Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Beiseyn vieler Zeugen, wiewohl mit großer Angst, und mit Zittern und Schweiß.

Allein dies konnte ihm noch nicht helfen; denn nun erschien in der darauf folgenden Nacht der Teufel vor ihm und schalt ihn entsetzlich, und forderte das Buch von ihm zurück, so er ihm vor fünf Jahren gegeben. Das hatte der Knabe nicht, denn er hatte es weit weg vergraben, und deshalb drohete er ihm, er solle seine Handschrift nicht eher zurück haben, als bis das Buch wieder herbeischaffte. Dabei quälte und ängstigte er den Armen entsetzlich, also daß alle Gebete der Geistlichen ihn nicht aufrichten konnten. Endlich brachte man ihn in die Kirche; allda mußte er eifrig beten, die Predigt anhören, und alsdann, nach vorhergehendem öffentlichen Gebet, knieend vor dem Altare, seine Handschrift widerrufen, aufs Neue dem Teufel mit allen seinen Werken und Wesen entsagen, den christlichen Glauben ganz nachsprechen, und darauf zum Tische des Herrn gehen. Sodann rief die ganze christliche Gemeine Gott an, daß der Teufel durch dessen Gnade und Allmacht gezwungen werde, die Handschrift dem Knaben wieder zu bringen, damit er öffentlich zu Schanden gemacht werde. Solches wirkte denn auch soviel, daß der Teufel in der nächsten Nacht, nach eilf Uhr, mit einem gräulichen Brausen zu dem Knaben kam, und ihm seine Handschrift vor den Kopf warf, mit diesen Worten: Ich bin deinethalben genugsam darum geschoren!

Von der Zeit an ist der Knabe von dem bösen Feinde befreiet geblieben; die Obrigkeit hat ihn auf freien Fuß gesetzt, und er hat sich so wohl gehalten, daß er unter der Kaiserlichen Armee mit Ruhm eine Corporalschaft bedient hat. Solches ist geschehen im Jahre 1624.

Micrälius, Altes Pommerland, II. S. 107-110.

Beiseyn vieler Zeugen, wiewohl mit großer Angst, und mit Zittern und Schweiß.

Allein dies konnte ihm noch nicht helfen; denn nun erschien in der darauf folgenden Nacht der Teufel vor ihm und schalt ihn entsetzlich, und forderte das Buch von ihm zurück, so er ihm vor fünf Jahren gegeben. Das hatte der Knabe nicht, denn er hatte es weit weg vergraben, und deshalb drohete er ihm, er solle seine Handschrift nicht eher zurück haben, als bis das Buch wieder herbeischaffte. Dabei quälte und ängstigte er den Armen entsetzlich, also daß alle Gebete der Geistlichen ihn nicht aufrichten konnten. Endlich brachte man ihn in die Kirche; allda mußte er eifrig beten, die Predigt anhören, und alsdann, nach vorhergehendem öffentlichen Gebet, knieend vor dem Altare, seine Handschrift widerrufen, aufs Neue dem Teufel mit allen seinen Werken und Wesen entsagen, den christlichen Glauben ganz nachsprechen, und darauf zum Tische des Herrn gehen. Sodann rief die ganze christliche Gemeine Gott an, daß der Teufel durch dessen Gnade und Allmacht gezwungen werde, die Handschrift dem Knaben wieder zu bringen, damit er öffentlich zu Schanden gemacht werde. Solches wirkte denn auch soviel, daß der Teufel in der nächsten Nacht, nach eilf Uhr, mit einem gräulichen Brausen zu dem Knaben kam, und ihm seine Handschrift vor den Kopf warf, mit diesen Worten: Ich bin deinethalben genugsam darum geschoren!

Von der Zeit an ist der Knabe von dem bösen Feinde befreiet geblieben; die Obrigkeit hat ihn auf freien Fuß gesetzt, und er hat sich so wohl gehalten, daß er unter der Kaiserlichen Armee mit Ruhm eine Corporalschaft bedient hat. Solches ist geschehen im Jahre 1624.

