wede von ihnen wirket auf mich, und bestimmt mich zu dieser Neigung. Aber ich fühle mich so mit diesen Neigungen bestimmet, daß die hinzukommende Wahl eine Aktion meiner Kraft ist, die innerlich dieselbige seyn würde, wenn sie auch auf ein andres Objekt gefallen wäre. Die Wage steigt nieder von dem Uebergewicht, und es ist die Kraft des Gewichts, wovon die Wirkung abhängt. Hiemit mag eine Neigung, die unmittelbar aus der Empfindung des Angenehmen entspringet, eine Aehn- lichkeit haben; allein die freye Wahl, welche nachfolgt, ist eine Selbstthätigkeit, und innerlich eben so, wie sie gewesen seyn würde, wenn sie einen andern Gegenstand gehabt hätte. Jhr eigenes hängt nun von der Receptivität des Objekts ab.
Dieß Objekt ist eine Vorstellung von einer Sa- che, und von einer Thätigkeit. Beyde Arten von Vor- stellungen sind so verschieden, als die Aktionen und Empfindungen selbst, von denen sie zurückgebliebene Spuren sind. Daher veranlasset die Jdee, meinen Arm zu bewegen, eine andre Handlung, als die Jdee, meinen Fuß zu bewegen, wenn die innere thätige Kraft nun jene, nicht diese wieder hervorzieht, sich auf sie bestimmt, und diese Bedingungen will. Dadurch ist es begreiflich, daß die Aktion, welche nach diesen Vorstellungen erfol- get, verschieden seyn kann, ohnerachtet der Aktus des Wollens in der Seele selbst in beyden Fällen eben der- selbige ist. Hierzu kommt noch eine zwote Ursache der objektiven Verschiedenheit. Wenn die Selbstbe- stimmung geschehen ist, und die Aktion erfolget, so ent- stehen neue Gefühle, welche wiederum die Seele zu in- stinktartigen, ihnen angemessenen Folgen bestimmen. Kein Wunder also, daß die Reihe der Veränderungen, und also die äußere Aktion sogleich ein ganz verschiede- nes Ansehen erhält, und auch wirklich verschieden wird, so bald sie, so zu sagen, aus der Kraft heraus ist, und sich auf das Objekt verwendet hat.
Man
XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
wede von ihnen wirket auf mich, und beſtimmt mich zu dieſer Neigung. Aber ich fuͤhle mich ſo mit dieſen Neigungen beſtimmet, daß die hinzukommende Wahl eine Aktion meiner Kraft iſt, die innerlich dieſelbige ſeyn wuͤrde, wenn ſie auch auf ein andres Objekt gefallen waͤre. Die Wage ſteigt nieder von dem Uebergewicht, und es iſt die Kraft des Gewichts, wovon die Wirkung abhaͤngt. Hiemit mag eine Neigung, die unmittelbar aus der Empfindung des Angenehmen entſpringet, eine Aehn- lichkeit haben; allein die freye Wahl, welche nachfolgt, iſt eine Selbſtthaͤtigkeit, und innerlich eben ſo, wie ſie geweſen ſeyn wuͤrde, wenn ſie einen andern Gegenſtand gehabt haͤtte. Jhr eigenes haͤngt nun von der Receptivitaͤt des Objekts ab.
Dieß Objekt iſt eine Vorſtellung von einer Sa- che, und von einer Thaͤtigkeit. Beyde Arten von Vor- ſtellungen ſind ſo verſchieden, als die Aktionen und Empfindungen ſelbſt, von denen ſie zuruͤckgebliebene Spuren ſind. Daher veranlaſſet die Jdee, meinen Arm zu bewegen, eine andre Handlung, als die Jdee, meinen Fuß zu bewegen, wenn die innere thaͤtige Kraft nun jene, nicht dieſe wieder hervorzieht, ſich auf ſie beſtimmt, und dieſe Bedingungen will. Dadurch iſt es begreiflich, daß die Aktion, welche nach dieſen Vorſtellungen erfol- get, verſchieden ſeyn kann, ohnerachtet der Aktus des Wollens in der Seele ſelbſt in beyden Faͤllen eben der- ſelbige iſt. Hierzu kommt noch eine zwote Urſache der objektiven Verſchiedenheit. Wenn die Selbſtbe- ſtimmung geſchehen iſt, und die Aktion erfolget, ſo ent- ſtehen neue Gefuͤhle, welche wiederum die Seele zu in- ſtinktartigen, ihnen angemeſſenen Folgen beſtimmen. Kein Wunder alſo, daß die Reihe der Veraͤnderungen, und alſo die aͤußere Aktion ſogleich ein ganz verſchiede- nes Anſehen erhaͤlt, und auch wirklich verſchieden wird, ſo bald ſie, ſo zu ſagen, aus der Kraft heraus iſt, und ſich auf das Objekt verwendet hat.
Man
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XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
wede von ihnen wirket auf mich, und beſtimmt mich
zu dieſer Neigung. Aber ich fuͤhle mich ſo mit dieſen
Neigungen beſtimmet, daß die hinzukommende Wahl
eine Aktion meiner Kraft iſt, die innerlich dieſelbige
ſeyn wuͤrde, wenn ſie auch auf ein andres Objekt gefallen
waͤre. Die Wage ſteigt nieder von dem Uebergewicht,
und es iſt die Kraft des Gewichts, wovon die Wirkung
abhaͤngt. Hiemit mag eine Neigung, die unmittelbar aus
der Empfindung des Angenehmen entſpringet, eine Aehn-
lichkeit haben; allein die freye Wahl, welche nachfolgt, iſt
eine Selbſtthaͤtigkeit, und innerlich eben ſo, wie ſie geweſen
ſeyn wuͤrde, wenn ſie einen andern Gegenſtand gehabt haͤtte.
Jhr eigenes haͤngt nun von der Receptivitaͤt des Objekts ab.
Dieß Objekt iſt eine Vorſtellung von einer Sa-
che, und von einer Thaͤtigkeit. Beyde Arten von Vor-
ſtellungen ſind ſo verſchieden, als die Aktionen und
Empfindungen ſelbſt, von denen ſie zuruͤckgebliebene
Spuren ſind. Daher veranlaſſet die Jdee, meinen Arm
zu bewegen, eine andre Handlung, als die Jdee, meinen
Fuß zu bewegen, wenn die innere thaͤtige Kraft nun jene,
nicht dieſe wieder hervorzieht, ſich auf ſie beſtimmt, und
dieſe Bedingungen will. Dadurch iſt es begreiflich,
daß die Aktion, welche nach dieſen Vorſtellungen erfol-
get, verſchieden ſeyn kann, ohnerachtet der Aktus des
Wollens in der Seele ſelbſt in beyden Faͤllen eben der-
ſelbige iſt. Hierzu kommt noch eine zwote Urſache der
objektiven Verſchiedenheit. Wenn die Selbſtbe-
ſtimmung geſchehen iſt, und die Aktion erfolget, ſo ent-
ſtehen neue Gefuͤhle, welche wiederum die Seele zu in-
ſtinktartigen, ihnen angemeſſenen Folgen beſtimmen.
Kein Wunder alſo, daß die Reihe der Veraͤnderungen,
und alſo die aͤußere Aktion ſogleich ein ganz verſchiede-
nes Anſehen erhaͤlt, und auch wirklich verſchieden wird,
ſo bald ſie, ſo zu ſagen, aus der Kraft heraus iſt, und
ſich auf das Objekt verwendet hat.
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/128>, abgerufen am 22.12.2024.
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