"wird, die von jener getrennet seyn könnte, und also "weiter keine Beziehung auf die Jdeen des Urtheils noch "auf die Thätigkeit der Denkkraft hat, als daß sie mit "ihr verbunden ist." Jch sehe das Buch auf dem Tisch, und denke beide in solcher Verbindung; aber dieß war keine Aeußerung des Beziehungsvermögens, welches durch die innere Natur des Vermögens und durch die Jdee von dem Buch und von dem Tisch bestimmet ward. Sie erfoderte außer diesen noch einen Umstand in der Em- pfindung, der von jenen Jdeen getrennet seyn konnte.
Das Gesetz der objektivischen Zufälligkeit lautet so: "Jedes Verhältniß, das seinen bestimmenden Grund "anderswo hat, als in den Vorstellungen und Jdeen "von den Gegenständen, und in der Natur der Denk- "kraft, die solche Jdeen auf einander beziehet, wird als "ein zufälliges Verhältniß angesehen.
Es giebt nur Eine Gattung subjektivisch noth- wendiger Urtheile, die nicht zugleich objektivisch nothwendige Wahrheiten sind; aber sie ist auch von einem weiten Umfang. Dieß sind diejenigen, wobey der Grund des Beyfalls in einem von dem Aktus des Denkens unzertrennlichen Umstande lieget, in ei- nem Gefühl nämlich, das diesen Aktus begleitet. Da- hin gehören die Kenntnisse des unmittelbaren Be- wußtseyns. Jch bin. Diesen Gedanken muß ich so denken, nicht darum, weil ich das Prädikat vom Nicht- seyn nicht sollte mit der Jdee von meinem Jch verbinden können, sondern darum, weil ich es mit dem Gefühl von meinem Jch nicht verbinden kann; und weil ich die Vorstellung von meinem Jch niemals ohne das beglei- tende Selbstgefühl in mir habe. Und gleichermaßen verhält es sich mit unsern übrigen unmittelbaren Er- fahrungen.
Achter
N n 5
der allgem. Vernunftwahrheiten, ⁊c.
„wird, die von jener getrennet ſeyn koͤnnte, und alſo „weiter keine Beziehung auf die Jdeen des Urtheils noch „auf die Thaͤtigkeit der Denkkraft hat, als daß ſie mit „ihr verbunden iſt.‟ Jch ſehe das Buch auf dem Tiſch, und denke beide in ſolcher Verbindung; aber dieß war keine Aeußerung des Beziehungsvermoͤgens, welches durch die innere Natur des Vermoͤgens und durch die Jdee von dem Buch und von dem Tiſch beſtimmet ward. Sie erfoderte außer dieſen noch einen Umſtand in der Em- pfindung, der von jenen Jdeen getrennet ſeyn konnte.
Das Geſetz der objektiviſchen Zufaͤlligkeit lautet ſo: „Jedes Verhaͤltniß, das ſeinen beſtimmenden Grund „anderswo hat, als in den Vorſtellungen und Jdeen „von den Gegenſtaͤnden, und in der Natur der Denk- „kraft, die ſolche Jdeen auf einander beziehet, wird als „ein zufaͤlliges Verhaͤltniß angeſehen.
Es giebt nur Eine Gattung ſubjektiviſch noth- wendiger Urtheile, die nicht zugleich objektiviſch nothwendige Wahrheiten ſind; aber ſie iſt auch von einem weiten Umfang. Dieß ſind diejenigen, wobey der Grund des Beyfalls in einem von dem Aktus des Denkens unzertrennlichen Umſtande lieget, in ei- nem Gefuͤhl naͤmlich, das dieſen Aktus begleitet. Da- hin gehoͤren die Kenntniſſe des unmittelbaren Be- wußtſeyns. Jch bin. Dieſen Gedanken muß ich ſo denken, nicht darum, weil ich das Praͤdikat vom Nicht- ſeyn nicht ſollte mit der Jdee von meinem Jch verbinden koͤnnen, ſondern darum, weil ich es mit dem Gefuͤhl von meinem Jch nicht verbinden kann; und weil ich die Vorſtellung von meinem Jch niemals ohne das beglei- tende Selbſtgefuͤhl in mir habe. Und gleichermaßen verhaͤlt es ſich mit unſern uͤbrigen unmittelbaren Er- fahrungen.
