der Menschen scheinen in- dessen der Geschmack und das körperliche Gefühl bey den Wilden und Barbaren am schwächsten zu seyn. Man hat sie gegen die grausamsten Qualen unempfindlich ge- funden. Dieß mag eine Stärke im Körper zum Grunde haben; aber es ist doch eine allzugroße Abhärtung, wel- che nothwendig das Selbstgefühl der Seele verhindern muß die nöthige Feinheit zu erlangen, wodurch es die hö- hern Seelenkräfte zur Thätigkeit reizet. Die zu große Empfindlichkeit des Körpers ist zwar auf der einen Sei- te auch ein Hinderniß, das die Seele nicht stark werden läßt; aber auf der andern verträgt sich eine große Unem- pfindlichkeit eben so wenig mit der Ausbreitung der Ver- nunft. Soll das innere Gefühl, und besonders dasjeni- ge Gefühl der Vorstellungen und der Verhältnisse, wel- ches das Unterscheidungsvermögen und die höhere Denk- kraft erwecket, zu einiger Lebhastigkeit kommen, so ist
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und Entwickelung des Menſchen.
in Bewegung ſetzen, geringe und, wie ihre Beduͤrfniſſe, einfacher ſind.
Und auch die thaͤtige Kraft der Seele, wodurch die Bewegungen des Koͤrpers regiert werden, muß bey ihnen keine geringere Staͤrke haben, als bey den kulti- virteſten Menſchen. Beweiſe davon ſind ihre unnach- ahmlichen Fertigkeiten im Laufen, Springen, Schwim- men, Werfen und dergleichen. Es iſt alſo offenbar, daß kein Grundvermoͤgen der Seele bey ihnen unentwi- ckelt geblieben ſey. Jedes derſelben iſt zu einem Gra- de von Umfang und Staͤrke gelanget. So zeigt ſichs bey ihrem Gefuͤhl, bey ihrer vorſtellenden Kraft, ihrer Denkkraft, ihrem thaͤtigen Vermoͤgen zu handeln. Al- les iſt entwickelt und gewachſen. Eben ſo wenig fehlet ihnen Aufmerkſamkeit auf ſinnliche Sachen, die ſie be- arbeiten, und auf ihre Geſchaͤfte. Alſo auch das Ver- moͤgen nicht, die Reflexion bey Sachen laͤnger und anhaltender zu beſchaͤfftigen.
Unter den aͤußern Sinnen der Menſchen ſcheinen in- deſſen der Geſchmack und das koͤrperliche Gefuͤhl bey den Wilden und Barbaren am ſchwaͤchſten zu ſeyn. Man hat ſie gegen die grauſamſten Qualen unempfindlich ge- funden. Dieß mag eine Staͤrke im Koͤrper zum Grunde haben; aber es iſt doch eine allzugroße Abhaͤrtung, wel- che nothwendig das Selbſtgefuͤhl der Seele verhindern muß die noͤthige Feinheit zu erlangen, wodurch es die hoͤ- hern Seelenkraͤfte zur Thaͤtigkeit reizet. Die zu große Empfindlichkeit des Koͤrpers iſt zwar auf der einen Sei- te auch ein Hinderniß, das die Seele nicht ſtark werden laͤßt; aber auf der andern vertraͤgt ſich eine große Unem- pfindlichkeit eben ſo wenig mit der Ausbreitung der Ver- nunft. Soll das innere Gefuͤhl, und beſonders dasjeni- ge Gefuͤhl der Vorſtellungen und der Verhaͤltniſſe, wel- ches das Unterſcheidungsvermoͤgen und die hoͤhere Denk- kraft erwecket, zu einiger Lebhaſtigkeit kommen, ſo iſt
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und Entwickelung des Menſchen.
in Bewegung ſetzen, geringe und, wie ihre Beduͤrfniſſe,
einfacher ſind.
Und auch die thaͤtige Kraft der Seele, wodurch
die Bewegungen des Koͤrpers regiert werden, muß bey
ihnen keine geringere Staͤrke haben, als bey den kulti-
virteſten Menſchen. Beweiſe davon ſind ihre unnach-
ahmlichen Fertigkeiten im Laufen, Springen, Schwim-
men, Werfen und dergleichen. Es iſt alſo offenbar,
daß kein Grundvermoͤgen der Seele bey ihnen unentwi-
ckelt geblieben ſey. Jedes derſelben iſt zu einem Gra-
de von Umfang und Staͤrke gelanget. So zeigt ſichs
bey ihrem Gefuͤhl, bey ihrer vorſtellenden Kraft, ihrer
Denkkraft, ihrem thaͤtigen Vermoͤgen zu handeln. Al-
les iſt entwickelt und gewachſen. Eben ſo wenig fehlet
ihnen Aufmerkſamkeit auf ſinnliche Sachen, die ſie be-
arbeiten, und auf ihre Geſchaͤfte. Alſo auch das Ver-
moͤgen nicht, die Reflexion bey Sachen laͤnger und
anhaltender zu beſchaͤfftigen.
Unter den aͤußern Sinnen der Menſchen ſcheinen in-
deſſen der Geſchmack und das koͤrperliche Gefuͤhl bey
den Wilden und Barbaren am ſchwaͤchſten zu ſeyn. Man
hat ſie gegen die grauſamſten Qualen unempfindlich ge-
funden. Dieß mag eine Staͤrke im Koͤrper zum Grunde
haben; aber es iſt doch eine allzugroße Abhaͤrtung, wel-
che nothwendig das Selbſtgefuͤhl der Seele verhindern
muß die noͤthige Feinheit zu erlangen, wodurch es die hoͤ-
hern Seelenkraͤfte zur Thaͤtigkeit reizet. Die zu große
Empfindlichkeit des Koͤrpers iſt zwar auf der einen Sei-
te auch ein Hinderniß, das die Seele nicht ſtark werden
laͤßt; aber auf der andern vertraͤgt ſich eine große Unem-
pfindlichkeit eben ſo wenig mit der Ausbreitung der Ver-
nunft. Soll das innere Gefuͤhl, und beſonders dasjeni-
ge Gefuͤhl der Vorſtellungen und der Verhaͤltniſſe, wel-
ches das Unterſcheidungsvermoͤgen und die hoͤhere Denk-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/709>, abgerufen am 23.11.2024.
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