Einem Ganzen in Gedanken bey Seite setzet. Nach der Jdee dieser genannten Philosophen ist der Körper ein Jnbegriff solcher Einheiten, die einzeln für sich sogar vorstellende Wesen sind, wie es die Seele auch ist, und von denen die letztere nichts anders als einen hö- hern Grad, eine Größe und Stärke der Vorstellungs- kraft voraus hat. Die Seele, als das Jch, verhält sich zu seinem Körper, so wie der Chef einer Armee sich zu dem Haufen der einzelnen Soldaten verhält, die zu- sammen genommen die Armee ausmachen.
Ohne auf das Eigene in diesen Leibnitzischen Jdeen Rücksicht zu nehmen, so ist doch auch, nach der allge- meinen Meinung der Jmmaterialisten, die Seele selbst, eben so wohl als die einfachen Elemente des Körpers, ein einfacher Bestandtheil des ganzen Menschen. Nur wie unter den übrigen Elementen selbst eine große innere Verschiedenheit ihrer Kräfte und Vermögen, Modifi- kationen und Wirkungen Statt finden kann; so ist es ja auch möglich, daß das einfache Jch seine eigenen habe. Von jenen haben wir keine Begriffe, weil wir nur Begriffe haben von dem, was sie sind, wenn sie zu ganzen Haufen im Körper vereinigt sind, oder eigent- lich von dem, was sie zu seyn scheinen; aber wenn sie uns bekannt wären, so würde vielleicht am Ende die Heterogeneität der Seele von den übrigen nicht größer seyn, als dieser ihre unter sich ist. Wer es wahr- scheinlich findet, daß der letzte Stoff aller wirklichen Materie und aller Körper einerley Natur sey, und daß alle Verschiedenheit der Körper nur von der Art der Zu- sammensetzung abhange, wird auch keine Unmöglichkeit in der Leibnitzischen Hypothese finden, daß die Ele- mente des Körpers mit der Seele gleichartiger, vorstel- lender Natur sind? Mit einem Wort, die Heteroge- neität der Seele und des Körpers, worauf alles bey ih- rer Jmmaterialität ankommt, ist keine andere, als die
Hete-
XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
Einem Ganzen in Gedanken bey Seite ſetzet. Nach der Jdee dieſer genannten Philoſophen iſt der Koͤrper ein Jnbegriff ſolcher Einheiten, die einzeln fuͤr ſich ſogar vorſtellende Weſen ſind, wie es die Seele auch iſt, und von denen die letztere nichts anders als einen hoͤ- hern Grad, eine Groͤße und Staͤrke der Vorſtellungs- kraft voraus hat. Die Seele, als das Jch, verhaͤlt ſich zu ſeinem Koͤrper, ſo wie der Chef einer Armee ſich zu dem Haufen der einzelnen Soldaten verhaͤlt, die zu- ſammen genommen die Armee ausmachen.
Ohne auf das Eigene in dieſen Leibnitziſchen Jdeen Ruͤckſicht zu nehmen, ſo iſt doch auch, nach der allge- meinen Meinung der Jmmaterialiſten, die Seele ſelbſt, eben ſo wohl als die einfachen Elemente des Koͤrpers, ein einfacher Beſtandtheil des ganzen Menſchen. Nur wie unter den uͤbrigen Elementen ſelbſt eine große innere Verſchiedenheit ihrer Kraͤfte und Vermoͤgen, Modifi- kationen und Wirkungen Statt finden kann; ſo iſt es ja auch moͤglich, daß das einfache Jch ſeine eigenen habe. Von jenen haben wir keine Begriffe, weil wir nur Begriffe haben von dem, was ſie ſind, wenn ſie zu ganzen Haufen im Koͤrper vereinigt ſind, oder eigent- lich von dem, was ſie zu ſeyn ſcheinen; aber wenn ſie uns bekannt waͤren, ſo wuͤrde vielleicht am Ende die Heterogeneitaͤt der Seele von den uͤbrigen nicht groͤßer ſeyn, als dieſer ihre unter ſich iſt. Wer es wahr- ſcheinlich findet, daß der letzte Stoff aller wirklichen Materie und aller Koͤrper einerley Natur ſey, und daß alle Verſchiedenheit der Koͤrper nur von der Art der Zu- ſammenſetzung abhange, wird auch keine Unmoͤglichkeit in der Leibnitziſchen Hypotheſe finden, daß die Ele- mente des Koͤrpers mit der Seele gleichartiger, vorſtel- lender Natur ſind? Mit einem Wort, die Heteroge- neitaͤt der Seele und des Koͤrpers, worauf alles bey ih- rer Jmmaterialitaͤt ankommt, iſt keine andere, als die
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XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
Einem Ganzen in Gedanken bey Seite ſetzet. Nach
der Jdee dieſer genannten Philoſophen iſt der Koͤrper
ein Jnbegriff ſolcher Einheiten, die einzeln fuͤr ſich ſogar
vorſtellende Weſen ſind, wie es die Seele auch iſt,
und von denen die letztere nichts anders als einen hoͤ-
hern Grad, eine Groͤße und Staͤrke der Vorſtellungs-
kraft voraus hat. Die Seele, als das Jch, verhaͤlt ſich
zu ſeinem Koͤrper, ſo wie der Chef einer Armee ſich zu
dem Haufen der einzelnen Soldaten verhaͤlt, die zu-
ſammen genommen die Armee ausmachen.
Ohne auf das Eigene in dieſen Leibnitziſchen Jdeen
Ruͤckſicht zu nehmen, ſo iſt doch auch, nach der allge-
meinen Meinung der Jmmaterialiſten, die Seele ſelbſt,
eben ſo wohl als die einfachen Elemente des Koͤrpers, ein
einfacher Beſtandtheil des ganzen Menſchen. Nur
wie unter den uͤbrigen Elementen ſelbſt eine große innere
Verſchiedenheit ihrer Kraͤfte und Vermoͤgen, Modifi-
kationen und Wirkungen Statt finden kann; ſo iſt es
ja auch moͤglich, daß das einfache Jch ſeine eigenen
habe. Von jenen haben wir keine Begriffe, weil wir
nur Begriffe haben von dem, was ſie ſind, wenn ſie
zu ganzen Haufen im Koͤrper vereinigt ſind, oder eigent-
lich von dem, was ſie zu ſeyn ſcheinen; aber wenn ſie
uns bekannt waͤren, ſo wuͤrde vielleicht am Ende die
Heterogeneitaͤt der Seele von den uͤbrigen nicht groͤßer
ſeyn, als dieſer ihre unter ſich iſt. Wer es wahr-
ſcheinlich findet, daß der letzte Stoff aller wirklichen
Materie und aller Koͤrper einerley Natur ſey, und daß
alle Verſchiedenheit der Koͤrper nur von der Art der Zu-
ſammenſetzung abhange, wird auch keine Unmoͤglichkeit
in der Leibnitziſchen Hypotheſe finden, daß die Ele-
mente des Koͤrpers mit der Seele gleichartiger, vorſtel-
lender Natur ſind? Mit einem Wort, die Heteroge-
neitaͤt der Seele und des Koͤrpers, worauf alles bey ih-
rer Jmmaterialitaͤt ankommt, iſt keine andere, als die
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/212>, abgerufen am 27.11.2024.
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