Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Mühlen kostete hunderttausend Gulden; davon bot ihm der Buchhalter Actien mit der gewissen Aussicht auf wenigstens dreißig Proeent, das heißt auf dreißigtausend Gulden Gewinn. -- Wie viel Käse mußte der Baas kneten lassen, um eine solche Summe zu verdienen! Er legte hastig, mit freudig geröthetem Gesicht, die Gabel hin, und, aller Sitte entgegen, den Gast drängend, sagte er:

Darf ich bitten, darüber mit Mynheer im Kabinet abzuschließen?

Steh' mit Vergnügen zu Diensten, gewährte der lächelnde Buchhalter, nahm behutsam seine Serviette aus der Halsbinde, damit sein Spitzenjabot nicht befleckt werde, und erhob sich dankend mit dem Wunsche, daß es allerseits wohl bekommen möge.

Dann gingen beide Männer in das Kabinet.

Was ist das für eine Mühlengeschichte? fragte Galinda.

Du weißt ja, sie wollen damit unseren See auspumpen, antwortete Bertold spöttisch.

Auspumpen! rief das lachende Mädchen, auspumpen unseren See, der so groß ist, daß man mit den Augen sein Ende nicht finden kann! Da können sie lange pumpen. Ein paar Tage Regenwetter gießt mehr Wasser hinein, als sie mit hundert Mühlen herauspumpen können. -- Nein, nein, glaube mir, Bertold, der Papa Baldus ist nicht der Mühlen wegen gekommen. Mir ist bange davor, was sie da drinnen jetzt abmachen.

Mühlen kostete hunderttausend Gulden; davon bot ihm der Buchhalter Actien mit der gewissen Aussicht auf wenigstens dreißig Proeent, das heißt auf dreißigtausend Gulden Gewinn. — Wie viel Käse mußte der Baas kneten lassen, um eine solche Summe zu verdienen! Er legte hastig, mit freudig geröthetem Gesicht, die Gabel hin, und, aller Sitte entgegen, den Gast drängend, sagte er:

Darf ich bitten, darüber mit Mynheer im Kabinet abzuschließen?

Steh' mit Vergnügen zu Diensten, gewährte der lächelnde Buchhalter, nahm behutsam seine Serviette aus der Halsbinde, damit sein Spitzenjabot nicht befleckt werde, und erhob sich dankend mit dem Wunsche, daß es allerseits wohl bekommen möge.

Dann gingen beide Männer in das Kabinet.

Was ist das für eine Mühlengeschichte? fragte Galinda.

Du weißt ja, sie wollen damit unseren See auspumpen, antwortete Bertold spöttisch.

Auspumpen! rief das lachende Mädchen, auspumpen unseren See, der so groß ist, daß man mit den Augen sein Ende nicht finden kann! Da können sie lange pumpen. Ein paar Tage Regenwetter gießt mehr Wasser hinein, als sie mit hundert Mühlen herauspumpen können. — Nein, nein, glaube mir, Bertold, der Papa Baldus ist nicht der Mühlen wegen gekommen. Mir ist bange davor, was sie da drinnen jetzt abmachen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="4">
        <p><pb facs="#f0069"/>
Mühlen kostete                hunderttausend Gulden; davon bot ihm der Buchhalter Actien mit der gewissen Aussicht                auf wenigstens dreißig Proeent, das heißt auf dreißigtausend Gulden Gewinn. &#x2014; Wie                viel Käse mußte der Baas kneten lassen, um eine solche Summe zu verdienen! Er legte                hastig, mit freudig geröthetem Gesicht, die Gabel hin, und, aller Sitte entgegen, den                Gast drängend, sagte er:</p><lb/>
        <p>Darf ich bitten, darüber mit Mynheer im Kabinet abzuschließen?</p><lb/>
        <p>Steh' mit Vergnügen zu Diensten, gewährte der lächelnde Buchhalter, nahm behutsam                seine Serviette aus der Halsbinde, damit sein Spitzenjabot nicht befleckt werde, und                erhob sich dankend mit dem Wunsche, daß es allerseits wohl bekommen möge.</p><lb/>
        <p>Dann gingen beide Männer in das Kabinet.</p><lb/>
        <p>Was ist das für eine Mühlengeschichte? fragte Galinda.</p><lb/>
        <p>Du weißt ja, sie wollen damit unseren See auspumpen, antwortete Bertold                spöttisch.</p><lb/>
        <p>Auspumpen! rief das lachende Mädchen, auspumpen unseren See, der so groß ist, daß man                mit den Augen sein Ende nicht finden kann! Da können sie lange pumpen. Ein paar Tage                Regenwetter gießt mehr Wasser hinein, als sie mit hundert Mühlen herauspumpen können.                &#x2014; Nein, nein, glaube mir, Bertold, der Papa Baldus ist nicht der Mühlen wegen                gekommen. Mir ist bange davor, was sie da drinnen jetzt abmachen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0069] Mühlen kostete hunderttausend Gulden; davon bot ihm der Buchhalter Actien mit der gewissen Aussicht auf wenigstens dreißig Proeent, das heißt auf dreißigtausend Gulden Gewinn. — Wie viel Käse mußte der Baas kneten lassen, um eine solche Summe zu verdienen! Er legte hastig, mit freudig geröthetem Gesicht, die Gabel hin, und, aller Sitte entgegen, den Gast drängend, sagte er: Darf ich bitten, darüber mit Mynheer im Kabinet abzuschließen? Steh' mit Vergnügen zu Diensten, gewährte der lächelnde Buchhalter, nahm behutsam seine Serviette aus der Halsbinde, damit sein Spitzenjabot nicht befleckt werde, und erhob sich dankend mit dem Wunsche, daß es allerseits wohl bekommen möge. Dann gingen beide Männer in das Kabinet. Was ist das für eine Mühlengeschichte? fragte Galinda. Du weißt ja, sie wollen damit unseren See auspumpen, antwortete Bertold spöttisch. Auspumpen! rief das lachende Mädchen, auspumpen unseren See, der so groß ist, daß man mit den Augen sein Ende nicht finden kann! Da können sie lange pumpen. Ein paar Tage Regenwetter gießt mehr Wasser hinein, als sie mit hundert Mühlen herauspumpen können. — Nein, nein, glaube mir, Bertold, der Papa Baldus ist nicht der Mühlen wegen gekommen. Mir ist bange davor, was sie da drinnen jetzt abmachen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:22:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:22:21Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/69
Zitationshilfe: Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/69>, abgerufen am 22.11.2024.