sie nach einer gewissen Richtung hin, und ich bestimme mich nach dieser Richtung.
Wenn man nun dieß so erkläret, es sey die wirk- same Seelenkraft durch die gefallende Vorstellung in ihrem Jnnern zu einer gewissen Art von Handlung näher bestimmet worden, als sie es vorher war, so sagt man etwas, das von einer Seite betrachtet, mit dem, was ich wirklich fühle, übereinstimmet. Allein wenn ich nur mich so entschließe, als wir es denn thun, wo wir uns unsern Entschluß selbst zuschreiben, und uns völlig in unserer Gewalt haben; und wenn wir alsdenn genauer auf das acht haben, was in uns vorgeht, so verhält es sich zuverläßig nicht gänzlich auf der Art, wie man es in jener Erklärung angiebt.
Jch fühle mich vorher, ehe die gefallende Vorstel- lung sich darbietet, eben so gut bestimmt zu einem an- dern Geschäffte. Anstatt meine Betrachtung über die Freyheit fortzusetzen, war ich aufgelegt, einem Dichter nachzuempfinden. Oder doch, wenn ich ja mehr zur Spekulation gestimmt war, so hätte ich mich doch eben so gut mit vielen andern befassen können, wenn mir die Vorstellung von ihnen in den Sinn gekommen wäre, und auch eben so gefallen hätte; denn es fallen mir wirk- lich mehrere Vorstellungen von Handlungen ein. So lange ich noch überlege, was ich zu thun habe, und also die Eine Arbeit noch keine Vorzüge vor den übrigen mir zu haben scheint, so lange fühle ich nicht die geringste nähere innere Bestimmung, keinen Drang, keine Be- gierde zu der Einen mehr als zu der andern.
Es kann vielleicht eine innere Bestimmung in mei- nem dermaligen Zustande verborgen seyn, die ich nicht gewahrnehme. Jch gestehe es. Vielleicht geht ein gewisser Zug, aus Gewohnheit entstanden, mehr nach der einen Aktion hin, als nach der andern. Aber da ich dergleichen Bestimmungen doch sonst wohl fühle:
was
und Freyheit.
ſie nach einer gewiſſen Richtung hin, und ich beſtimme mich nach dieſer Richtung.
Wenn man nun dieß ſo erklaͤret, es ſey die wirk- ſame Seelenkraft durch die gefallende Vorſtellung in ihrem Jnnern zu einer gewiſſen Art von Handlung naͤher beſtimmet worden, als ſie es vorher war, ſo ſagt man etwas, das von einer Seite betrachtet, mit dem, was ich wirklich fuͤhle, uͤbereinſtimmet. Allein wenn ich nur mich ſo entſchließe, als wir es denn thun, wo wir uns unſern Entſchluß ſelbſt zuſchreiben, und uns voͤllig in unſerer Gewalt haben; und wenn wir alsdenn genauer auf das acht haben, was in uns vorgeht, ſo verhaͤlt es ſich zuverlaͤßig nicht gaͤnzlich auf der Art, wie man es in jener Erklaͤrung angiebt.
Jch fuͤhle mich vorher, ehe die gefallende Vorſtel- lung ſich darbietet, eben ſo gut beſtimmt zu einem an- dern Geſchaͤffte. Anſtatt meine Betrachtung uͤber die Freyheit fortzuſetzen, war ich aufgelegt, einem Dichter nachzuempfinden. Oder doch, wenn ich ja mehr zur Spekulation geſtimmt war, ſo haͤtte ich mich doch eben ſo gut mit vielen andern befaſſen koͤnnen, wenn mir die Vorſtellung von ihnen in den Sinn gekommen waͤre, und auch eben ſo gefallen haͤtte; denn es fallen mir wirk- lich mehrere Vorſtellungen von Handlungen ein. So lange ich noch uͤberlege, was ich zu thun habe, und alſo die Eine Arbeit noch keine Vorzuͤge vor den uͤbrigen mir zu haben ſcheint, ſo lange fuͤhle ich nicht die geringſte naͤhere innere Beſtimmung, keinen Drang, keine Be- gierde zu der Einen mehr als zu der andern.
Es kann vielleicht eine innere Beſtimmung in mei- nem dermaligen Zuſtande verborgen ſeyn, die ich nicht gewahrnehme. Jch geſtehe es. Vielleicht geht ein gewiſſer Zug, aus Gewohnheit entſtanden, mehr nach der einen Aktion hin, als nach der andern. Aber da ich dergleichen Beſtimmungen doch ſonſt wohl fuͤhle:
was
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und Freyheit.
ſie nach einer gewiſſen Richtung hin, und ich beſtimme
mich nach dieſer Richtung.
Wenn man nun dieß ſo erklaͤret, es ſey die wirk-
ſame Seelenkraft durch die gefallende Vorſtellung
in ihrem Jnnern zu einer gewiſſen Art von Handlung
naͤher beſtimmet worden, als ſie es vorher war, ſo ſagt
man etwas, das von einer Seite betrachtet, mit dem,
was ich wirklich fuͤhle, uͤbereinſtimmet. Allein wenn
ich nur mich ſo entſchließe, als wir es denn thun, wo
wir uns unſern Entſchluß ſelbſt zuſchreiben, und uns
voͤllig in unſerer Gewalt haben; und wenn wir alsdenn
genauer auf das acht haben, was in uns vorgeht, ſo
verhaͤlt es ſich zuverlaͤßig nicht gaͤnzlich auf der Art, wie
man es in jener Erklaͤrung angiebt.
Jch fuͤhle mich vorher, ehe die gefallende Vorſtel-
lung ſich darbietet, eben ſo gut beſtimmt zu einem an-
dern Geſchaͤffte. Anſtatt meine Betrachtung uͤber die
Freyheit fortzuſetzen, war ich aufgelegt, einem Dichter
nachzuempfinden. Oder doch, wenn ich ja mehr zur
Spekulation geſtimmt war, ſo haͤtte ich mich doch eben
ſo gut mit vielen andern befaſſen koͤnnen, wenn mir die
Vorſtellung von ihnen in den Sinn gekommen waͤre,
und auch eben ſo gefallen haͤtte; denn es fallen mir wirk-
lich mehrere Vorſtellungen von Handlungen ein. So
lange ich noch uͤberlege, was ich zu thun habe, und alſo
die Eine Arbeit noch keine Vorzuͤge vor den uͤbrigen mir
zu haben ſcheint, ſo lange fuͤhle ich nicht die geringſte
naͤhere innere Beſtimmung, keinen Drang, keine Be-
gierde zu der Einen mehr als zu der andern.
Es kann vielleicht eine innere Beſtimmung in mei-
nem dermaligen Zuſtande verborgen ſeyn, die ich nicht
gewahrnehme. Jch geſtehe es. Vielleicht geht ein
gewiſſer Zug, aus Gewohnheit entſtanden, mehr nach
der einen Aktion hin, als nach der andern. Aber da
ich dergleichen Beſtimmungen doch ſonſt wohl fuͤhle:
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/125>, abgerufen am 22.12.2024.
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