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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

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Freuden- und Trauer-Oden.
Umsonst! die frechen Spötter lachen,
Jhr Aberwitz verhöhnt dich noch;
Wirst du nun bald ein Ende machen?
Die Wasserfluthen schwellen hoch,
Der Himmel regnet ihr Verderben,
Hört! Stürme brausen: ihr müßt sterben!
Wie Berge wälzt es auf sie her,
Nun ziehen sie den letzten Oden,
Wie Steine sinken sie zu Boden,
Gerechter GOtt! sie sind nicht mehr!
Die Weisheit seh ich nur noch walten,
Der Dichtkunst erste Pflegerin,
Sich ein Geschlechte zu erhalten
Für ihre Tochter zum Gewinn;
Es schwebt auf ungewissen Spuren,
Auf nimmermehr erkannten Fluhren,
Auf einer gränzenlosen Bahn,
Sie schweben, durch der Vorsicht Leiten,
Da ist kein Ufer zu beschreiten,
Denn um und um ist Ocean.
GOtt winkt! gleich wehen seine Winde,
Er droht! und die Gewässer fliehn:
Schon sieht man aufgesperrte Schlünde,
Die Ströme wieder in sich ziehn;
Der Erdenkugel Oberfläche
Wird sichtbar, und nun fliessen Bäche
Jn langen Ufern durch ihr Land;
Es sehen sich die weiten Meere
Jm vorigen Besitz der Ehre,
Denn sie bekommen ihren Strand.
Das
R
Freuden- und Trauer-Oden.
Umſonſt! die frechen Spoͤtter lachen,
Jhr Aberwitz verhoͤhnt dich noch;
Wirſt du nun bald ein Ende machen?
Die Waſſerfluthen ſchwellen hoch,
Der Himmel regnet ihr Verderben,
Hoͤrt! Stuͤrme brauſen: ihr muͤßt ſterben!
Wie Berge waͤlzt es auf ſie her,
Nun ziehen ſie den letzten Oden,
Wie Steine ſinken ſie zu Boden,
Gerechter GOtt! ſie ſind nicht mehr!
Die Weisheit ſeh ich nur noch walten,
Der Dichtkunſt erſte Pflegerin,
Sich ein Geſchlechte zu erhalten
Fuͤr ihre Tochter zum Gewinn;
Es ſchwebt auf ungewiſſen Spuren,
Auf nimmermehr erkannten Fluhren,
Auf einer graͤnzenloſen Bahn,
Sie ſchweben, durch der Vorſicht Leiten,
Da iſt kein Ufer zu beſchreiten,
Denn um und um iſt Ocean.
GOtt winkt! gleich wehen ſeine Winde,
Er droht! und die Gewaͤſſer fliehn:
Schon ſieht man aufgeſperrte Schluͤnde,
Die Stroͤme wieder in ſich ziehn;
Der Erdenkugel Oberflaͤche
Wird ſichtbar, und nun flieſſen Baͤche
Jn langen Ufern durch ihr Land;
Es ſehen ſich die weiten Meere
Jm vorigen Beſitz der Ehre,
Denn ſie bekommen ihren Strand.
Das
R
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[257/0277] Freuden- und Trauer-Oden. Umſonſt! die frechen Spoͤtter lachen, Jhr Aberwitz verhoͤhnt dich noch; Wirſt du nun bald ein Ende machen? Die Waſſerfluthen ſchwellen hoch, Der Himmel regnet ihr Verderben, Hoͤrt! Stuͤrme brauſen: ihr muͤßt ſterben! Wie Berge waͤlzt es auf ſie her, Nun ziehen ſie den letzten Oden, Wie Steine ſinken ſie zu Boden, Gerechter GOtt! ſie ſind nicht mehr! Die Weisheit ſeh ich nur noch walten, Der Dichtkunſt erſte Pflegerin, Sich ein Geſchlechte zu erhalten Fuͤr ihre Tochter zum Gewinn; Es ſchwebt auf ungewiſſen Spuren, Auf nimmermehr erkannten Fluhren, Auf einer graͤnzenloſen Bahn, Sie ſchweben, durch der Vorſicht Leiten, Da iſt kein Ufer zu beſchreiten, Denn um und um iſt Ocean. GOtt winkt! gleich wehen ſeine Winde, Er droht! und die Gewaͤſſer fliehn: Schon ſieht man aufgeſperrte Schluͤnde, Die Stroͤme wieder in ſich ziehn; Der Erdenkugel Oberflaͤche Wird ſichtbar, und nun flieſſen Baͤche Jn langen Ufern durch ihr Land; Es ſehen ſich die weiten Meere Jm vorigen Beſitz der Ehre, Denn ſie bekommen ihren Strand. Das R

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Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/277>, abgerufen am 08.05.2024.