ruch den Hunger leitet, wird durch die Verbindung meh- rerer Eindrücke, die zusammen auf seinen Jnstinkt wir- ken, bestimmter und stärker zu der Nahrung geleitet, die ihm dienlich ist. Es ist begreiflich, wie der Jn- stinkt unter der bloßen Leitung des Gefühls sicherer ge- hen kann bey den Thieren, als der unbestimmtere Trieb der Menschen, den die Vorstellungen lenken sol- len. Dahero können auch manche Reihen von Eindrü- cken und Bewegungen bey den Thieren bloß organisch, oder nur allein der Thätigkeitsart nach, bestimmt seyn, die nun, wenn das Gefühl dazu kommt, auch deswe- gen in Hinsicht der Objekte bestimmt werden, weil sie es so genau in Hinsicht der Art zu handeln sind. Man kann dergleichen alsdenn zwar nicht für begierdenar- tig aber doch für begierdenähnlich ansehen, weil durch die bloßen Gefühle bey ihnen eben dasselbige be- wirket wird, was bey dem Menschen durch leitende Vor- stellungen ausgerichtet wird.
Aber auch allein bey den Menschen läßt sich nicht sagen, daß alle natürlichen Reihen von sinnlichen Ein- drücken und Bewegungen, die auf keinen besondern Ge- genstand außer uns hingerichtet sind, zu den instinktar- tigen Bewegungen zu rechnen sind. Denn wenn z. B. der Reuter auf dem Pferde sitzet; der Fechter einen Degen in der Hand hält: so bringet die Fertigkeit in diesen körperlichen Handlungen gewisse Arten von Be- wegungen hervor, die, ob sie gleich noch auf kein be- sonders Objekt bestimmt sind, dennoch von gewissen Vorstellungen gelenket werden, und sich auf dieselbige Art äußern, wie die Begierden. Daß der Reuter sei- ne Füße und Arme so und nicht anders hält, ist eine Wirkung der Gewohnheit, und erfolget doch mittelst ei- ner Vorstellung, welche seine Bewegungskraft regieret; zwar mehr vermittelst einer Vorstellung von der Hand- lung selbst, die bey ihm mit Fertigkeit erwecket wird,
als
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im Menſchen.
ruch den Hunger leitet, wird durch die Verbindung meh- rerer Eindruͤcke, die zuſammen auf ſeinen Jnſtinkt wir- ken, beſtimmter und ſtaͤrker zu der Nahrung geleitet, die ihm dienlich iſt. Es iſt begreiflich, wie der Jn- ſtinkt unter der bloßen Leitung des Gefuͤhls ſicherer ge- hen kann bey den Thieren, als der unbeſtimmtere Trieb der Menſchen, den die Vorſtellungen lenken ſol- len. Dahero koͤnnen auch manche Reihen von Eindruͤ- cken und Bewegungen bey den Thieren bloß organiſch, oder nur allein der Thaͤtigkeitsart nach, beſtimmt ſeyn, die nun, wenn das Gefuͤhl dazu kommt, auch deswe- gen in Hinſicht der Objekte beſtimmt werden, weil ſie es ſo genau in Hinſicht der Art zu handeln ſind. Man kann dergleichen alsdenn zwar nicht fuͤr begierdenar- tig aber doch fuͤr begierdenaͤhnlich anſehen, weil durch die bloßen Gefuͤhle bey ihnen eben daſſelbige be- wirket wird, was bey dem Menſchen durch leitende Vor- ſtellungen ausgerichtet wird.
Aber auch allein bey den Menſchen laͤßt ſich nicht ſagen, daß alle natuͤrlichen Reihen von ſinnlichen Ein- druͤcken und Bewegungen, die auf keinen beſondern Ge- genſtand außer uns hingerichtet ſind, zu den inſtinktar- tigen Bewegungen zu rechnen ſind. Denn wenn z. B. der Reuter auf dem Pferde ſitzet; der Fechter einen Degen in der Hand haͤlt: ſo bringet die Fertigkeit in dieſen koͤrperlichen Handlungen gewiſſe Arten von Be- wegungen hervor, die, ob ſie gleich noch auf kein be- ſonders Objekt beſtimmt ſind, dennoch von gewiſſen Vorſtellungen gelenket werden, und ſich auf dieſelbige Art aͤußern, wie die Begierden. Daß der Reuter ſei- ne Fuͤße und Arme ſo und nicht anders haͤlt, iſt eine Wirkung der Gewohnheit, und erfolget doch mittelſt ei- ner Vorſtellung, welche ſeine Bewegungskraft regieret; zwar mehr vermittelſt einer Vorſtellung von der Hand- lung ſelbſt, die bey ihm mit Fertigkeit erwecket wird,
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im Menſchen.
ruch den Hunger leitet, wird durch die Verbindung meh-
rerer Eindruͤcke, die zuſammen auf ſeinen Jnſtinkt wir-
ken, beſtimmter und ſtaͤrker zu der Nahrung geleitet,
die ihm dienlich iſt. Es iſt begreiflich, wie der Jn-
ſtinkt unter der bloßen Leitung des Gefuͤhls ſicherer ge-
hen kann bey den Thieren, als der unbeſtimmtere
Trieb der Menſchen, den die Vorſtellungen lenken ſol-
len. Dahero koͤnnen auch manche Reihen von Eindruͤ-
cken und Bewegungen bey den Thieren bloß organiſch,
oder nur allein der Thaͤtigkeitsart nach, beſtimmt ſeyn,
die nun, wenn das Gefuͤhl dazu kommt, auch deswe-
gen in Hinſicht der Objekte beſtimmt werden, weil ſie
es ſo genau in Hinſicht der Art zu handeln ſind. Man
kann dergleichen alsdenn zwar nicht fuͤr begierdenar-
tig aber doch fuͤr begierdenaͤhnlich anſehen, weil
durch die bloßen Gefuͤhle bey ihnen eben daſſelbige be-
wirket wird, was bey dem Menſchen durch leitende Vor-
ſtellungen ausgerichtet wird.
Aber auch allein bey den Menſchen laͤßt ſich nicht
ſagen, daß alle natuͤrlichen Reihen von ſinnlichen Ein-
druͤcken und Bewegungen, die auf keinen beſondern Ge-
genſtand außer uns hingerichtet ſind, zu den inſtinktar-
tigen Bewegungen zu rechnen ſind. Denn wenn z.
B. der Reuter auf dem Pferde ſitzet; der Fechter einen
Degen in der Hand haͤlt: ſo bringet die Fertigkeit in
dieſen koͤrperlichen Handlungen gewiſſe Arten von Be-
wegungen hervor, die, ob ſie gleich noch auf kein be-
ſonders Objekt beſtimmt ſind, dennoch von gewiſſen
Vorſtellungen gelenket werden, und ſich auf dieſelbige
Art aͤußern, wie die Begierden. Daß der Reuter ſei-
ne Fuͤße und Arme ſo und nicht anders haͤlt, iſt eine
Wirkung der Gewohnheit, und erfolget doch mittelſt ei-
ner Vorſtellung, welche ſeine Bewegungskraft regieret;
zwar mehr vermittelſt einer Vorſtellung von der Hand-
lung ſelbſt, die bey ihm mit Fertigkeit erwecket wird,
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/357>, abgerufen am 22.11.2024.
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