Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Viertes Buch. Ein Geist, der so erhaben denket, Durch wohlversorgten Unterricht, Wird sparsam nur der Welt geschenket, Er kömmt mit jedem Frühling nicht; An einem jeden frühen Morgen Für das gemeine Beste sorgen, Es überlegt zu Mitternacht, Heißt bey selbsteigenen Beschwerden Die Tage freylich hier auf Erden Nicht eben ruhig zugebracht. Jedoch auf die vollbrachten Pflichten Erfolgt ein ungemeiner Lohn; Man lebt in künftigen Geschichten, Und bindet sich die eigne Kron, Weil man der Tugend sich beflissen, So macht ein ruhiges Gewissen Uns täglich mit uns selbst vergnügt, Es schenket ein zufrieden Herze, Daß man auch in dem größten Schmerze Des Todes Bitterkeit besiegt. Wie schön! wenn Arme, Witwen, Waysen, Wenn Unschuld, die nicht mehr bedrängt, Den Helfer, den Erretter preisen, Und Liebes-Thränen untermengt? Wie angenehm! bey seinem Scheiden Nicht den geringsten Vorwurf leiden, Den man denn ungeheuchelt giebt, Hingegen von uns hören sagen, Bevor man uns noch weggetragen: Der hat die Tugend recht geliebt. Kommt
Viertes Buch. Ein Geiſt, der ſo erhaben denket, Durch wohlverſorgten Unterricht, Wird ſparſam nur der Welt geſchenket, Er koͤmmt mit jedem Fruͤhling nicht; An einem jeden fruͤhen Morgen Fuͤr das gemeine Beſte ſorgen, Es uͤberlegt zu Mitternacht, Heißt bey ſelbſteigenen Beſchwerden Die Tage freylich hier auf Erden Nicht eben ruhig zugebracht. Jedoch auf die vollbrachten Pflichten Erfolgt ein ungemeiner Lohn; Man lebt in kuͤnftigen Geſchichten, Und bindet ſich die eigne Kron, Weil man der Tugend ſich befliſſen, So macht ein ruhiges Gewiſſen Uns taͤglich mit uns ſelbſt vergnuͤgt, Es ſchenket ein zufrieden Herze, Daß man auch in dem groͤßten Schmerze Des Todes Bitterkeit beſiegt. Wie ſchoͤn! wenn Arme, Witwen, Wayſen, Wenn Unſchuld, die nicht mehr bedraͤngt, Den Helfer, den Erretter preiſen, Und Liebes-Thraͤnen untermengt? Wie angenehm! bey ſeinem Scheiden Nicht den geringſten Vorwurf leiden, Den man denn ungeheuchelt giebt, Hingegen von uns hoͤren ſagen, Bevor man uns noch weggetragen: Der hat die Tugend recht geliebt. Kommt
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0312" n="292"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Viertes Buch.</hi> </fw><lb/> <lg n="2"> <l>Ein Geiſt, der ſo erhaben denket,</l><lb/> <l>Durch wohlverſorgten Unterricht,</l><lb/> <l>Wird ſparſam nur der Welt geſchenket,</l><lb/> <l>Er koͤmmt mit jedem Fruͤhling nicht;</l><lb/> <l>An einem jeden fruͤhen Morgen</l><lb/> <l>Fuͤr das gemeine Beſte ſorgen,</l><lb/> <l>Es uͤberlegt zu Mitternacht,</l><lb/> <l>Heißt bey ſelbſteigenen Beſchwerden</l><lb/> <l>Die Tage freylich hier auf Erden</l><lb/> <l>Nicht eben ruhig zugebracht.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Jedoch auf die vollbrachten Pflichten</l><lb/> <l>Erfolgt ein ungemeiner Lohn;</l><lb/> <l>Man lebt in kuͤnftigen Geſchichten,</l><lb/> <l>Und bindet ſich die eigne Kron,</l><lb/> <l>Weil man der Tugend ſich befliſſen,</l><lb/> <l>So macht ein ruhiges Gewiſſen</l><lb/> <l>Uns taͤglich mit uns ſelbſt vergnuͤgt,</l><lb/> <l>Es ſchenket ein zufrieden Herze,</l><lb/> <l>Daß man auch in dem groͤßten Schmerze</l><lb/> <l>Des Todes Bitterkeit beſiegt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wie ſchoͤn! wenn Arme, Witwen, Wayſen,</l><lb/> <l>Wenn Unſchuld, die nicht mehr bedraͤngt,</l><lb/> <l>Den Helfer, den Erretter preiſen,</l><lb/> <l>Und Liebes-Thraͤnen untermengt?</l><lb/> <l>Wie angenehm! bey ſeinem Scheiden</l><lb/> <l>Nicht den geringſten Vorwurf leiden,</l><lb/> <l>Den man denn ungeheuchelt giebt,</l><lb/> <l>Hingegen von uns hoͤren ſagen,</l><lb/> <l>Bevor man uns noch weggetragen:</l><lb/> <l>Der hat die Tugend recht geliebt.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Kommt</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [292/0312]
Viertes Buch.
Ein Geiſt, der ſo erhaben denket,
Durch wohlverſorgten Unterricht,
Wird ſparſam nur der Welt geſchenket,
Er koͤmmt mit jedem Fruͤhling nicht;
An einem jeden fruͤhen Morgen
Fuͤr das gemeine Beſte ſorgen,
Es uͤberlegt zu Mitternacht,
Heißt bey ſelbſteigenen Beſchwerden
Die Tage freylich hier auf Erden
Nicht eben ruhig zugebracht.
Jedoch auf die vollbrachten Pflichten
Erfolgt ein ungemeiner Lohn;
Man lebt in kuͤnftigen Geſchichten,
Und bindet ſich die eigne Kron,
Weil man der Tugend ſich befliſſen,
So macht ein ruhiges Gewiſſen
Uns taͤglich mit uns ſelbſt vergnuͤgt,
Es ſchenket ein zufrieden Herze,
Daß man auch in dem groͤßten Schmerze
Des Todes Bitterkeit beſiegt.
Wie ſchoͤn! wenn Arme, Witwen, Wayſen,
Wenn Unſchuld, die nicht mehr bedraͤngt,
Den Helfer, den Erretter preiſen,
Und Liebes-Thraͤnen untermengt?
Wie angenehm! bey ſeinem Scheiden
Nicht den geringſten Vorwurf leiden,
Den man denn ungeheuchelt giebt,
Hingegen von uns hoͤren ſagen,
Bevor man uns noch weggetragen:
Der hat die Tugend recht geliebt.
Kommt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |