gereizet ist; und diese ihr zu geläufige Richtung macht es schwer, nach einer andern Seite hin sich zu äußern, wie doch nothwendig ist, um Geschäffte von einer andern Gattung zweckmäßig zu betreiben. Die meistenmale wird man bey sich selbst eine oder die andre dieser Ursa- chen antreffen, und alsdenn diese dem Scheine nach entgegenstehenden Erfahrungen in der That zur Bestä- tigung des Satzes, daß eine jede Uebung einer Seelen- kraft bey irgend einer Art von Gegenständen eine Stär- ke in ihr hinterlasse, die sich auch bey andern verschiede- nen Handlungen beweisen kann, übereinstimmend finden.
Diese Beobachtungen scheinen mir wenigstens der obigen Vorstellung, daß der Auwachs unserer Seelen- vermögen nur in einer Vergrößerung ihres Spielraums, oder in der Vermehrung und Erweiterung ihrer Jdeen von den Objekten bestehe, eben so sehr zu widerstreiten, als die zuerst angeführten solche zu bestätigen scheinen. Die Frage ist, wenn man beide vergleichet und etwas genauer auflöset, ob sich nicht ein bestimmter Begriff von der innern Krafterhöhung daraus abziehen, oder wenigstens durch sie bestätigen lasse?
3.
Jede Fertigkeit im Denken und Handeln, von de- nen nämlich, die wir uns durch Uebung erwerben, ent- hält zweyerley. Zuerst eine gewisse Leichtigkeit, die Jdeen von den Gegenständen zu erwecken, mit denen die Kraft sich beschäfftiget. Diese Leichtigkeit macht, daß die Fertigkeit eine besondere Fertigkeit in Hinsicht solcher Sachen und Gegenstände ist. Alsdenn zweytens eine Leichtigkeit die Vorstel- lung von der Aktion selbst zu erwecken und zur Em- pfindung zu machen. Dieß letztere ist das Jnnere derselben, und macht eigentlich die Fertigkeit in Hin-
sicht
XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
gereizet iſt; und dieſe ihr zu gelaͤufige Richtung macht es ſchwer, nach einer andern Seite hin ſich zu aͤußern, wie doch nothwendig iſt, um Geſchaͤffte von einer andern Gattung zweckmaͤßig zu betreiben. Die meiſtenmale wird man bey ſich ſelbſt eine oder die andre dieſer Urſa- chen antreffen, und alsdenn dieſe dem Scheine nach entgegenſtehenden Erfahrungen in der That zur Beſtaͤ- tigung des Satzes, daß eine jede Uebung einer Seelen- kraft bey irgend einer Art von Gegenſtaͤnden eine Staͤr- ke in ihr hinterlaſſe, die ſich auch bey andern verſchiede- nen Handlungen beweiſen kann, uͤbereinſtimmend finden.
Dieſe Beobachtungen ſcheinen mir wenigſtens der obigen Vorſtellung, daß der Auwachs unſerer Seelen- vermoͤgen nur in einer Vergroͤßerung ihres Spielraums, oder in der Vermehrung und Erweiterung ihrer Jdeen von den Objekten beſtehe, eben ſo ſehr zu widerſtreiten, als die zuerſt angefuͤhrten ſolche zu beſtaͤtigen ſcheinen. Die Frage iſt, wenn man beide vergleichet und etwas genauer aufloͤſet, ob ſich nicht ein beſtimmter Begriff von der innern Krafterhoͤhung daraus abziehen, oder wenigſtens durch ſie beſtaͤtigen laſſe?
3.
