Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der fünften Erde
weil diese Liebe in dem Abstammen wächset,
wie bekannt ist, so handelt deswegen der
Vater eines Volks aus einer viel innerliche-
ren Liebe, als der Vater selbst, von wel-
chem die Kinder zunächst herkommen. Eine
solche Herrschaft ist auch in den Himmeln,
weil der HErr eine solche Herrschaft hat:
denn er führet seine Herrschaft aus göttlicher
Liebe gegen das gesamte menschliche Ge-
schlecht. Die Eigenliebe aber, welche der
Herrschaft der Liebe gegen den Nächsten ent-
gegen stehet, hat da angefangen, als der
Mensch von dem HErrn abfiel: denn in wie
ferne der Mensch den HErrn nicht liebet und
ehret, in so fern liebet und ehret er sich, und
um so viel liebet er auch die Welt; darauf
haben sich die Völker aus Noth, damit sie
sicher wären, mit den Familien und Häu-
sern zusammen gethan, und Regierungen un-
ter mancherley Gestalten errichtet: denn um
wie viel jene Liebe zugenommen hat, um so
viel hat auch allerley Böses, als Feindschaft,
Neid, Haß, Rache, Wuth, Betrug, ge-
gen alle, die sich widersezten, überhand ge-
nommen: denn aus dem Eigenen, worinn
diejenigen sind, welche in der Eigenliebe sie-
hen, entspringt nichts als lauter böses, denn
das Eigene des Menschen ist nichts als böse,
und das Eigene, weil es böse ist, nimmt
kein gutes aus dem Himmel an; daher ist die
Eigenliebe, so lang sie herrschend ist, ein

Vater

Von der fünften Erde
weil dieſe Liebe in dem Abſtammen wächſet,
wie bekannt iſt, ſo handelt deswegen der
Vater eines Volks aus einer viel innerliche-
ren Liebe, als der Vater ſelbſt, von wel-
chem die Kinder zunächſt herkommen. Eine
ſolche Herrſchaft iſt auch in den Himmeln,
weil der HErr eine ſolche Herrſchaft hat:
denn er führet ſeine Herrſchaft aus göttlicher
Liebe gegen das geſamte menſchliche Ge-
ſchlecht. Die Eigenliebe aber, welche der
Herrſchaft der Liebe gegen den Nächſten ent-
gegen ſtehet, hat da angefangen, als der
Menſch von dem HErrn abfiel: denn in wie
ferne der Menſch den HErrn nicht liebet und
ehret, in ſo fern liebet und ehret er ſich, und
um ſo viel liebet er auch die Welt; darauf
haben ſich die Völker aus Noth, damit ſie
ſicher wären, mit den Familien und Häu-
ſern zuſammen gethan, und Regierungen un-
ter mancherley Geſtalten errichtet: denn um
wie viel jene Liebe zugenommen hat, um ſo
viel hat auch allerley Böſes, als Feindſchaft,
Neid, Haß, Rache, Wuth, Betrug, ge-
gen alle, die ſich widerſezten, überhand ge-
nommen: denn aus dem Eigenen, worinn
diejenigen ſind, welche in der Eigenliebe ſie-
hen, entſpringt nichts als lauter böſes, denn
das Eigene des Menſchen iſt nichts als böſe,
und das Eigene, weil es böſe iſt, nimmt
kein gutes aus dem Himmel an; daher iſt die
Eigenliebe, ſo lang ſie herrſchend iſt, ein

