Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.I. Die abgeschlagene Bitte. Unsern Blick auf einen weiten Landsee in dem wasserreichen Holland richtend, betrachten wir jenen kleinen Nachen, der, von kräftigen Ruderschlägen eines jungen Landmannes getrieben, über den glatten, im Sonnenglanze blendend schimmernden Wasserspiegel dahin fliegt. -- Das Auge vermag die niedrigen, mit den Fluten am fernen Horizont verschwimmenden Ufer kaum zu erkennen, und der Beschauer zweifelt, ob die Spitzthürme der Stadt Gouda -- welche dort rechts aus einer Bucht in den blauen Aether ragen -- aus dem Wasser auftauchen oder in den niedrigen Wiesengründen dahinter liegen. Viele langarmige Windmühlen und spitzige Dorfkirchthürme neben rothen Hausdächern umgürten den ruhigen See. Außer diesen reizlosen Punkten wird die Monotonie der holländischen Wasserlandschaft nur von einigen buschigen Baumkronen, welche das nickende Schilfrohr überragen, unterbrochen, und der einzige Schmuck des Bildes ist ein sonnenleuchtender Himmel, dessen lichtes Blau sich dunkler in dem klaren, aber von seinem schlammigen Grunde braun schimmernden Wasser spiegelt. So kann unsere Aufmerksamkeit I. Die abgeschlagene Bitte. Unsern Blick auf einen weiten Landsee in dem wasserreichen Holland richtend, betrachten wir jenen kleinen Nachen, der, von kräftigen Ruderschlägen eines jungen Landmannes getrieben, über den glatten, im Sonnenglanze blendend schimmernden Wasserspiegel dahin fliegt. — Das Auge vermag die niedrigen, mit den Fluten am fernen Horizont verschwimmenden Ufer kaum zu erkennen, und der Beschauer zweifelt, ob die Spitzthürme der Stadt Gouda — welche dort rechts aus einer Bucht in den blauen Aether ragen — aus dem Wasser auftauchen oder in den niedrigen Wiesengründen dahinter liegen. Viele langarmige Windmühlen und spitzige Dorfkirchthürme neben rothen Hausdächern umgürten den ruhigen See. Außer diesen reizlosen Punkten wird die Monotonie der holländischen Wasserlandschaft nur von einigen buschigen Baumkronen, welche das nickende Schilfrohr überragen, unterbrochen, und der einzige Schmuck des Bildes ist ein sonnenleuchtender Himmel, dessen lichtes Blau sich dunkler in dem klaren, aber von seinem schlammigen Grunde braun schimmernden Wasser spiegelt. So kann unsere Aufmerksamkeit <TEI> <text> <pb facs="#f0006"/> <body> <div type="chapter" n="1"> <head>I. Die abgeschlagene Bitte.</head> <p>Unsern Blick auf einen weiten Landsee in dem wasserreichen Holland richtend, betrachten wir jenen kleinen Nachen, der, von kräftigen Ruderschlägen eines jungen Landmannes getrieben, über den glatten, im Sonnenglanze blendend schimmernden Wasserspiegel dahin fliegt. — Das Auge vermag die niedrigen, mit den Fluten am fernen Horizont verschwimmenden Ufer kaum zu erkennen, und der Beschauer zweifelt, ob die Spitzthürme der Stadt Gouda — welche dort rechts aus einer Bucht in den blauen Aether ragen — aus dem Wasser auftauchen oder in den niedrigen Wiesengründen dahinter liegen. Viele langarmige Windmühlen und spitzige Dorfkirchthürme neben rothen Hausdächern umgürten den ruhigen See. Außer diesen reizlosen Punkten wird die Monotonie der holländischen Wasserlandschaft nur von einigen buschigen Baumkronen, welche das nickende Schilfrohr überragen, unterbrochen, und der einzige Schmuck des Bildes ist ein sonnenleuchtender Himmel, dessen lichtes Blau sich dunkler in dem klaren, aber von seinem schlammigen Grunde braun schimmernden Wasser spiegelt. So kann unsere Aufmerksamkeit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0006]
I. Die abgeschlagene Bitte. Unsern Blick auf einen weiten Landsee in dem wasserreichen Holland richtend, betrachten wir jenen kleinen Nachen, der, von kräftigen Ruderschlägen eines jungen Landmannes getrieben, über den glatten, im Sonnenglanze blendend schimmernden Wasserspiegel dahin fliegt. — Das Auge vermag die niedrigen, mit den Fluten am fernen Horizont verschwimmenden Ufer kaum zu erkennen, und der Beschauer zweifelt, ob die Spitzthürme der Stadt Gouda — welche dort rechts aus einer Bucht in den blauen Aether ragen — aus dem Wasser auftauchen oder in den niedrigen Wiesengründen dahinter liegen. Viele langarmige Windmühlen und spitzige Dorfkirchthürme neben rothen Hausdächern umgürten den ruhigen See. Außer diesen reizlosen Punkten wird die Monotonie der holländischen Wasserlandschaft nur von einigen buschigen Baumkronen, welche das nickende Schilfrohr überragen, unterbrochen, und der einzige Schmuck des Bildes ist ein sonnenleuchtender Himmel, dessen lichtes Blau sich dunkler in dem klaren, aber von seinem schlammigen Grunde braun schimmernden Wasser spiegelt. So kann unsere Aufmerksamkeit
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Zitationshilfe: | Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/6>, abgerufen am 27.07.2024. |