Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Bertold blickte der alten Frau nach, wie sie in gerader Haltung zur Thüre hinaus ging. Es war noch dieselbe still freundliche Mutter in schneeweißer Kranzhaube und weißem Halstuch, dessen Zipfel, dreieckig auf dem Rücken glatt gezogen, bis in das bunte Schürzenband nett hinab reichte, -- ein Musterbild häuslicher Ordnung und Reinlichkeit. Ihr blasses Gesicht mit dem gutmüthigen Lächeln auf den dünnen, eingefallenen Lippen erhielt einen eigenthümlich klugen Ausdruck durch die noch frischen Augen, welche unter buschigen, silberfarbigen Brauen einen klug anschauten. Gerade so hatte die Mutter Lora ausgesehen, wenn Bertold mit der schwarzaugigen Galinda als Kinder zu ihren Füßen gesessen, die Köpfe auf den Schooß der Matrone gestützt, lauschend auf das Märchen von der Prinzessin Goldkarpfe und dem Prinzen Silberhecht, die in einem kristallenen Schlosse auf dem schwarzen Grunde des Goudasee's, mitten in einem Zaubergarten voll schöner Tulpenbeete, reinlichen, mit Goldsand bestreuten Wegen zwischen schön beschnittenen grünen Smaragdhecken spazieren gingen und sich dabei die wunderbarsten Geschichten erzählten. -- Das Alles pflegte die alte Lora zur Winterszeit in ihrem Sorgenstuhle, bei glimmendem Torffeuer am Kamin, mit halblauter Stimme zu erzählen, wobei ihre frischen Augen und das blasse, scharfe Gesicht sich so seltsam belebten, daß es den Kindern schauerlich über die Haut rieselte. Wenn dann Bertold mit Galinda heimkehrend über den spiegelglatt gefrornen See auf Schlittschuhen Bertold blickte der alten Frau nach, wie sie in gerader Haltung zur Thüre hinaus ging. Es war noch dieselbe still freundliche Mutter in schneeweißer Kranzhaube und weißem Halstuch, dessen Zipfel, dreieckig auf dem Rücken glatt gezogen, bis in das bunte Schürzenband nett hinab reichte, — ein Musterbild häuslicher Ordnung und Reinlichkeit. Ihr blasses Gesicht mit dem gutmüthigen Lächeln auf den dünnen, eingefallenen Lippen erhielt einen eigenthümlich klugen Ausdruck durch die noch frischen Augen, welche unter buschigen, silberfarbigen Brauen einen klug anschauten. Gerade so hatte die Mutter Lora ausgesehen, wenn Bertold mit der schwarzaugigen Galinda als Kinder zu ihren Füßen gesessen, die Köpfe auf den Schooß der Matrone gestützt, lauschend auf das Märchen von der Prinzessin Goldkarpfe und dem Prinzen Silberhecht, die in einem kristallenen Schlosse auf dem schwarzen Grunde des Goudasee's, mitten in einem Zaubergarten voll schöner Tulpenbeete, reinlichen, mit Goldsand bestreuten Wegen zwischen schön beschnittenen grünen Smaragdhecken spazieren gingen und sich dabei die wunderbarsten Geschichten erzählten. — Das Alles pflegte die alte Lora zur Winterszeit in ihrem Sorgenstuhle, bei glimmendem Torffeuer am Kamin, mit halblauter Stimme zu erzählen, wobei ihre frischen Augen und das blasse, scharfe Gesicht sich so seltsam belebten, daß es den Kindern schauerlich über die Haut rieselte. Wenn dann Bertold mit Galinda heimkehrend über den spiegelglatt gefrornen See auf Schlittschuhen <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <pb facs="#f0016"/> <p>Bertold blickte der alten Frau nach, wie sie in gerader Haltung zur Thüre hinaus ging. Es war noch dieselbe still freundliche Mutter in schneeweißer Kranzhaube und weißem Halstuch, dessen Zipfel, dreieckig auf dem Rücken glatt gezogen, bis in das bunte Schürzenband nett hinab reichte, — ein Musterbild häuslicher Ordnung und Reinlichkeit. Ihr blasses Gesicht mit dem gutmüthigen Lächeln auf den dünnen, eingefallenen Lippen erhielt einen eigenthümlich klugen Ausdruck durch die noch frischen Augen, welche unter buschigen, silberfarbigen Brauen einen klug anschauten. Gerade so hatte die Mutter Lora ausgesehen, wenn Bertold mit der schwarzaugigen Galinda als Kinder zu ihren Füßen gesessen, die Köpfe auf den Schooß der Matrone gestützt, lauschend auf das Märchen von der Prinzessin Goldkarpfe und dem Prinzen Silberhecht, die in einem kristallenen Schlosse auf dem schwarzen Grunde des Goudasee's, mitten in einem Zaubergarten voll schöner Tulpenbeete, reinlichen, mit Goldsand bestreuten Wegen zwischen schön beschnittenen grünen Smaragdhecken spazieren gingen und sich dabei die wunderbarsten Geschichten erzählten. — Das Alles pflegte die alte Lora zur Winterszeit in ihrem Sorgenstuhle, bei glimmendem Torffeuer am Kamin, mit halblauter Stimme zu erzählen, wobei ihre frischen Augen und das blasse, scharfe Gesicht sich so seltsam belebten, daß es den Kindern schauerlich über die Haut rieselte. Wenn dann Bertold mit Galinda heimkehrend über den spiegelglatt gefrornen See auf Schlittschuhen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0016]
Bertold blickte der alten Frau nach, wie sie in gerader Haltung zur Thüre hinaus ging. Es war noch dieselbe still freundliche Mutter in schneeweißer Kranzhaube und weißem Halstuch, dessen Zipfel, dreieckig auf dem Rücken glatt gezogen, bis in das bunte Schürzenband nett hinab reichte, — ein Musterbild häuslicher Ordnung und Reinlichkeit. Ihr blasses Gesicht mit dem gutmüthigen Lächeln auf den dünnen, eingefallenen Lippen erhielt einen eigenthümlich klugen Ausdruck durch die noch frischen Augen, welche unter buschigen, silberfarbigen Brauen einen klug anschauten. Gerade so hatte die Mutter Lora ausgesehen, wenn Bertold mit der schwarzaugigen Galinda als Kinder zu ihren Füßen gesessen, die Köpfe auf den Schooß der Matrone gestützt, lauschend auf das Märchen von der Prinzessin Goldkarpfe und dem Prinzen Silberhecht, die in einem kristallenen Schlosse auf dem schwarzen Grunde des Goudasee's, mitten in einem Zaubergarten voll schöner Tulpenbeete, reinlichen, mit Goldsand bestreuten Wegen zwischen schön beschnittenen grünen Smaragdhecken spazieren gingen und sich dabei die wunderbarsten Geschichten erzählten. — Das Alles pflegte die alte Lora zur Winterszeit in ihrem Sorgenstuhle, bei glimmendem Torffeuer am Kamin, mit halblauter Stimme zu erzählen, wobei ihre frischen Augen und das blasse, scharfe Gesicht sich so seltsam belebten, daß es den Kindern schauerlich über die Haut rieselte. Wenn dann Bertold mit Galinda heimkehrend über den spiegelglatt gefrornen See auf Schlittschuhen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T12:22:21Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T12:22:21Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |