faßlich sind. Von dieser Art sind folgende von Grauns Erfindung:
[Tabelle]
deren Anfangsbuchstaben die zwey Buchstaben es zugefüget werden, wenn die Note durch ein x um einen halben Ton erhöhet wird, nämlich: des, mes, nes &c. und as, wenn sie durch ein b um einen hal- ben Ton erniedriget wird, das, mas, nas &c. Herr Hiller hat in einer vor kurzer Zeit herausgegebenen Anleitung zum musikalisch-richtigen Gesange von dieser sogenannten Damenisation Gebrauch gemacht; aber er nihmt wieder die Absicht des Erfinders der- selben, die blos statt der gewöhnlichen Benennung der Töne eine leichtere und zum Singen bequemere Sylbeneinführung zum Grunde hatte, wovon da allezeit c, me allezeit d, ni allezeit e u. s. w. be- zeichnen sollte (*), mit diesen Sylben Mutationen, nach Art der Aretinischen Solmisation (**) vor, wodurch dem angehenden Sänger die Schwierig- keit, die Jntervallen treffen zu lernen, doch gewiß vergrößert wird, weil seine Aufmerksamkeit von den Jntervallen abgezogen und auf die Mutation der Sylben gerichtet, wenigstens dadurch gethei- let wird.
Die Hauptabsicht des Solfeggirens, es geschehe nun auf welche Art es wolle, ist treffen zu lernen. Jch kann hier nicht umhin, kürzlich einer Methode zu erwähnen, die mir vor allen andern die bequäme- ste scheinet, um diese Absicht bey angehenden Sängern glüklich und geschwind zu erreichen. Nachdem die No- ten und die auf- und absteigende C dur und A moll Ton- leiter nach der gewöhnlichen Benennung der Töne ge- faßt sind, mache man dem Schüler einen Begriff von der Transposition dieser Tonleitern in andere Ton- arten, und der daher entstehenden Nothwendigkeit der Vorzeichnungen. Darauf wird der auf- und absteigende Dreyklang eines jeden Moll- und Dur- tones, der dem Gesange nach sehr leicht zu lernen ist, gesungen, und der Schüler auf die in jedem Dreyklang enthaltenen Jntervalle aufmerksam ge- macht. Jn der Tonleiter und dem Dreyklang sind fast alle Jntervallen einer Tonart enthalten. Kleine Exempel, wo diese Jntervallen um einen halben Ton erhöhet oder erniedriget vorkommen, üben den Schüler in den übrigen Jntervallen. Jede Lection wird endlich mit kleinen Singstüken über Worte un- [Spaltenumbruch]
Sol
termischt, damit der Schüler sogleich gewohnt wer- de, von der einförmigen Benennung der Töne zu abstrahiren. Diese Methode empfiehlt sich durch ihre Einförmigkeit und Gründlichkeit; auch währt es nicht lange, daß nicht jeder aufmerksame Schü- ler, der nur einiges Talent zum Singen hat, in mäßiger Bewegung alles vom Blatt treffen könnte.
Die Transposition der Tonarten ist allerdings das schweereste in der Singkunst. Mancher Sän- ger singt in C dur alles vom Blatt, und würde in H dur unsicher treffen, weil er mit dieser Ton- art nicht bekannt genug ist; und doch singt er ein ihm bekanntes Singstük in jeder Tonart mit gleicher Leichtigkeit. Diese Schwierigkeit könnte leicht ge- hoben werden, wenn die Singcomponisten sich ge- fallen lassen wollten, die Singstimme eines Stüks, es gehe aus welchem Ton es wolle, nach Art der Waldhörnerstimmen allezeit in C dur, oder wäre es eine Molltonart, in A moll zu transponiren. Allen- falls könnte noch ein Schlüssel zu Hülfe genommen werden, um die zu vielen Nebenlinien unter und über dem Notensystem zu vermeiden. Der Sänger würde alsdann nur zwey Tonarten und zwey Schlüs- sel sich bekannt machen dürfen, statt daß er, nach der gewöhnlichen Art zu schreiben, sich in zwölf har- ten und zwölf weichen Tonarten festsezen muß, wo- von die mehresten ihm das Solfeggiren so sauer ma- chen, daß ihm oft die Lust vergeht, treffen zu ler- nen, ob er gleich der Kunst zu singen nicht entsagt. Daher sind so viele Sänger von Profeßion, die zur Schande der Kunst und der großmüthigen Beloh- nung oft nicht eine Terz vom Blatt zu singen im Stande sind.
Singstüke ohne Worte, die blos zum Solfeggiren gemacht, und zur Uebung der Singstimme und des Treffens dienen, werden Solfeggi genennet.
Solmisation. (Musik.)
Unter dieser Benennung verstehet man die Metho- de, nach den sechs Aretinischen Sylben ut re mi fa sol la zu solfeggiren.
Guido von Arezzo ein eifriger Reformator der Musik seiner Zeit, führte im Anfang des eilften Jahrhunderts ein System von zwey und zwanzig diatonischen Tönen, nämlich von unserm großen G angerechnet bis ins zweygestrichene en, unter denen
doch
(*) S. Marpurgs Singkunst. S. 41. 42.
(**) S. den folg. Art.
[Spaltenumbruch]
Sol
faßlich ſind. Von dieſer Art ſind folgende von Grauns Erfindung:
[Tabelle]
deren Anfangsbuchſtaben die zwey Buchſtaben es zugefuͤget werden, wenn die Note durch ein x um einen halben Ton erhoͤhet wird, naͤmlich: des, mes, nes &c. und as, wenn ſie durch ein b um einen hal- ben Ton erniedriget wird, das, mas, nas &c. Herr Hiller hat in einer vor kurzer Zeit herausgegebenen Anleitung zum muſikaliſch-richtigen Geſange von dieſer ſogenannten Dameniſation Gebrauch gemacht; aber er nihmt wieder die Abſicht des Erfinders der- ſelben, die blos ſtatt der gewoͤhnlichen Benennung der Toͤne eine leichtere und zum Singen bequemere Sylbeneinfuͤhrung zum Grunde hatte, wovon da allezeit c, me allezeit d, ni allezeit e u. ſ. w. be- zeichnen ſollte (*), mit dieſen Sylben Mutationen, nach Art der Aretiniſchen Solmiſation (**) vor, wodurch dem angehenden Saͤnger die Schwierig- keit, die Jntervallen treffen zu lernen, doch gewiß vergroͤßert wird, weil ſeine Aufmerkſamkeit von den Jntervallen abgezogen und auf die Mutation der Sylben gerichtet, wenigſtens dadurch gethei- let wird.
Die Hauptabſicht des Solfeggirens, es geſchehe nun auf welche Art es wolle, iſt treffen zu lernen. Jch kann hier nicht umhin, kuͤrzlich einer Methode zu erwaͤhnen, die mir vor allen andern die bequaͤme- ſte ſcheinet, um dieſe Abſicht bey angehenden Saͤngern gluͤklich und geſchwind zu erreichen. Nachdem die No- ten und die auf- und abſteigende C dur und A moll Ton- leiter nach der gewoͤhnlichen Benennung der Toͤne ge- faßt ſind, mache man dem Schuͤler einen Begriff von der Transpoſition dieſer Tonleitern in andere Ton- arten, und der daher entſtehenden Nothwendigkeit der Vorzeichnungen. Darauf wird der auf- und abſteigende Dreyklang eines jeden Moll- und Dur- tones, der dem Geſange nach ſehr leicht zu lernen iſt, geſungen, und der Schuͤler auf die in jedem Dreyklang enthaltenen Jntervalle aufmerkſam ge- macht. Jn der Tonleiter und dem Dreyklang ſind faſt alle Jntervallen einer Tonart enthalten. Kleine Exempel, wo dieſe Jntervallen um einen halben Ton erhoͤhet oder erniedriget vorkommen, uͤben den Schuͤler in den uͤbrigen Jntervallen. Jede Lection wird endlich mit kleinen Singſtuͤken uͤber Worte un- [Spaltenumbruch]
Sol
termiſcht, damit der Schuͤler ſogleich gewohnt wer- de, von der einfoͤrmigen Benennung der Toͤne zu abſtrahiren. Dieſe Methode empfiehlt ſich durch ihre Einfoͤrmigkeit und Gruͤndlichkeit; auch waͤhrt es nicht lange, daß nicht jeder aufmerkſame Schuͤ- ler, der nur einiges Talent zum Singen hat, in maͤßiger Bewegung alles vom Blatt treffen koͤnnte.