Jede Fertigkeit im Denken und Handeln, von de- nen naͤmlich, die wir uns durch Uebung erwerben, ent- haͤlt zweyerley. Zuerſt eine gewiſſe Leichtigkeit, die Jdeen von den Gegenſtaͤnden zu erwecken, mit denen die Kraft ſich beſchaͤfftiget. Dieſe Leichtigkeit macht, daß die Fertigkeit eine beſondere Fertigkeit in Hinſicht ſolcher Sachen und Gegenſtaͤnde iſt. Alsdenn zweytens eine Leichtigkeit die Vorſtel- lung von der Aktion ſelbſt zu erwecken und zur Em- pfindung zu machen. Dieß letztere iſt das Jnnere derſelben, und macht eigentlich die Fertigkeit in Hin-
ſicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0420"n="390"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">XIV.</hi> Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt</hi></fw><lb/>
gereizet iſt; und dieſe ihr zu gelaͤufige Richtung macht<lb/>
es ſchwer, nach einer andern Seite hin ſich zu aͤußern,<lb/>
wie doch nothwendig iſt, um Geſchaͤffte von einer andern<lb/>
Gattung zweckmaͤßig zu betreiben. Die meiſtenmale<lb/>
wird man bey ſich ſelbſt eine oder die andre dieſer Urſa-<lb/>
chen antreffen, und alsdenn dieſe dem Scheine nach<lb/>
entgegenſtehenden Erfahrungen in der That zur Beſtaͤ-<lb/>
tigung des Satzes, daß eine jede Uebung einer Seelen-<lb/>
kraft bey irgend einer Art von Gegenſtaͤnden eine Staͤr-<lb/>
ke in ihr hinterlaſſe, die ſich auch bey andern verſchiede-<lb/>
nen Handlungen beweiſen kann, uͤbereinſtimmend<lb/>
finden.</p><lb/><p>Dieſe Beobachtungen ſcheinen mir wenigſtens der<lb/>
obigen Vorſtellung, daß der Auwachs unſerer Seelen-<lb/>
vermoͤgen nur in einer Vergroͤßerung ihres Spielraums,<lb/>
oder in der Vermehrung und Erweiterung ihrer Jdeen<lb/>
von den Objekten beſtehe, eben ſo ſehr zu widerſtreiten,<lb/>
als die zuerſt angefuͤhrten ſolche zu beſtaͤtigen ſcheinen.<lb/>
Die Frage iſt, wenn man beide vergleichet und etwas<lb/>
genauer aufloͤſet, ob ſich nicht ein beſtimmter Begriff<lb/>
von der innern Krafterhoͤhung daraus abziehen, oder<lb/>
wenigſtens durch ſie beſtaͤtigen laſſe?</p></div><lb/><divn="4"><head>3.</head><lb/><p>Jede <hirendition="#fr">Fertigkeit</hi> im Denken und Handeln, von de-<lb/>
nen naͤmlich, die wir uns durch Uebung erwerben, ent-<lb/>
haͤlt zweyerley. Zuerſt eine gewiſſe Leichtigkeit, die<lb/><hirendition="#fr">Jdeen von den Gegenſtaͤnden</hi> zu erwecken, mit<lb/>
denen die Kraft ſich beſchaͤfftiget. Dieſe Leichtigkeit<lb/>
macht, daß die Fertigkeit eine beſondere Fertigkeit<lb/>
in Hinſicht ſolcher Sachen und Gegenſtaͤnde iſt.<lb/>
Alsdenn zweytens eine <hirendition="#fr">Leichtigkeit die Vorſtel-<lb/>
lung von der Aktion ſelbſt</hi> zu erwecken und zur Em-<lb/>
pfindung zu machen. Dieß letztere iſt das <hirendition="#fr">Jnnere<lb/>
derſelben,</hi> und macht eigentlich die Fertigkeit in Hin-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſicht</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[390/0420]
XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
gereizet iſt; und dieſe ihr zu gelaͤufige Richtung macht
es ſchwer, nach einer andern Seite hin ſich zu aͤußern,
wie doch nothwendig iſt, um Geſchaͤffte von einer andern
Gattung zweckmaͤßig zu betreiben. Die meiſtenmale
wird man bey ſich ſelbſt eine oder die andre dieſer Urſa-
chen antreffen, und alsdenn dieſe dem Scheine nach
entgegenſtehenden Erfahrungen in der That zur Beſtaͤ-
tigung des Satzes, daß eine jede Uebung einer Seelen-
kraft bey irgend einer Art von Gegenſtaͤnden eine Staͤr-
ke in ihr hinterlaſſe, die ſich auch bey andern verſchiede-
nen Handlungen beweiſen kann, uͤbereinſtimmend
finden.
Dieſe Beobachtungen ſcheinen mir wenigſtens der
obigen Vorſtellung, daß der Auwachs unſerer Seelen-
vermoͤgen nur in einer Vergroͤßerung ihres Spielraums,
oder in der Vermehrung und Erweiterung ihrer Jdeen
von den Objekten beſtehe, eben ſo ſehr zu widerſtreiten,
als die zuerſt angefuͤhrten ſolche zu beſtaͤtigen ſcheinen.
Die Frage iſt, wenn man beide vergleichet und etwas
genauer aufloͤſet, ob ſich nicht ein beſtimmter Begriff
von der innern Krafterhoͤhung daraus abziehen, oder
wenigſtens durch ſie beſtaͤtigen laſſe?
3.
Jede Fertigkeit im Denken und Handeln, von de-
nen naͤmlich, die wir uns durch Uebung erwerben, ent-
haͤlt zweyerley. Zuerſt eine gewiſſe Leichtigkeit, die
Jdeen von den Gegenſtaͤnden zu erwecken, mit
denen die Kraft ſich beſchaͤfftiget. Dieſe Leichtigkeit
macht, daß die Fertigkeit eine beſondere Fertigkeit
in Hinſicht ſolcher Sachen und Gegenſtaͤnde iſt.
Alsdenn zweytens eine Leichtigkeit die Vorſtel-
lung von der Aktion ſelbſt zu erwecken und zur Em-
pfindung zu machen. Dieß letztere iſt das Jnnere
derſelben, und macht eigentlich die Fertigkeit in Hin-
ſicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/420>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.