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Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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den durchhackten Kuchen, indem sie dessen zwei Theile mit großer Vorsicht von einander trennten. Die Hiebe waren tadellos geführt; weder in der Mitte, noch an beiden Enden des Kuchens fand sich ein zusammenhängendes Fäserchen; die zähe Masse war glatt in zwei Stücke getheilt; besser zu hacken, schien unmöglich. -- Galinda verlor alle Farbe aus ihren milchweißen Wangen.

Jetzt ist die Reihe an mir! rief Bertold, muthig an den Block tretend; ich kann freilich den einen Kuchen nicht schöner hacken, so wollen wir's einmal mit zweien probiren!

Mit diesen Worten legte er seinen Kuchen auf dem Blocke zurecht, bedeckte ihn mit den zwei Stücken, welche sein Gegner getrennt, und paßte sie so genau an einander, daß es nur Ein dicker Kuchen schien und der haarscharfe Schnitt in der obersten Platte nicht mehr zu erkennen war.

Ich wette, rief Bertold, beide Kuchen mit zwei Hieben zu hacken in derselben Linie, welche der Freimeister Jan gemacht! Nun schwang er das Beil mit einer Hand und hackte mit graziöser Leichtigkeit zweimal in den Kuchen; dann das Beill auf den Block werfend, sagte er lachend zu seinem staunenden Gegner: Ihr denkt Euch Wunder was mit Eurer Hackekunst. Für uns Goudaer Jonges ist das nur Spaß! Da wird nicht lange mit beiden Fäusten gezielt!

Die Kampfrichter fanden jeden der beiden Kuchen

den durchhackten Kuchen, indem sie dessen zwei Theile mit großer Vorsicht von einander trennten. Die Hiebe waren tadellos geführt; weder in der Mitte, noch an beiden Enden des Kuchens fand sich ein zusammenhängendes Fäserchen; die zähe Masse war glatt in zwei Stücke getheilt; besser zu hacken, schien unmöglich. — Galinda verlor alle Farbe aus ihren milchweißen Wangen.

Jetzt ist die Reihe an mir! rief Bertold, muthig an den Block tretend; ich kann freilich den einen Kuchen nicht schöner hacken, so wollen wir's einmal mit zweien probiren!

Mit diesen Worten legte er seinen Kuchen auf dem Blocke zurecht, bedeckte ihn mit den zwei Stücken, welche sein Gegner getrennt, und paßte sie so genau an einander, daß es nur Ein dicker Kuchen schien und der haarscharfe Schnitt in der obersten Platte nicht mehr zu erkennen war.

Ich wette, rief Bertold, beide Kuchen mit zwei Hieben zu hacken in derselben Linie, welche der Freimeister Jan gemacht! Nun schwang er das Beil mit einer Hand und hackte mit graziöser Leichtigkeit zweimal in den Kuchen; dann das Beill auf den Block werfend, sagte er lachend zu seinem staunenden Gegner: Ihr denkt Euch Wunder was mit Eurer Hackekunst. Für uns Goudaer Jonges ist das nur Spaß! Da wird nicht lange mit beiden Fäusten gezielt!

Die Kampfrichter fanden jeden der beiden Kuchen

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:22:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:22:21Z)

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Zitationshilfe: Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/60>, abgerufen am 22.11.2024.