Die Transpoſition der Tonarten iſt allerdings das ſchweereſte in der Singkunſt. Mancher Saͤn- ger ſingt in C dur alles vom Blatt, und wuͤrde in H dur unſicher treffen, weil er mit dieſer Ton- art nicht bekannt genug iſt; und doch ſingt er ein ihm bekanntes Singſtuͤk in jeder Tonart mit gleicher Leichtigkeit. Dieſe Schwierigkeit koͤnnte leicht ge- hoben werden, wenn die Singcomponiſten ſich ge- fallen laſſen wollten, die Singſtimme eines Stuͤks, es gehe aus welchem Ton es wolle, nach Art der Waldhoͤrnerſtimmen allezeit in C dur, oder waͤre es eine Molltonart, in A moll zu transponiren. Allen- falls koͤnnte noch ein Schluͤſſel zu Huͤlfe genommen werden, um die zu vielen Nebenlinien unter und uͤber dem Notenſyſtem zu vermeiden. Der Saͤnger wuͤrde alsdann nur zwey Tonarten und zwey Schluͤſ- ſel ſich bekannt machen duͤrfen, ſtatt daß er, nach der gewoͤhnlichen Art zu ſchreiben, ſich in zwoͤlf har- ten und zwoͤlf weichen Tonarten feſtſezen muß, wo- von die mehreſten ihm das Solfeggiren ſo ſauer ma- chen, daß ihm oft die Luſt vergeht, treffen zu ler- nen, ob er gleich der Kunſt zu ſingen nicht entſagt. Daher ſind ſo viele Saͤnger von Profeßion, die zur Schande der Kunſt und der großmuͤthigen Beloh- nung oft nicht eine Terz vom Blatt zu ſingen im Stande ſind.
Singſtuͤke ohne Worte, die blos zum Solfeggiren gemacht, und zur Uebung der Singſtimme und des Treffens dienen, werden Solfeggi genennet.
Solmiſation. (Muſik.)
Unter dieſer Benennung verſtehet man die Metho- de, nach den ſechs Aretiniſchen Sylben ut re mi fa ſol la zu ſolfeggiren.
Guido von Arezzo ein eifriger Reformator der Muſik ſeiner Zeit, fuͤhrte im Anfang des eilften Jahrhunderts ein Syſtem von zwey und zwanzig diatoniſchen Toͤnen, naͤmlich von unſerm großen G angerechnet bis ins zweygeſtrichene ē, unter denen
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(*) S. Marpurgs Singkunſt. S. 41. 42.
(**) S. den folg. Art.
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[1092[1074]/0521]
Sol
Sol
faßlich ſind. Von dieſer Art ſind folgende von
Grauns Erfindung:
deren Anfangsbuchſtaben die zwey Buchſtaben es
zugefuͤget werden, wenn die Note durch ein x um
einen halben Ton erhoͤhet wird, naͤmlich: des, mes,
nes &c. und as, wenn ſie durch ein b um einen hal-
ben Ton erniedriget wird, das, mas, nas &c. Herr
Hiller hat in einer vor kurzer Zeit herausgegebenen
Anleitung zum muſikaliſch-richtigen Geſange von
dieſer ſogenannten Dameniſation Gebrauch gemacht;
aber er nihmt wieder die Abſicht des Erfinders der-
ſelben, die blos ſtatt der gewoͤhnlichen Benennung
der Toͤne eine leichtere und zum Singen bequemere
Sylbeneinfuͤhrung zum Grunde hatte, wovon da
allezeit c, me allezeit d, ni allezeit e u. ſ. w. be-
zeichnen ſollte (*), mit dieſen Sylben Mutationen,
nach Art der Aretiniſchen Solmiſation (**) vor,
wodurch dem angehenden Saͤnger die Schwierig-
keit, die Jntervallen treffen zu lernen, doch gewiß
vergroͤßert wird, weil ſeine Aufmerkſamkeit von
den Jntervallen abgezogen und auf die Mutation
der Sylben gerichtet, wenigſtens dadurch gethei-
let wird.
Die Hauptabſicht des Solfeggirens, es geſchehe
nun auf welche Art es wolle, iſt treffen zu lernen.
Jch kann hier nicht umhin, kuͤrzlich einer Methode
zu erwaͤhnen, die mir vor allen andern die bequaͤme-
ſte ſcheinet, um dieſe Abſicht bey angehenden Saͤngern
gluͤklich und geſchwind zu erreichen. Nachdem die No-
ten und die auf- und abſteigende C dur und A moll Ton-
leiter nach der gewoͤhnlichen Benennung der Toͤne ge-
faßt ſind, mache man dem Schuͤler einen Begriff von
der Transpoſition dieſer Tonleitern in andere Ton-
arten, und der daher entſtehenden Nothwendigkeit
der Vorzeichnungen. Darauf wird der auf- und
abſteigende Dreyklang eines jeden Moll- und Dur-
tones, der dem Geſange nach ſehr leicht zu lernen
iſt, geſungen, und der Schuͤler auf die in jedem
Dreyklang enthaltenen Jntervalle aufmerkſam ge-
macht. Jn der Tonleiter und dem Dreyklang ſind
faſt alle Jntervallen einer Tonart enthalten. Kleine
Exempel, wo dieſe Jntervallen um einen halben
Ton erhoͤhet oder erniedriget vorkommen, uͤben den
Schuͤler in den uͤbrigen Jntervallen. Jede Lection
wird endlich mit kleinen Singſtuͤken uͤber Worte un-
termiſcht, damit der Schuͤler ſogleich gewohnt wer-
de, von der einfoͤrmigen Benennung der Toͤne zu
abſtrahiren. Dieſe Methode empfiehlt ſich durch
ihre Einfoͤrmigkeit und Gruͤndlichkeit; auch waͤhrt
es nicht lange, daß nicht jeder aufmerkſame Schuͤ-
ler, der nur einiges Talent zum Singen hat, in
maͤßiger Bewegung alles vom Blatt treffen koͤnnte.
Die Transpoſition der Tonarten iſt allerdings
das ſchweereſte in der Singkunſt. Mancher Saͤn-
ger ſingt in C dur alles vom Blatt, und wuͤrde in
H dur unſicher treffen, weil er mit dieſer Ton-
art nicht bekannt genug iſt; und doch ſingt er ein
ihm bekanntes Singſtuͤk in jeder Tonart mit gleicher
Leichtigkeit. Dieſe Schwierigkeit koͤnnte leicht ge-
hoben werden, wenn die Singcomponiſten ſich ge-
fallen laſſen wollten, die Singſtimme eines Stuͤks,
es gehe aus welchem Ton es wolle, nach Art der
Waldhoͤrnerſtimmen allezeit in C dur, oder waͤre es
eine Molltonart, in A moll zu transponiren. Allen-
falls koͤnnte noch ein Schluͤſſel zu Huͤlfe genommen
werden, um die zu vielen Nebenlinien unter und
uͤber dem Notenſyſtem zu vermeiden. Der Saͤnger
wuͤrde alsdann nur zwey Tonarten und zwey Schluͤſ-
ſel ſich bekannt machen duͤrfen, ſtatt daß er, nach
der gewoͤhnlichen Art zu ſchreiben, ſich in zwoͤlf har-
ten und zwoͤlf weichen Tonarten feſtſezen muß, wo-
von die mehreſten ihm das Solfeggiren ſo ſauer ma-
chen, daß ihm oft die Luſt vergeht, treffen zu ler-
nen, ob er gleich der Kunſt zu ſingen nicht entſagt.
Daher ſind ſo viele Saͤnger von Profeßion, die zur
Schande der Kunſt und der großmuͤthigen Beloh-
nung oft nicht eine Terz vom Blatt zu ſingen im
Stande ſind.
Singſtuͤke ohne Worte, die blos zum Solfeggiren
gemacht, und zur Uebung der Singſtimme und des
Treffens dienen, werden Solfeggi genennet.
Solmiſation.
(Muſik.)
Unter dieſer Benennung verſtehet man die Metho-
de, nach den ſechs Aretiniſchen Sylben ut re mi fa
ſol la zu ſolfeggiren.
Guido von Arezzo ein eifriger Reformator der
Muſik ſeiner Zeit, fuͤhrte im Anfang des eilften
Jahrhunderts ein Syſtem von zwey und zwanzig
diatoniſchen Toͤnen, naͤmlich von unſerm großen G
angerechnet bis ins zweygeſtrichene ē, unter denen
doch
(*) S.
Marpurgs
Singkunſt.
S. 41. 42.
(**) S.
den folg.
Art.
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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 1092[1074]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/521>, abgerufen am 24.11.2024.
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