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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

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Freuden- und Trauer-Oden.
Ach! unser Haupt hat sich geneiget,
Ein recht wahrhaft Orakel schweiget,
Das durch so manchen weisen Rath
Die Klugheit unterstützet hat;
Bewohner hier in unsern Mauren!
Klagt, ja betrübt euch noch so sehr!
Jhr könnet doch nicht gnugsam trauren,
Dergleichen stirbet uns nicht mehr.
Wer will doch sein Verdienst bemerken?
Wer faßt die Zahl von seinen Werken?
Es waren solche Stadt und Land
Vor sechzig Jahren schon bekannt,
Die Wahrheit sitzt bey seinem Grabe,
Sie selbsten klaget ihre Noth,
Und schreyt: was ich geliebet habe,
Mein allerbester Freund ist todt!
Jedoch, sie scheint sich zu besinnen;
Jhr aufgeklärt Gesicht wird innen,
Daß nur allda der Ueberrest
Sich die Verwesung binden lässt,
Hört! ruft sie aus mit vollem Munde,
Und mit ermunterndem Gesicht;
Es heilt schon die geschlagne Wunde,
Warum? die Tugend stirbet nicht.
Mein Bachof lebt! Er ist erhoben,
Und sein verklärter Geist schwebt oben,
Wo über der gestirnten Welt
Die Redlichkeit den Preis erhält,
Was
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Freuden- und Trauer-Oden.
Ach! unſer Haupt hat ſich geneiget,
Ein recht wahrhaft Orakel ſchweiget,
Das durch ſo manchen weiſen Rath
Die Klugheit unterſtuͤtzet hat;
Bewohner hier in unſern Mauren!
Klagt, ja betruͤbt euch noch ſo ſehr!
Jhr koͤnnet doch nicht gnugſam trauren,
Dergleichen ſtirbet uns nicht mehr.
Wer will doch ſein Verdienſt bemerken?
Wer faßt die Zahl von ſeinen Werken?
Es waren ſolche Stadt und Land
Vor ſechzig Jahren ſchon bekannt,
Die Wahrheit ſitzt bey ſeinem Grabe,
Sie ſelbſten klaget ihre Noth,
Und ſchreyt: was ich geliebet habe,
Mein allerbeſter Freund iſt todt!
Jedoch, ſie ſcheint ſich zu beſinnen;
Jhr aufgeklaͤrt Geſicht wird innen,
Daß nur allda der Ueberreſt
Sich die Verweſung binden laͤſſt,
Hoͤrt! ruft ſie aus mit vollem Munde,
Und mit ermunterndem Geſicht;
Es heilt ſchon die geſchlagne Wunde,
Warum? die Tugend ſtirbet nicht.
Mein Bachof lebt! Er iſt erhoben,
Und ſein verklaͤrter Geiſt ſchwebt oben,
Wo uͤber der geſtirnten Welt
Die Redlichkeit den Preis erhaͤlt,
Was
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[289/0309] Freuden- und Trauer-Oden. Ach! unſer Haupt hat ſich geneiget, Ein recht wahrhaft Orakel ſchweiget, Das durch ſo manchen weiſen Rath Die Klugheit unterſtuͤtzet hat; Bewohner hier in unſern Mauren! Klagt, ja betruͤbt euch noch ſo ſehr! Jhr koͤnnet doch nicht gnugſam trauren, Dergleichen ſtirbet uns nicht mehr. Wer will doch ſein Verdienſt bemerken? Wer faßt die Zahl von ſeinen Werken? Es waren ſolche Stadt und Land Vor ſechzig Jahren ſchon bekannt, Die Wahrheit ſitzt bey ſeinem Grabe, Sie ſelbſten klaget ihre Noth, Und ſchreyt: was ich geliebet habe, Mein allerbeſter Freund iſt todt! Jedoch, ſie ſcheint ſich zu beſinnen; Jhr aufgeklaͤrt Geſicht wird innen, Daß nur allda der Ueberreſt Sich die Verweſung binden laͤſſt, Hoͤrt! ruft ſie aus mit vollem Munde, Und mit ermunterndem Geſicht; Es heilt ſchon die geſchlagne Wunde, Warum? die Tugend ſtirbet nicht. Mein Bachof lebt! Er iſt erhoben, Und ſein verklaͤrter Geiſt ſchwebt oben, Wo uͤber der geſtirnten Welt Die Redlichkeit den Preis erhaͤlt, Was T

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Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/309>, abgerufen am 07.05.2024.