dungskraft, die bey der Reproduktion mit den nach- folgenden Vorstellungen anfängt, den Weg über je- nes Glied in der Reihe nemlich über die Gemüthsbewe- gung genommen haben, ehe sie zu der Reproduktion der vorhergehenden verursachenden Vorstellungen hat hin- kommen können. Das heißt, sie muß die Gemüthsbe- wegung unmittelbar bey Jdeen wieder erwecken, die sol- che nicht verursachen, und die Wiedervorstellung von je- ner zu einer neuen Empfindung machen können.
Endlich müßte folgen, daß die Uebertragung der Neigungen von einer Jdee auf andere, die durch viele Beobachtungen bestätiget ist, ein bloßer Schein sey. Jst sie gegründet, so kann eine Neigung unmit- telbar in Verknüpfung mit einer Vorstellung gebracht werden, mit der sie sonsten nur auf eine entfernte Art zusammenhängt. Finden sich nun dergleichen Uebertra- gungen wirklich, so giebt es ja Fälle, in denen die Nei- gung zunächst durch Jdeen wieder erwecket wird, wo- von es sich nicht einmal vermuthen läßt, daß sie als wirkende Ursachen sie hervorbringen. Dergleichen Ue- bertragungen sind gewöhnlich. Wenn wir eine fremde Sprache erlernen, so übersetzen wir ihre Wörter zuerst in die Wörter unserer Muttersprache, und durch diese Vermittelung erregen wir die damit verbundenen Gedan- ken. Am Ende verlieret sich dieß. Wir gewöhnen uns, die Jdeen mit den fremden Wörtern unmittelbar zu verbinden, und bedörfen dann jener Zwischenvorstel- lungen nicht mehr. Mich deucht, man müsse vielen Beobachtungen Gewalt anthun, wenn man es läugnen wollte, daß wir es nicht mit dem Vergnügen und Ver- druß sehr oft eben so machen, und sie mit den gleichgül- tigsten Vorstellungen unmittelbar zusammen bringen.
Dieß sey genug, um einen Einwurf zu heben, den ich nicht ganz zurücklassen konnte, ohne gleich im Anfang auf meinem Weg aufgehalten zu werden. Das minde-
ste,
I. Verſuch. Ueber die Natur
dungskraft, die bey der Reproduktion mit den nach- folgenden Vorſtellungen anfaͤngt, den Weg uͤber je- nes Glied in der Reihe nemlich uͤber die Gemuͤthsbewe- gung genommen haben, ehe ſie zu der Reproduktion der vorhergehenden verurſachenden Vorſtellungen hat hin- kommen koͤnnen. Das heißt, ſie muß die Gemuͤthsbe- wegung unmittelbar bey Jdeen wieder erwecken, die ſol- che nicht verurſachen, und die Wiedervorſtellung von je- ner zu einer neuen Empfindung machen koͤnnen.
Endlich muͤßte folgen, daß die Uebertragung der Neigungen von einer Jdee auf andere, die durch viele Beobachtungen beſtaͤtiget iſt, ein bloßer Schein ſey. Jſt ſie gegruͤndet, ſo kann eine Neigung unmit- telbar in Verknuͤpfung mit einer Vorſtellung gebracht werden, mit der ſie ſonſten nur auf eine entfernte Art zuſammenhaͤngt. Finden ſich nun dergleichen Uebertra- gungen wirklich, ſo giebt es ja Faͤlle, in denen die Nei- gung zunaͤchſt durch Jdeen wieder erwecket wird, wo- von es ſich nicht einmal vermuthen laͤßt, daß ſie als wirkende Urſachen ſie hervorbringen. Dergleichen Ue- bertragungen ſind gewoͤhnlich. Wenn wir eine fremde Sprache erlernen, ſo uͤberſetzen wir ihre Woͤrter zuerſt in die Woͤrter unſerer Mutterſprache, und durch dieſe Vermittelung erregen wir die damit verbundenen Gedan- ken. Am Ende verlieret ſich dieß. Wir gewoͤhnen uns, die Jdeen mit den fremden Woͤrtern unmittelbar zu verbinden, und bedoͤrfen dann jener Zwiſchenvorſtel- lungen nicht mehr. Mich deucht, man muͤſſe vielen Beobachtungen Gewalt anthun, wenn man es laͤugnen wollte, daß wir es nicht mit dem Vergnuͤgen und Ver- druß ſehr oft eben ſo machen, und ſie mit den gleichguͤl- tigſten Vorſtellungen unmittelbar zuſammen bringen.
Dieß ſey genug, um einen Einwurf zu heben, den ich nicht ganz zuruͤcklaſſen konnte, ohne gleich im Anfang auf meinem Weg aufgehalten zu werden. Das minde-
ſte,
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I. Verſuch. Ueber die Natur
dungskraft, die bey der Reproduktion mit den nach-
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nes Glied in der Reihe nemlich uͤber die Gemuͤthsbewe-
gung genommen haben, ehe ſie zu der Reproduktion der
vorhergehenden verurſachenden Vorſtellungen hat hin-
kommen koͤnnen. Das heißt, ſie muß die Gemuͤthsbe-
wegung unmittelbar bey Jdeen wieder erwecken, die ſol-
che nicht verurſachen, und die Wiedervorſtellung von je-
ner zu einer neuen Empfindung machen koͤnnen.
Endlich muͤßte folgen, daß die Uebertragung
der Neigungen von einer Jdee auf andere, die durch
viele Beobachtungen beſtaͤtiget iſt, ein bloßer Schein
ſey. Jſt ſie gegruͤndet, ſo kann eine Neigung unmit-
telbar in Verknuͤpfung mit einer Vorſtellung gebracht
werden, mit der ſie ſonſten nur auf eine entfernte Art
zuſammenhaͤngt. Finden ſich nun dergleichen Uebertra-
gungen wirklich, ſo giebt es ja Faͤlle, in denen die Nei-
gung zunaͤchſt durch Jdeen wieder erwecket wird, wo-
von es ſich nicht einmal vermuthen laͤßt, daß ſie als
wirkende Urſachen ſie hervorbringen. Dergleichen Ue-
bertragungen ſind gewoͤhnlich. Wenn wir eine fremde
Sprache erlernen, ſo uͤberſetzen wir ihre Woͤrter zuerſt
in die Woͤrter unſerer Mutterſprache, und durch dieſe
Vermittelung erregen wir die damit verbundenen Gedan-
ken. Am Ende verlieret ſich dieß. Wir gewoͤhnen
uns, die Jdeen mit den fremden Woͤrtern unmittelbar
zu verbinden, und bedoͤrfen dann jener Zwiſchenvorſtel-
lungen nicht mehr. Mich deucht, man muͤſſe vielen
Beobachtungen Gewalt anthun, wenn man es laͤugnen
wollte, daß wir es nicht mit dem Vergnuͤgen und Ver-
druß ſehr oft eben ſo machen, und ſie mit den gleichguͤl-
tigſten Vorſtellungen unmittelbar zuſammen bringen.
Dieß ſey genug, um einen Einwurf zu heben, den
ich nicht ganz zuruͤcklaſſen konnte, ohne gleich im Anfang
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/132>, abgerufen am 21.11.2024.
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