hervorbringen, gehöret ihnen unmittelbar, und ihnen selbst für sich zu; worinn auch ihre wirkeude Kraft liegen möge: Denn wir können bey ihnen wohl noch weiter fra- gen, worinn ihr Vergnügendes oder Schmerzendes be- stehe, aber wir können nicht fragen, aus welchen andern und fremden Modifikationen das Afficirende in sie über- getragen werde? Von allem oberwähnten will ich dieß letztere nicht behaupten. Viele Empfindungen des Ge- sichts, des Gehörs und selbst Geschmacks- und Geruchs- arten mögen für sich allein ganz gleichgültige Eindrücke seyn, und nur durch die Verbindungen mit fremden Jdeen und Empfindungen rührend werden, deren afficiren- de Kraft sich über jene hingezogen und mit ihnen ver- bunden hat. Hr. Search nennet dieß eine Uebertra- gung der Empfindungen, oder der Empfind- nisse. Es ist zuverlässig, daß viele unserer äußern Em- pfindungen nur Empfindnisse durch eine solche Uebertra- gung sind.
Dennoch ist es doch auch gewiß, daß es ursprüng- lich afficirende Empfindungen gebe, daß die Musik, der Anblick glänzender Sachen -- die aller Menschen Her- zen, bis auf der dummsten Wilden ihrer in eine ange- nehme Wallung bringen, woferne nur nicht fremde Hin- dernisse ihrer Wirkung entgegenstehen -- daß, sage ich, diese und andre ähnliche ihr Angenehmes für sich ei- genthümlich besitzen. Dieß sind die ersten Quellen, aus denen die Empfindnisse hervordrengen.
Jn einem andern Sinn kann man allerdings sagen, es komme auch bey diesen ursprünglichen Empfindnissen doch noch auf etwas mehr an, als auf die pure Empfin- dung der Sache, und als auf den puren Eindruck. Au- ßer dem Objektivischen in den Dingen wird noch et- was Subjektivisches erfodert, weil die Wirkung eine ge- wisse Beziehung des Eindrucks auf das empfindende We- sen voraussetzet. Zu diesem Subjektivischen gehöret
auch
uͤber Empfindungen u. Empfindniſſe.
hervorbringen, gehoͤret ihnen unmittelbar, und ihnen ſelbſt fuͤr ſich zu; worinn auch ihre wirkeude Kraft liegen moͤge: Denn wir koͤnnen bey ihnen wohl noch weiter fra- gen, worinn ihr Vergnuͤgendes oder Schmerzendes be- ſtehe, aber wir koͤnnen nicht fragen, aus welchen andern und fremden Modifikationen das Afficirende in ſie uͤber- getragen werde? Von allem oberwaͤhnten will ich dieß letztere nicht behaupten. Viele Empfindungen des Ge- ſichts, des Gehoͤrs und ſelbſt Geſchmacks- und Geruchs- arten moͤgen fuͤr ſich allein ganz gleichguͤltige Eindruͤcke ſeyn, und nur durch die Verbindungen mit fremden Jdeen und Empfindungen ruͤhrend werden, deren afficiren- de Kraft ſich uͤber jene hingezogen und mit ihnen ver- bunden hat. Hr. Search nennet dieß eine Uebertra- gung der Empfindungen, oder der Empfind- niſſe. Es iſt zuverlaͤſſig, daß viele unſerer aͤußern Em- pfindungen nur Empfindniſſe durch eine ſolche Uebertra- gung ſind.
Dennoch iſt es doch auch gewiß, daß es urſpruͤng- lich afficirende Empfindungen gebe, daß die Muſik, der Anblick glaͤnzender Sachen — die aller Menſchen Her- zen, bis auf der dummſten Wilden ihrer in eine ange- nehme Wallung bringen, woferne nur nicht fremde Hin- derniſſe ihrer Wirkung entgegenſtehen — daß, ſage ich, dieſe und andre aͤhnliche ihr Angenehmes fuͤr ſich ei- genthuͤmlich beſitzen. Dieß ſind die erſten Quellen, aus denen die Empfindniſſe hervordrengen.
Jn einem andern Sinn kann man allerdings ſagen, es komme auch bey dieſen urſpruͤnglichen Empfindniſſen doch noch auf etwas mehr an, als auf die pure Empfin- dung der Sache, und als auf den puren Eindruck. Au- ßer dem Objektiviſchen in den Dingen wird noch et- was Subjektiviſches erfodert, weil die Wirkung eine ge- wiſſe Beziehung des Eindrucks auf das empfindende We- ſen vorausſetzet. Zu dieſem Subjektiviſchen gehoͤret
auch
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uͤber Empfindungen u. Empfindniſſe.
hervorbringen, gehoͤret ihnen unmittelbar, und ihnen
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moͤge: Denn wir koͤnnen bey ihnen wohl noch weiter fra-
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ſtehe, aber wir koͤnnen nicht fragen, aus welchen andern
und fremden Modifikationen das Afficirende in ſie uͤber-
getragen werde? Von allem oberwaͤhnten will ich dieß
letztere nicht behaupten. Viele Empfindungen des Ge-
ſichts, des Gehoͤrs und ſelbſt Geſchmacks- und Geruchs-
arten moͤgen fuͤr ſich allein ganz gleichguͤltige Eindruͤcke
ſeyn, und nur durch die Verbindungen mit fremden Jdeen
und Empfindungen ruͤhrend werden, deren afficiren-
de Kraft ſich uͤber jene hingezogen und mit ihnen ver-
bunden hat. Hr. Search nennet dieß eine Uebertra-
gung der Empfindungen, oder der Empfind-
niſſe. Es iſt zuverlaͤſſig, daß viele unſerer aͤußern Em-
pfindungen nur Empfindniſſe durch eine ſolche Uebertra-
gung ſind.
Dennoch iſt es doch auch gewiß, daß es urſpruͤng-
lich afficirende Empfindungen gebe, daß die Muſik, der
Anblick glaͤnzender Sachen — die aller Menſchen Her-
zen, bis auf der dummſten Wilden ihrer in eine ange-
nehme Wallung bringen, woferne nur nicht fremde Hin-
derniſſe ihrer Wirkung entgegenſtehen — daß, ſage
ich, dieſe und andre aͤhnliche ihr Angenehmes fuͤr ſich ei-
genthuͤmlich beſitzen. Dieß ſind die erſten Quellen,
aus denen die Empfindniſſe hervordrengen.
Jn einem andern Sinn kann man allerdings ſagen,
es komme auch bey dieſen urſpruͤnglichen Empfindniſſen
doch noch auf etwas mehr an, als auf die pure Empfin-
dung der Sache, und als auf den puren Eindruck. Au-
ßer dem Objektiviſchen in den Dingen wird noch et-
was Subjektiviſches erfodert, weil die Wirkung eine ge-
wiſſe Beziehung des Eindrucks auf das empfindende We-
ſen vorausſetzet. Zu dieſem Subjektiviſchen gehoͤret
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/283>, abgerufen am 21.11.2024.
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