Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.dieser ungewöhnliche Besuch am frühen Morgen eine wichtige, keinen Aufschub leidende Veranlassung haben müsse; aber der Stolz des reichen Zorgenhofbesitzers hielt die Neugierde in ernsten Schranken, und die Sitte verbot, einen achtbaren Gast mit vorlauten Fragen statt mir guter Bewirthung zu tractiren; daher führten sie nach biederer Einladung die geehrte Nachbarin in das Haus. Das kluge Drudje blieb zurück; es wollte seine brennende Neugierde von Piet stillen lassen und dabei zugleich den Genuß sich verschaffen, nach Art der Mädchen, die sich der Macht ihrer Reize bewußt sind, den Entenjäger ein wenig zu necken. Guten Morgen, lieber Piet, sprach Drudje mit ernsthafter Miene, an das Boot tretend, worin Piet mit seiner Entenladung hantierte, ist mir doch, als ob Euch das pludrige Vogelzeugs da lieber ist, als Eure Freunde im Zorgenhof. Hum, machte Piet mit einer abwehrenden Handbewegung, ohne sich stören zu lassen, weit davon ist sicher vorm Schuß. Danke schönstens für das Compliment! Das muß ich doch gleich dem Vater sagen, was der Nachbar Piet von uns hält. Und ich möchte das mit ansehen, gab Piet mit einem pfiffigen Augenzwinkern zurück, wenn die Jevrouv Drudje ihrem Vater seine guten Freunde so lobesam schildert. dieser ungewöhnliche Besuch am frühen Morgen eine wichtige, keinen Aufschub leidende Veranlassung haben müsse; aber der Stolz des reichen Zorgenhofbesitzers hielt die Neugierde in ernsten Schranken, und die Sitte verbot, einen achtbaren Gast mit vorlauten Fragen statt mir guter Bewirthung zu tractiren; daher führten sie nach biederer Einladung die geehrte Nachbarin in das Haus. Das kluge Drudje blieb zurück; es wollte seine brennende Neugierde von Piet stillen lassen und dabei zugleich den Genuß sich verschaffen, nach Art der Mädchen, die sich der Macht ihrer Reize bewußt sind, den Entenjäger ein wenig zu necken. Guten Morgen, lieber Piet, sprach Drudje mit ernsthafter Miene, an das Boot tretend, worin Piet mit seiner Entenladung hantierte, ist mir doch, als ob Euch das pludrige Vogelzeugs da lieber ist, als Eure Freunde im Zorgenhof. Hum, machte Piet mit einer abwehrenden Handbewegung, ohne sich stören zu lassen, weit davon ist sicher vorm Schuß. Danke schönstens für das Compliment! Das muß ich doch gleich dem Vater sagen, was der Nachbar Piet von uns hält. Und ich möchte das mit ansehen, gab Piet mit einem pfiffigen Augenzwinkern zurück, wenn die Jevrouv Drudje ihrem Vater seine guten Freunde so lobesam schildert. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0029"/> dieser ungewöhnliche Besuch am frühen Morgen eine wichtige, keinen Aufschub leidende Veranlassung haben müsse; aber der Stolz des reichen Zorgenhofbesitzers hielt die Neugierde in ernsten Schranken, und die Sitte verbot, einen achtbaren Gast mit vorlauten Fragen statt mir guter Bewirthung zu tractiren; daher führten sie nach biederer Einladung die geehrte Nachbarin in das Haus.</p><lb/> <p>Das kluge Drudje blieb zurück; es wollte seine brennende Neugierde von Piet stillen lassen und dabei zugleich den Genuß sich verschaffen, nach Art der Mädchen, die sich der Macht ihrer Reize bewußt sind, den Entenjäger ein wenig zu necken.</p><lb/> <p>Guten Morgen, lieber Piet, sprach Drudje mit ernsthafter Miene, an das Boot tretend, worin Piet mit seiner Entenladung hantierte, ist mir doch, als ob Euch das pludrige Vogelzeugs da lieber ist, als Eure Freunde im Zorgenhof.</p><lb/> <p>Hum, machte Piet mit einer abwehrenden Handbewegung, ohne sich stören zu lassen, weit davon ist sicher vorm Schuß.</p><lb/> <p>Danke schönstens für das Compliment! Das muß ich doch gleich dem Vater sagen, was der Nachbar Piet von uns hält.</p><lb/> <p>Und ich möchte das mit ansehen, gab Piet mit einem pfiffigen Augenzwinkern zurück, wenn die Jevrouv Drudje ihrem Vater seine guten Freunde so lobesam schildert.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
dieser ungewöhnliche Besuch am frühen Morgen eine wichtige, keinen Aufschub leidende Veranlassung haben müsse; aber der Stolz des reichen Zorgenhofbesitzers hielt die Neugierde in ernsten Schranken, und die Sitte verbot, einen achtbaren Gast mit vorlauten Fragen statt mir guter Bewirthung zu tractiren; daher führten sie nach biederer Einladung die geehrte Nachbarin in das Haus.
Das kluge Drudje blieb zurück; es wollte seine brennende Neugierde von Piet stillen lassen und dabei zugleich den Genuß sich verschaffen, nach Art der Mädchen, die sich der Macht ihrer Reize bewußt sind, den Entenjäger ein wenig zu necken.
Guten Morgen, lieber Piet, sprach Drudje mit ernsthafter Miene, an das Boot tretend, worin Piet mit seiner Entenladung hantierte, ist mir doch, als ob Euch das pludrige Vogelzeugs da lieber ist, als Eure Freunde im Zorgenhof.
Hum, machte Piet mit einer abwehrenden Handbewegung, ohne sich stören zu lassen, weit davon ist sicher vorm Schuß.
Danke schönstens für das Compliment! Das muß ich doch gleich dem Vater sagen, was der Nachbar Piet von uns hält.
Und ich möchte das mit ansehen, gab Piet mit einem pfiffigen Augenzwinkern zurück, wenn die Jevrouv Drudje ihrem Vater seine guten Freunde so lobesam schildert.
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Zitationshilfe: | Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/29>, abgerufen am 16.02.2025. |