Vater
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0272" n="268"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der fünften Erde</hi></fw><lb/>
weil die&#x017F;e Liebe in dem Ab&#x017F;tammen wäch&#x017F;et,<lb/>
wie bekannt i&#x017F;t, &#x017F;o handelt deswegen der<lb/>
Vater eines Volks aus einer viel innerliche-<lb/>
ren Liebe, als der Vater &#x017F;elb&#x017F;t, von wel-<lb/>
chem die Kinder zunäch&#x017F;t herkommen. Eine<lb/>
&#x017F;olche Herr&#x017F;chaft i&#x017F;t auch in den Himmeln,<lb/>
weil der HErr eine &#x017F;olche Herr&#x017F;chaft hat:<lb/>
denn er führet &#x017F;eine Herr&#x017F;chaft aus göttlicher<lb/>
Liebe gegen das ge&#x017F;amte men&#x017F;chliche Ge-<lb/>
&#x017F;chlecht. Die Eigenliebe aber, welche der<lb/>
Herr&#x017F;chaft der Liebe gegen den Näch&#x017F;ten ent-<lb/>
gegen &#x017F;tehet, hat da angefangen, als der<lb/>
Men&#x017F;ch von dem HErrn abfiel: denn in wie<lb/>
ferne der Men&#x017F;ch den HErrn nicht liebet und<lb/>
ehret, in &#x017F;o fern liebet und ehret er &#x017F;ich, und<lb/>
um &#x017F;o viel liebet er auch die Welt; darauf<lb/>
haben &#x017F;ich die Völker aus Noth, damit &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;icher wären, mit den Familien und Häu-<lb/>
&#x017F;ern zu&#x017F;ammen gethan, und Regierungen un-<lb/>
ter mancherley Ge&#x017F;talten errichtet: denn um<lb/>
wie viel jene Liebe zugenommen hat, um &#x017F;o<lb/>
viel hat auch allerley Bö&#x017F;es, als Feind&#x017F;chaft,<lb/>
Neid, Haß, Rache, Wuth, Betrug, ge-<lb/>
gen alle, die &#x017F;ich wider&#x017F;ezten, überhand ge-<lb/>
nommen: denn aus dem Eigenen, worinn<lb/>
diejenigen &#x017F;ind, welche in der Eigenliebe &#x017F;ie-<lb/>
hen, ent&#x017F;pringt nichts als lauter bö&#x017F;es, denn<lb/>
das Eigene des Men&#x017F;chen i&#x017F;t nichts als bö&#x017F;e,<lb/>
und das Eigene, weil es bö&#x017F;e i&#x017F;t, nimmt<lb/>
kein gutes aus dem Himmel an; daher i&#x017F;t die<lb/>
Eigenliebe, &#x017F;o lang &#x017F;ie herr&#x017F;chend i&#x017F;t, ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Vater</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0272] Von der fünften Erde weil dieſe Liebe in dem Abſtammen wächſet, wie bekannt iſt, ſo handelt deswegen der Vater eines Volks aus einer viel innerliche- ren Liebe, als der Vater ſelbſt, von wel- chem die Kinder zunächſt herkommen. Eine ſolche Herrſchaft iſt auch in den Himmeln, weil der HErr eine ſolche Herrſchaft hat: denn er führet ſeine Herrſchaft aus göttlicher Liebe gegen das geſamte menſchliche Ge- ſchlecht. Die Eigenliebe aber, welche der Herrſchaft der Liebe gegen den Nächſten ent- gegen ſtehet, hat da angefangen, als der Menſch von dem HErrn abfiel: denn in wie ferne der Menſch den HErrn nicht liebet und ehret, in ſo fern liebet und ehret er ſich, und um ſo viel liebet er auch die Welt; darauf haben ſich die Völker aus Noth, damit ſie ſicher wären, mit den Familien und Häu- ſern zuſammen gethan, und Regierungen un- ter mancherley Geſtalten errichtet: denn um wie viel jene Liebe zugenommen hat, um ſo viel hat auch allerley Böſes, als Feindſchaft, Neid, Haß, Rache, Wuth, Betrug, ge- gen alle, die ſich widerſezten, überhand ge- nommen: denn aus dem Eigenen, worinn diejenigen ſind, welche in der Eigenliebe ſie- hen, entſpringt nichts als lauter böſes, denn das Eigene des Menſchen iſt nichts als böſe, und das Eigene, weil es böſe iſt, nimmt kein gutes aus dem Himmel an; daher iſt die Eigenliebe, ſo lang ſie herrſchend iſt, ein Vater

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/272
Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/272>, abgerufen am 17.05.2024.