Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ansehen kann, daß man all ihr Wildern vergißt und dem Unband gut sein muß. Das ist es ja eben, daß man ihr gut sein muß! rief Bertold so leidenschaftlich, daß die Alte erschrak. Und schön? -- Oh, Ihr solltet sie nur sehen, wie hoch und schlank und stolz und schön die Galinda geworden ist! Nur sachte -- sachte, beschwichtigte Lora; darum brauchst du nicht gleich wie 'n Franzose in Hitze zu gerathen. Wir können ja mit gemächlichem Blute vernünftig und still über die Galinda reden. Ja, ja, sie hat dich schon von Kindesbeinen an mit ihrem jähen Wesen angesteckt. Das thut nicht gut -- nicht gut. Piet kam vom Entenfange heim und trat jetzt wie ein Unhold in seiner fahlgrünen Jacke und Hosen, offener Brust, nackten Beinen und mit seinem buschigen Haarkranz statt Mütze auf dem Kopfe in das Stübchen. Er trug den erlegten Regenpfeifer in der Hand. Richtig, da sitzt er und schnabelirt wie ein Maisje! spottete Piet. Erst verdarb er mir den Fang, und dann läßt er gar den theuern Vogel im Rohr liegen. -- Aber 's war ein braver Schuß, das muß man sagen. Den kann Jeder mit meiner schönen spanischen Flinte machen, warf Bertold hin. Ja, es ist die beste Flinte in ganz Holland, gestand Piet brummend; ein ächter Spanier, wie keiner ansehen kann, daß man all ihr Wildern vergißt und dem Unband gut sein muß. Das ist es ja eben, daß man ihr gut sein muß! rief Bertold so leidenschaftlich, daß die Alte erschrak. Und schön? — Oh, Ihr solltet sie nur sehen, wie hoch und schlank und stolz und schön die Galinda geworden ist! Nur sachte — sachte, beschwichtigte Lora; darum brauchst du nicht gleich wie 'n Franzose in Hitze zu gerathen. Wir können ja mit gemächlichem Blute vernünftig und still über die Galinda reden. Ja, ja, sie hat dich schon von Kindesbeinen an mit ihrem jähen Wesen angesteckt. Das thut nicht gut — nicht gut. Piet kam vom Entenfange heim und trat jetzt wie ein Unhold in seiner fahlgrünen Jacke und Hosen, offener Brust, nackten Beinen und mit seinem buschigen Haarkranz statt Mütze auf dem Kopfe in das Stübchen. Er trug den erlegten Regenpfeifer in der Hand. Richtig, da sitzt er und schnabelirt wie ein Maisje! spottete Piet. Erst verdarb er mir den Fang, und dann läßt er gar den theuern Vogel im Rohr liegen. — Aber 's war ein braver Schuß, das muß man sagen. Den kann Jeder mit meiner schönen spanischen Flinte machen, warf Bertold hin. Ja, es ist die beste Flinte in ganz Holland, gestand Piet brummend; ein ächter Spanier, wie keiner <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0018"/> ansehen kann, daß man all ihr Wildern vergißt und dem Unband gut sein muß.</p><lb/> <p>Das ist es ja eben, daß man ihr gut sein muß! rief Bertold so leidenschaftlich, daß die Alte erschrak. Und schön? — Oh, Ihr solltet sie nur sehen, wie hoch und schlank und stolz und schön die Galinda geworden ist!</p><lb/> <p>Nur sachte — sachte, beschwichtigte Lora; darum brauchst du nicht gleich wie 'n Franzose in Hitze zu gerathen. Wir können ja mit gemächlichem Blute vernünftig und still über die Galinda reden. Ja, ja, sie hat dich schon von Kindesbeinen an mit ihrem jähen Wesen angesteckt. Das thut nicht gut — nicht gut.</p><lb/> <p>Piet kam vom Entenfange heim und trat jetzt wie ein Unhold in seiner fahlgrünen Jacke und Hosen, offener Brust, nackten Beinen und mit seinem buschigen Haarkranz statt Mütze auf dem Kopfe in das Stübchen. Er trug den erlegten Regenpfeifer in der Hand.</p><lb/> <p>Richtig, da sitzt er und schnabelirt wie ein Maisje! spottete Piet. Erst verdarb er mir den Fang, und dann läßt er gar den theuern Vogel im Rohr liegen. — Aber 's war ein braver Schuß, das muß man sagen.</p><lb/> <p>Den kann Jeder mit meiner schönen spanischen Flinte machen, warf Bertold hin.</p><lb/> <p>Ja, es ist die beste Flinte in ganz Holland, gestand Piet brummend; ein ächter Spanier, wie keiner<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
ansehen kann, daß man all ihr Wildern vergißt und dem Unband gut sein muß.
Das ist es ja eben, daß man ihr gut sein muß! rief Bertold so leidenschaftlich, daß die Alte erschrak. Und schön? — Oh, Ihr solltet sie nur sehen, wie hoch und schlank und stolz und schön die Galinda geworden ist!
Nur sachte — sachte, beschwichtigte Lora; darum brauchst du nicht gleich wie 'n Franzose in Hitze zu gerathen. Wir können ja mit gemächlichem Blute vernünftig und still über die Galinda reden. Ja, ja, sie hat dich schon von Kindesbeinen an mit ihrem jähen Wesen angesteckt. Das thut nicht gut — nicht gut.
Piet kam vom Entenfange heim und trat jetzt wie ein Unhold in seiner fahlgrünen Jacke und Hosen, offener Brust, nackten Beinen und mit seinem buschigen Haarkranz statt Mütze auf dem Kopfe in das Stübchen. Er trug den erlegten Regenpfeifer in der Hand.
Richtig, da sitzt er und schnabelirt wie ein Maisje! spottete Piet. Erst verdarb er mir den Fang, und dann läßt er gar den theuern Vogel im Rohr liegen. — Aber 's war ein braver Schuß, das muß man sagen.
Den kann Jeder mit meiner schönen spanischen Flinte machen, warf Bertold hin.
Ja, es ist die beste Flinte in ganz Holland, gestand Piet brummend; ein ächter Spanier, wie keiner
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Zitationshilfe: | Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/18>, abgerufen am 16.07.2024. |