Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.den Finger in die Kessel tauchend, den Wärmegrad prüften, wovon die Güte des Käses abhängt. Fanden sie die Milch "op den rechten Ponkt", dann wurden die Kessel in große Gerinnbottiche geleert, das Lab hineingeworfen und nun die Milch in Ruhe dem Gerinnen überlassen. Dies vollbracht, schritten Alle zu andern Bottichen, welche die gelabte, jetzt geronnene Milch von gestern Abend enthielten. Man zapfte die Molken ab, und die Mägde schütteten die weiße Käsemasse sogleich in die ringsum durchlöcherten, inwendig mit reinen Linnen belegten Preßkasten. Sobald diese gefüllt, drückten breitschultrige Knechte den genau passenden Deckel auf, packten aldann mit nervigen Fäusten die Kurbelstöcke der Schraubenpresse und quetschten drehend die Molken bis zum letzten Tropfen aus der dadurch compact werdenden Käsemasse. Inzwischen hatte die steigende Sonne den Nebel vertrieben, und im reinlichen Zorgenhofe funkelte jetzt Alles im Schmucke blitzender Thauperlen. Alsbald benutzte der Polderwirth auch die warmen Sonnenstrahlen, indem er den Knechten befahl, die Klappen an den schmalen Schuppen zu öffnen, die vor dem Milchhause in langen Linien hinliefen. Unter den schirmenden Klappen wurden Reihen von vielen Hundert orangegelben Käsen gleich großen, runden Kürbissen sichtbar, welche hier trocknend ihre Vollendung zum Verkauf erhielten. Nachdem auch diese letzte Frühmorgenarbeit gethan, gingen Alle zum Frühstück, das Gesinde in ein abgeson- den Finger in die Kessel tauchend, den Wärmegrad prüften, wovon die Güte des Käses abhängt. Fanden sie die Milch „op den rechten Ponkt“, dann wurden die Kessel in große Gerinnbottiche geleert, das Lab hineingeworfen und nun die Milch in Ruhe dem Gerinnen überlassen. Dies vollbracht, schritten Alle zu andern Bottichen, welche die gelabte, jetzt geronnene Milch von gestern Abend enthielten. Man zapfte die Molken ab, und die Mägde schütteten die weiße Käsemasse sogleich in die ringsum durchlöcherten, inwendig mit reinen Linnen belegten Preßkasten. Sobald diese gefüllt, drückten breitschultrige Knechte den genau passenden Deckel auf, packten aldann mit nervigen Fäusten die Kurbelstöcke der Schraubenpresse und quetschten drehend die Molken bis zum letzten Tropfen aus der dadurch compact werdenden Käsemasse. Inzwischen hatte die steigende Sonne den Nebel vertrieben, und im reinlichen Zorgenhofe funkelte jetzt Alles im Schmucke blitzender Thauperlen. Alsbald benutzte der Polderwirth auch die warmen Sonnenstrahlen, indem er den Knechten befahl, die Klappen an den schmalen Schuppen zu öffnen, die vor dem Milchhause in langen Linien hinliefen. Unter den schirmenden Klappen wurden Reihen von vielen Hundert orangegelben Käsen gleich großen, runden Kürbissen sichtbar, welche hier trocknend ihre Vollendung zum Verkauf erhielten. Nachdem auch diese letzte Frühmorgenarbeit gethan, gingen Alle zum Frühstück, das Gesinde in ein abgeson- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0025"/> den Finger in die Kessel tauchend, den Wärmegrad prüften, wovon die Güte des Käses abhängt. Fanden sie die Milch „op den rechten Ponkt“, dann wurden die Kessel in große Gerinnbottiche geleert, das Lab hineingeworfen und nun die Milch in Ruhe dem Gerinnen überlassen. Dies vollbracht, schritten Alle zu andern Bottichen, welche die gelabte, jetzt geronnene Milch von gestern Abend enthielten. Man zapfte die Molken ab, und die Mägde schütteten die weiße Käsemasse sogleich in die ringsum durchlöcherten, inwendig mit reinen Linnen belegten Preßkasten. Sobald diese gefüllt, drückten breitschultrige Knechte den genau passenden Deckel auf, packten aldann mit nervigen Fäusten die Kurbelstöcke der Schraubenpresse und quetschten drehend die Molken bis zum letzten Tropfen aus der dadurch compact werdenden Käsemasse.</p><lb/> <p>Inzwischen hatte die steigende Sonne den Nebel vertrieben, und im reinlichen Zorgenhofe funkelte jetzt Alles im Schmucke blitzender Thauperlen. Alsbald benutzte der Polderwirth auch die warmen Sonnenstrahlen, indem er den Knechten befahl, die Klappen an den schmalen Schuppen zu öffnen, die vor dem Milchhause in langen Linien hinliefen. Unter den schirmenden Klappen wurden Reihen von vielen Hundert orangegelben Käsen gleich großen, runden Kürbissen sichtbar, welche hier trocknend ihre Vollendung zum Verkauf erhielten. Nachdem auch diese letzte Frühmorgenarbeit gethan, gingen Alle zum Frühstück, das Gesinde in ein abgeson-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0025]
den Finger in die Kessel tauchend, den Wärmegrad prüften, wovon die Güte des Käses abhängt. Fanden sie die Milch „op den rechten Ponkt“, dann wurden die Kessel in große Gerinnbottiche geleert, das Lab hineingeworfen und nun die Milch in Ruhe dem Gerinnen überlassen. Dies vollbracht, schritten Alle zu andern Bottichen, welche die gelabte, jetzt geronnene Milch von gestern Abend enthielten. Man zapfte die Molken ab, und die Mägde schütteten die weiße Käsemasse sogleich in die ringsum durchlöcherten, inwendig mit reinen Linnen belegten Preßkasten. Sobald diese gefüllt, drückten breitschultrige Knechte den genau passenden Deckel auf, packten aldann mit nervigen Fäusten die Kurbelstöcke der Schraubenpresse und quetschten drehend die Molken bis zum letzten Tropfen aus der dadurch compact werdenden Käsemasse.
Inzwischen hatte die steigende Sonne den Nebel vertrieben, und im reinlichen Zorgenhofe funkelte jetzt Alles im Schmucke blitzender Thauperlen. Alsbald benutzte der Polderwirth auch die warmen Sonnenstrahlen, indem er den Knechten befahl, die Klappen an den schmalen Schuppen zu öffnen, die vor dem Milchhause in langen Linien hinliefen. Unter den schirmenden Klappen wurden Reihen von vielen Hundert orangegelben Käsen gleich großen, runden Kürbissen sichtbar, welche hier trocknend ihre Vollendung zum Verkauf erhielten. Nachdem auch diese letzte Frühmorgenarbeit gethan, gingen Alle zum Frühstück, das Gesinde in ein abgeson-
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Zitationshilfe: | Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/25>, abgerufen am 16.07.2024. |