Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

Freuden- und Trauer-Oden.

Des Todes Hand hat sie getroffen!
Und heut ist ihr Erblassungs-Tag,
Woran ich kaum gedenken mag!

Jst der Verlust wohl auszustehen?
Jch sah sie, von mir abgewand,
Wohl wissend wie? in fremder Hand,
Nun soll ich sie gar nicht mehr sehen!
Verlust! der mir gedoppelt wird:
Sie stirbt! und ist mir auch entführt!
Ach Christiane! holde Seele!
Du mir noch in dem Grabe werth!
Sieh, wie von Harm und Leid verzehrt
Jch mich bey deinem Sterben qväle!
Der nun erst zu erkennen giebt,
Daß er dich bis im Tod geliebt!
O Nachwelt! sollten meine Lieder
Noch deiner Zukunft würdig seyn,
So ist ihr Nutz gewiß nicht klein,
Sie schaffen Christianen wieder,
Und stellen dir ein Muster dar,
Das unsern Zeiten eigen war.
Steigt denn in deinen güldnen Tagen
Der Werth der deutschen Poesie,
Gut! wahre Tugend altert nie,
Jch will sie dir entgegen tragen,
An Schönheit ist sie immer reich,
Und meiner Christiane gleich.
Jhr
S

Freuden- und Trauer-Oden.

Des Todes Hand hat ſie getroffen!
Und heut iſt ihr Erblaſſungs-Tag,
Woran ich kaum gedenken mag!

Jſt der Verluſt wohl auszuſtehen?
Jch ſah ſie, von mir abgewand,
Wohl wiſſend wie? in fremder Hand,
Nun ſoll ich ſie gar nicht mehr ſehen!
Verluſt! der mir gedoppelt wird:
Sie ſtirbt! und iſt mir auch entfuͤhrt!
Ach Chriſtiane! holde Seele!
Du mir noch in dem Grabe werth!
Sieh, wie von Harm und Leid verzehrt
Jch mich bey deinem Sterben qvaͤle!
Der nun erſt zu erkennen giebt,
Daß er dich bis im Tod geliebt!
O Nachwelt! ſollten meine Lieder
Noch deiner Zukunft wuͤrdig ſeyn,
So iſt ihr Nutz gewiß nicht klein,
Sie ſchaffen Chriſtianen wieder,
Und ſtellen dir ein Muſter dar,
Das unſern Zeiten eigen war.
Steigt denn in deinen guͤldnen Tagen
Der Werth der deutſchen Poeſie,
Gut! wahre Tugend altert nie,
Jch will ſie dir entgegen tragen,
An Schoͤnheit iſt ſie immer reich,
Und meiner Chriſtiane gleich.
Jhr
S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="4">
              <l>
                <pb facs="#f0293" n="273"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Freuden- und Trauer-Oden.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>Des Todes Hand hat &#x017F;ie getroffen!</l><lb/>
              <l>Und heut i&#x017F;t ihr Erbla&#x017F;&#x017F;ungs-Tag,</l><lb/>
              <l>Woran ich kaum gedenken mag!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>J&#x017F;t der Verlu&#x017F;t wohl auszu&#x017F;tehen?</l><lb/>
              <l>Jch &#x017F;ah &#x017F;ie, von mir abgewand,</l><lb/>
              <l>Wohl wi&#x017F;&#x017F;end wie? in fremder Hand,</l><lb/>
              <l>Nun &#x017F;oll ich &#x017F;ie gar nicht mehr &#x017F;ehen!</l><lb/>
              <l>Verlu&#x017F;t! der mir gedoppelt wird:</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;tirbt! und i&#x017F;t mir auch entfu&#x0364;hrt!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Ach Chri&#x017F;tiane! holde Seele!</l><lb/>
              <l>Du mir noch in dem Grabe werth!</l><lb/>
              <l>Sieh, wie von Harm und Leid verzehrt</l><lb/>
              <l>Jch mich bey deinem Sterben qva&#x0364;le!</l><lb/>
              <l>Der nun er&#x017F;t zu erkennen giebt,</l><lb/>
              <l>Daß er dich bis im Tod geliebt!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>O Nachwelt! &#x017F;ollten meine Lieder</l><lb/>
              <l>Noch deiner Zukunft wu&#x0364;rdig &#x017F;eyn,</l><lb/>
              <l>So i&#x017F;t ihr Nutz gewiß nicht klein,</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;chaffen Chri&#x017F;tianen wieder,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;tellen dir ein Mu&#x017F;ter dar,</l><lb/>
              <l>Das un&#x017F;ern Zeiten eigen war.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Steigt denn in deinen gu&#x0364;ldnen Tagen</l><lb/>
              <l>Der Werth der deut&#x017F;chen Poe&#x017F;ie,</l><lb/>
              <l>Gut! wahre Tugend altert nie,</l><lb/>
              <l>Jch will &#x017F;ie dir entgegen tragen,</l><lb/>
              <l>An Scho&#x0364;nheit i&#x017F;t &#x017F;ie immer reich,</l><lb/>
              <l>Und meiner Chri&#x017F;tiane gleich.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">S</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Jhr</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0293] Freuden- und Trauer-Oden. Des Todes Hand hat ſie getroffen! Und heut iſt ihr Erblaſſungs-Tag, Woran ich kaum gedenken mag! Jſt der Verluſt wohl auszuſtehen? Jch ſah ſie, von mir abgewand, Wohl wiſſend wie? in fremder Hand, Nun ſoll ich ſie gar nicht mehr ſehen! Verluſt! der mir gedoppelt wird: Sie ſtirbt! und iſt mir auch entfuͤhrt! Ach Chriſtiane! holde Seele! Du mir noch in dem Grabe werth! Sieh, wie von Harm und Leid verzehrt Jch mich bey deinem Sterben qvaͤle! Der nun erſt zu erkennen giebt, Daß er dich bis im Tod geliebt! O Nachwelt! ſollten meine Lieder Noch deiner Zukunft wuͤrdig ſeyn, So iſt ihr Nutz gewiß nicht klein, Sie ſchaffen Chriſtianen wieder, Und ſtellen dir ein Muſter dar, Das unſern Zeiten eigen war. Steigt denn in deinen guͤldnen Tagen Der Werth der deutſchen Poeſie, Gut! wahre Tugend altert nie, Jch will ſie dir entgegen tragen, An Schoͤnheit iſt ſie immer reich, Und meiner Chriſtiane gleich. Jhr S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/293
Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/293>, abgerufen am 07.05.2024.