Achter
N n 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0629"n="569"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der allgem. Vernunftwahrheiten, ⁊c.</hi></fw><lb/>„wird, die von jener getrennet ſeyn koͤnnte, und alſo<lb/>„weiter keine Beziehung auf die Jdeen des Urtheils noch<lb/>„auf die Thaͤtigkeit der Denkkraft hat, als daß ſie mit<lb/>„ihr verbunden iſt.‟ Jch ſehe das Buch auf dem<lb/>
Tiſch, und denke beide in ſolcher Verbindung; aber dieß<lb/>
war keine Aeußerung des Beziehungsvermoͤgens, welches<lb/>
durch die innere Natur des Vermoͤgens und durch die<lb/>
Jdee von dem Buch und von dem Tiſch beſtimmet ward.<lb/>
Sie erfoderte außer dieſen noch einen Umſtand in der Em-<lb/>
pfindung, der von jenen Jdeen getrennet ſeyn konnte.</p><lb/><p>Das Geſetz der <hirendition="#fr">objektiviſchen Zufaͤlligkeit</hi> lautet<lb/>ſo: „Jedes Verhaͤltniß, das ſeinen beſtimmenden Grund<lb/>„anderswo hat, als in den <hirendition="#fr">Vorſtellungen</hi> und <hirendition="#fr">Jdeen</hi><lb/>„von den Gegenſtaͤnden, und in der Natur der Denk-<lb/>„kraft, die ſolche Jdeen auf einander beziehet, wird als<lb/>„ein <hirendition="#fr">zufaͤlliges</hi> Verhaͤltniß angeſehen.</p><lb/><p>Es giebt nur <hirendition="#fr">Eine Gattung ſubjektiviſch noth-<lb/>
wendiger</hi> Urtheile, die nicht zugleich <hirendition="#fr">objektiviſch<lb/>
nothwendige</hi> Wahrheiten ſind; aber ſie iſt auch von<lb/>
einem weiten Umfang. Dieß ſind diejenigen, wobey<lb/>
der Grund des Beyfalls in einem <hirendition="#fr">von dem Aktus des<lb/>
Denkens unzertrennlichen Umſtande</hi> lieget, in ei-<lb/>
nem Gefuͤhl naͤmlich, das dieſen Aktus begleitet. Da-<lb/>
hin gehoͤren die Kenntniſſe des <hirendition="#fr">unmittelbaren Be-<lb/>
wußtſeyns.</hi> Jch bin. Dieſen Gedanken muß ich ſo<lb/>
denken, nicht darum, weil ich das Praͤdikat vom Nicht-<lb/>ſeyn nicht ſollte mit der Jdee von meinem Jch verbinden<lb/>
koͤnnen, ſondern darum, weil ich es mit dem <hirendition="#fr">Gefuͤhl</hi><lb/>
von meinem Jch nicht verbinden kann; und weil ich die<lb/>
Vorſtellung von meinem Jch niemals ohne das beglei-<lb/>
tende Selbſtgefuͤhl in mir habe. Und gleichermaßen<lb/>
verhaͤlt es ſich mit <hirendition="#fr">unſern</hi> uͤbrigen unmittelbaren <hirendition="#fr">Er-<lb/>
fahrungen.</hi></p></div></div></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig">N n 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Achter</fw><lb/></body></text></TEI>
[569/0629]
der allgem. Vernunftwahrheiten, ⁊c.
„wird, die von jener getrennet ſeyn koͤnnte, und alſo
„weiter keine Beziehung auf die Jdeen des Urtheils noch
„auf die Thaͤtigkeit der Denkkraft hat, als daß ſie mit
„ihr verbunden iſt.‟ Jch ſehe das Buch auf dem
Tiſch, und denke beide in ſolcher Verbindung; aber dieß
war keine Aeußerung des Beziehungsvermoͤgens, welches
durch die innere Natur des Vermoͤgens und durch die
Jdee von dem Buch und von dem Tiſch beſtimmet ward.
Sie erfoderte außer dieſen noch einen Umſtand in der Em-
pfindung, der von jenen Jdeen getrennet ſeyn konnte.
Das Geſetz der objektiviſchen Zufaͤlligkeit lautet
ſo: „Jedes Verhaͤltniß, das ſeinen beſtimmenden Grund
„anderswo hat, als in den Vorſtellungen und Jdeen
„von den Gegenſtaͤnden, und in der Natur der Denk-
„kraft, die ſolche Jdeen auf einander beziehet, wird als
„ein zufaͤlliges Verhaͤltniß angeſehen.
Es giebt nur Eine Gattung ſubjektiviſch noth-
wendiger Urtheile, die nicht zugleich objektiviſch
nothwendige Wahrheiten ſind; aber ſie iſt auch von
einem weiten Umfang. Dieß ſind diejenigen, wobey
der Grund des Beyfalls in einem von dem Aktus des
Denkens unzertrennlichen Umſtande lieget, in ei-
nem Gefuͤhl naͤmlich, das dieſen Aktus begleitet. Da-
hin gehoͤren die Kenntniſſe des unmittelbaren Be-
wußtſeyns. Jch bin. Dieſen Gedanken muß ich ſo
denken, nicht darum, weil ich das Praͤdikat vom Nicht-
ſeyn nicht ſollte mit der Jdee von meinem Jch verbinden
koͤnnen, ſondern darum, weil ich es mit dem Gefuͤhl
von meinem Jch nicht verbinden kann; und weil ich die
Vorſtellung von meinem Jch niemals ohne das beglei-
tende Selbſtgefuͤhl in mir habe. Und gleichermaßen
verhaͤlt es ſich mit unſern uͤbrigen unmittelbaren Er-
fahrungen.
Achter
N n 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/629>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.