Micrälius, Altes Pommerland, II. S. 107-110.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0319" n="287"/>
Beiseyn vieler Zeugen, wiewohl mit großer Angst, und mit Zittern und Schweiß.</p>
          <p>Allein dies konnte ihm noch nicht helfen; denn nun erschien in der darauf folgenden Nacht der Teufel vor ihm und schalt ihn entsetzlich, und forderte das Buch von ihm zurück, so er ihm vor fünf Jahren gegeben. Das hatte der Knabe nicht, denn er hatte es weit weg vergraben, und deshalb drohete er ihm, er solle seine Handschrift nicht eher zurück haben, als bis das Buch wieder herbeischaffte. Dabei quälte und ängstigte er den Armen entsetzlich, also daß alle Gebete der Geistlichen ihn nicht aufrichten konnten. Endlich brachte man ihn in die Kirche; allda mußte er eifrig beten, die Predigt anhören, und alsdann, nach vorhergehendem öffentlichen Gebet, knieend vor dem Altare, seine Handschrift widerrufen, aufs Neue dem Teufel mit allen seinen Werken und Wesen entsagen, den christlichen Glauben ganz nachsprechen, und darauf zum Tische des Herrn gehen. Sodann rief die ganze christliche Gemeine Gott an, daß der Teufel durch dessen Gnade und Allmacht gezwungen werde, die Handschrift dem Knaben wieder zu bringen, damit er öffentlich zu Schanden gemacht werde. Solches wirkte denn auch soviel, daß der Teufel in der nächsten Nacht, nach eilf Uhr, mit einem gräulichen Brausen zu dem Knaben kam, und ihm seine Handschrift vor den Kopf warf, mit diesen Worten: Ich bin deinethalben genugsam darum geschoren!</p>
          <p>Von der Zeit an ist der Knabe von dem bösen Feinde befreiet geblieben; die Obrigkeit hat ihn auf freien Fuß gesetzt, und er hat sich so wohl gehalten, daß er unter der Kaiserlichen Armee mit Ruhm eine Corporalschaft bedient hat. Solches ist geschehen im Jahre 1624.</p>
          <listBibl>
            <bibl>Micrälius, Altes Pommerland, II. S. 107-110.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0319] Beiseyn vieler Zeugen, wiewohl mit großer Angst, und mit Zittern und Schweiß. Allein dies konnte ihm noch nicht helfen; denn nun erschien in der darauf folgenden Nacht der Teufel vor ihm und schalt ihn entsetzlich, und forderte das Buch von ihm zurück, so er ihm vor fünf Jahren gegeben. Das hatte der Knabe nicht, denn er hatte es weit weg vergraben, und deshalb drohete er ihm, er solle seine Handschrift nicht eher zurück haben, als bis das Buch wieder herbeischaffte. Dabei quälte und ängstigte er den Armen entsetzlich, also daß alle Gebete der Geistlichen ihn nicht aufrichten konnten. Endlich brachte man ihn in die Kirche; allda mußte er eifrig beten, die Predigt anhören, und alsdann, nach vorhergehendem öffentlichen Gebet, knieend vor dem Altare, seine Handschrift widerrufen, aufs Neue dem Teufel mit allen seinen Werken und Wesen entsagen, den christlichen Glauben ganz nachsprechen, und darauf zum Tische des Herrn gehen. Sodann rief die ganze christliche Gemeine Gott an, daß der Teufel durch dessen Gnade und Allmacht gezwungen werde, die Handschrift dem Knaben wieder zu bringen, damit er öffentlich zu Schanden gemacht werde. Solches wirkte denn auch soviel, daß der Teufel in der nächsten Nacht, nach eilf Uhr, mit einem gräulichen Brausen zu dem Knaben kam, und ihm seine Handschrift vor den Kopf warf, mit diesen Worten: Ich bin deinethalben genugsam darum geschoren! Von der Zeit an ist der Knabe von dem bösen Feinde befreiet geblieben; die Obrigkeit hat ihn auf freien Fuß gesetzt, und er hat sich so wohl gehalten, daß er unter der Kaiserlichen Armee mit Ruhm eine Corporalschaft bedient hat. Solches ist geschehen im Jahre 1624. Micrälius, Altes Pommerland, II. S. 107-110.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/319
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/319>, abgerufen am 25.11.2024.