Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

XIII. Versuch. Ueber das Seelenwesen
als durch eine Vorstellung von dem gegenwärtigen Ob-
jekt derselben; aber doch gleichwohl durch Vorstellungen,
so daß diese Aktionen zu den instinktartigen organischen
nicht gerechnet werden können, wenn man auch an-
nimmt, es sey die Reihe der associirten Bewegungen
selbst in dem Körper zur Fertigkeit geworden. So ei-
ne Association würde doch eine Wirkung von der dazwi-
schengetretenen vorstellenden Kraft seyn, welche im
Anfange die nachfolgende Bewegung an ihren vorherge-
henden Eindruck geknüpfet hätte.

7.

Laßt uns nun zuerst bey dieser Klasse von Bewe-
gungsreihen in dem Körper, die bloß organisch sind,
die Antworten auf die obigen Fragen (N. 3.) aus den
Erfahrungen aufsuchen. Wie weit hängt die Verknü-
pfung in ihnen von der Seele ab, oder wie weit kann die-
se durch ihr Wollen und Bestreben die organischen Kräf-
te hierinn ersetzen? Dieß wird uns auf eine Folgerung
führen, die in dem analogischen Schlusse von der thieri-
schen Natur auf die Seelennatur gebraucht werden
kann.

"Es ist in diesen Reihen eine Verbindung zwischen
"dem verursachenden Eindrucke und der erfolgten Be-
"wegung, die nur durch den Körper gehet. Aber
"bey einigen von ihnen zum mindesten ist doch auch zu-
"gleich eine Verbindung zwischen ihnen, die über die
"Seele
gehet; so daß der erste Eindruck auf die orga-
"nischen Kräfte des Körpers von einem Gefühl in der
"Seele, und die erfolgende Bewegung von einer be-
"stimmten Kraftanwendung oder von einem Wollen
"der Seele, begleitet wird."

Dieser Satz wird nach allen seinen Theilen durch
die Erfahrungen bestätiget.

Was

XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
als durch eine Vorſtellung von dem gegenwaͤrtigen Ob-
jekt derſelben; aber doch gleichwohl durch Vorſtellungen,
ſo daß dieſe Aktionen zu den inſtinktartigen organiſchen
nicht gerechnet werden koͤnnen, wenn man auch an-
nimmt, es ſey die Reihe der aſſociirten Bewegungen
ſelbſt in dem Koͤrper zur Fertigkeit geworden. So ei-
ne Aſſociation wuͤrde doch eine Wirkung von der dazwi-
ſchengetretenen vorſtellenden Kraft ſeyn, welche im
Anfange die nachfolgende Bewegung an ihren vorherge-
henden Eindruck geknuͤpfet haͤtte.

7.

Laßt uns nun zuerſt bey dieſer Klaſſe von Bewe-
gungsreihen in dem Koͤrper, die bloß organiſch ſind,
die Antworten auf die obigen Fragen (N. 3.) aus den
Erfahrungen aufſuchen. Wie weit haͤngt die Verknuͤ-
pfung in ihnen von der Seele ab, oder wie weit kann die-
ſe durch ihr Wollen und Beſtreben die organiſchen Kraͤf-
te hierinn erſetzen? Dieß wird uns auf eine Folgerung
fuͤhren, die in dem analogiſchen Schluſſe von der thieri-
ſchen Natur auf die Seelennatur gebraucht werden
kann.

„Es iſt in dieſen Reihen eine Verbindung zwiſchen
„dem verurſachenden Eindrucke und der erfolgten Be-
„wegung, die nur durch den Koͤrper gehet. Aber
„bey einigen von ihnen zum mindeſten iſt doch auch zu-
„gleich eine Verbindung zwiſchen ihnen, die uͤber die
„Seele
gehet; ſo daß der erſte Eindruck auf die orga-
„niſchen Kraͤfte des Koͤrpers von einem Gefuͤhl in der
„Seele, und die erfolgende Bewegung von einer be-
„ſtimmten Kraftanwendung oder von einem Wollen
„der Seele, begleitet wird.“

Dieſer Satz wird nach allen ſeinen Theilen durch
die Erfahrungen beſtaͤtiget.

Was
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0358" n="328"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XIII.</hi> Ver&#x017F;uch. Ueber das Seelenwe&#x017F;en</hi></fw><lb/>
als durch eine Vor&#x017F;tellung von dem gegenwa&#x0364;rtigen Ob-<lb/>
jekt der&#x017F;elben; aber doch gleichwohl durch Vor&#x017F;tellungen,<lb/>
&#x017F;o daß die&#x017F;e Aktionen zu den in&#x017F;tinktartigen organi&#x017F;chen<lb/>
nicht gerechnet werden ko&#x0364;nnen, wenn man auch an-<lb/>
nimmt, es &#x017F;ey die Reihe der a&#x017F;&#x017F;ociirten Bewegungen<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t in dem Ko&#x0364;rper zur Fertigkeit geworden. So ei-<lb/>
ne A&#x017F;&#x017F;ociation wu&#x0364;rde doch eine Wirkung von der dazwi-<lb/>
&#x017F;chengetretenen vor&#x017F;tellenden Kraft &#x017F;eyn, welche im<lb/>
Anfange die nachfolgende Bewegung an ihren vorherge-<lb/>
henden Eindruck geknu&#x0364;pfet ha&#x0364;tte.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>7.</head><lb/>
              <p>Laßt uns nun zuer&#x017F;t bey die&#x017F;er Kla&#x017F;&#x017F;e von Bewe-<lb/>
gungsreihen in dem Ko&#x0364;rper, die bloß organi&#x017F;ch &#x017F;ind,<lb/>
die Antworten auf die obigen Fragen (<hi rendition="#aq">N.</hi> 3.) aus den<lb/>
Erfahrungen auf&#x017F;uchen. Wie weit ha&#x0364;ngt die Verknu&#x0364;-<lb/>
pfung in ihnen von der Seele ab, oder wie weit kann die-<lb/>
&#x017F;e durch ihr Wollen und Be&#x017F;treben die organi&#x017F;chen Kra&#x0364;f-<lb/>
te hierinn er&#x017F;etzen? Dieß wird uns auf eine Folgerung<lb/>
fu&#x0364;hren, die in dem analogi&#x017F;chen Schlu&#x017F;&#x017F;e von der thieri-<lb/>
&#x017F;chen Natur auf die Seelennatur gebraucht werden<lb/>
kann.</p><lb/>
              <p>&#x201E;Es i&#x017F;t in die&#x017F;en Reihen eine Verbindung zwi&#x017F;chen<lb/>
&#x201E;dem verur&#x017F;achenden Eindrucke und der erfolgten Be-<lb/>
&#x201E;wegung, die <hi rendition="#fr">nur durch den Ko&#x0364;rper</hi> gehet. Aber<lb/>
&#x201E;bey einigen von ihnen zum minde&#x017F;ten i&#x017F;t doch auch zu-<lb/>
&#x201E;gleich eine Verbindung zwi&#x017F;chen ihnen, die <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber die<lb/>
&#x201E;Seele</hi> gehet; &#x017F;o daß der er&#x017F;te Eindruck auf die orga-<lb/>
&#x201E;ni&#x017F;chen Kra&#x0364;fte des Ko&#x0364;rpers von einem <hi rendition="#fr">Gefu&#x0364;hl</hi> in der<lb/>
&#x201E;Seele, und die erfolgende Bewegung von einer be-<lb/>
&#x201E;&#x017F;timmten <hi rendition="#fr">Kraftanwendung</hi> oder von einem Wollen<lb/>
&#x201E;der Seele, begleitet wird.&#x201C;</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;er Satz wird nach allen &#x017F;einen Theilen durch<lb/>
die Erfahrungen be&#x017F;ta&#x0364;tiget.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[328/0358] XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen als durch eine Vorſtellung von dem gegenwaͤrtigen Ob- jekt derſelben; aber doch gleichwohl durch Vorſtellungen, ſo daß dieſe Aktionen zu den inſtinktartigen organiſchen nicht gerechnet werden koͤnnen, wenn man auch an- nimmt, es ſey die Reihe der aſſociirten Bewegungen ſelbſt in dem Koͤrper zur Fertigkeit geworden. So ei- ne Aſſociation wuͤrde doch eine Wirkung von der dazwi- ſchengetretenen vorſtellenden Kraft ſeyn, welche im Anfange die nachfolgende Bewegung an ihren vorherge- henden Eindruck geknuͤpfet haͤtte. 7. Laßt uns nun zuerſt bey dieſer Klaſſe von Bewe- gungsreihen in dem Koͤrper, die bloß organiſch ſind, die Antworten auf die obigen Fragen (N. 3.) aus den Erfahrungen aufſuchen. Wie weit haͤngt die Verknuͤ- pfung in ihnen von der Seele ab, oder wie weit kann die- ſe durch ihr Wollen und Beſtreben die organiſchen Kraͤf- te hierinn erſetzen? Dieß wird uns auf eine Folgerung fuͤhren, die in dem analogiſchen Schluſſe von der thieri- ſchen Natur auf die Seelennatur gebraucht werden kann. „Es iſt in dieſen Reihen eine Verbindung zwiſchen „dem verurſachenden Eindrucke und der erfolgten Be- „wegung, die nur durch den Koͤrper gehet. Aber „bey einigen von ihnen zum mindeſten iſt doch auch zu- „gleich eine Verbindung zwiſchen ihnen, die uͤber die „Seele gehet; ſo daß der erſte Eindruck auf die orga- „niſchen Kraͤfte des Koͤrpers von einem Gefuͤhl in der „Seele, und die erfolgende Bewegung von einer be- „ſtimmten Kraftanwendung oder von einem Wollen „der Seele, begleitet wird.“ Dieſer Satz wird nach allen ſeinen Theilen durch die Erfahrungen beſtaͤtiget. Was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/358
Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/358>, abgerufen am 23.11.2024.