Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch]

Per
c g so abschneiden, daß sie perspektivisch so groß ist,
als c e würklich ist.

Man merke hier den Umstand an, daß auf der
Scale der Tangenten, P h immer halb so viel Gra-
de anzeigen wird, als der gegebene Winkel e c g hat.
Dieses zu begreifen ziehe man die Linie P c. So ist
Winkel P c b von 90 Graden. Nun sind die bey-
den gleichen Winkel c g e und c e g; zusammen zwey-
mahl neunzig Grade, weniger die Grade des Win-
kels g c e: das ist, jeder ist neunzig Grade weniger
die Hälfte dieses Winkels g c e. Woraus erhellet,
daß P h halb so viel Grade haben müsse, als der
Winkel g c e.

Hieraus läßt sich nun eine allgemeine Methode
angeben, das Maaß einer jeden auf dem Gemählde
gegebenen Linie zu bestimmen.

Die gegebene Linie sey c g. Man verlängere sie
bis an die Horizontallinie C D, wo sie den 60 Grad
durchschneidet. Hieraus erhellet, daß ihr Abwei-
chungswinkel b c g 30 Grade sey. Man nehme da-
von die Hälfte, oder 15 Grade von P nach h, und
ziehe aus dem Punkt h durch g und c die Linie h g e
und h c, (oder wenn der Maaßstab nur auf A B ist,
h g B und h c i); so ist c e, oder i B, daß Maaß
der Linie c g.

Eben daher kann man auch von einer auf der
Zeichnung gegebenen Linie einen Theil von beliebi-
ger perspektivischen Größe abschneiden. Wenn man
von der Linie c k, ein Stük c g von beliebiger Länge
abschneiden wollte, so müßte man die Linie, bis an
den Horizont verlängern. Träfe sie wie hier in den
60 Grad, so sähe man daraus, daß ihre Abwei-
chung b c g 30 Grade sey. Wenn man also die
Hälfte davon von P nach h trüge, und aus h erst-
lich die Linie h c i zöge, so dürfte man nuc von c
oder i, nach e oder B, so viel Fuß und Zoll auf dem
Maaßstab abzeichnen, als die Linie c g haben soll,
und denn aus h durch e oder B die Linie h e B zie-
hen, um die Linie c g von verlangter Größe zu
machen.

Was hier von Ausmessung der auf dem Grunde
liegenden Linien gesagt wird, kann sehr leicht auch
[Spaltenumbruch]

Per
auf die in die Höhe stehenden angewendet werden.
Wenn man z. E. aus einem Punkt der Linie n l eine
in die Höhe stehende Linie l m von einer gegebenen
Höhe ziehen wollte, so richtet man von dem Punkt n
nach dem auf A B verzeichneten Maaße die Perpen-
dicularlinie n o von besagter Größe auf und zieht
p o m so, daß sie mit n l in denselben Punkt des Ho-
rizonts trift; so hat l m die Höhe der Linie n o.

Jn diesen wenigen Säzen ist eigentlich schon die
ganze Perspektiv enthalten; ausgenommen die beson-
dern Fälle, wo die Tafel weder auf der Grundfläche,
noch auf der Linie des Auges perpendicular ist; da
denn noch besondere Betrachtungen hinzukommen
müssen, in die wir uns hier nicht einlassen können.
Denn hat Hr. Lambert auch verschiedene sehr wol
ausgedachte Vortheile angezeiget, wie man sich die
Auflösung der hier angeführten Fundamentalaufga-
ben durch mechanisches Verfahren sehr erleichtern
könne. Daher wir jedem Zeichner und Liebhaber
empfehlen sich die Mühe nicht verdrießen zu lassen,
sowol dessen Perspektiv, als die nachher von ihm
herausgegebene Beschreibung eines perspektivischen
Proportionalzirkels (*) mit Fleiß zu studiren; weil
er gewiß beträchtliche Erleichterung der perspektivi-
schen Kenntnisse dadurch erhalten wird. (+)

Jch habe mich hier deswegen in eine ziemlich um-
ständliche Entwiklung der Lambertschen Methode ein-
gelassen, weil eine blos mechanische Kenntnis einer
Regel, wonach die Zeichner, wenn sie ja noch me-
thodisch verfahren, und nicht blos auf Gerathewol
arbeiten, die Perspektiv beobachten, keine hinläng-
liche Kenntnis zur Beurtheilung der Zeichnungen
an die Hand giebt. Diese bekommt man aber, nach-
dem man sich die Mühe gegeben, das von uns hier
angeführte, sich genau bekannt zu machen.

Jch will deswegen die Anwendung der Theorie
auf die Beurtheilung der Zeichnungen, noch in einem
besondern Beyspiehl zeigen, nachdem ich vorher de-
nen zu gefallen, die sich mit blos mechanischem Ver-
fahren behelfen, eine leichte Methode, aus dem Grund-
riß einen perspektivischen Riß zu machen, hier werde
angeführt haben.

Man
(*) Augs-
purg 1769.
800.
(+) [Spaltenumbruch]
Jndem ich diesen Artikel der Preß übergebe, er-
halte ich eine zweyte Ausgabe der freyen Perspektiv,
die in Zürich bey Orell, Geßner und Comp. unter der
Jahrzahl 1774 gedrukt ist. Darin sind nicht nur be-
[Spaltenumbruch] trächtliche Anmerkungen über seine Methode, sondern auch
verschiedene sehr leichte Methoden angegeben, wie eine per-
spektivische Zeichnung, aus einem vorhandenen Grundriß
zu machen sey.
S s s s s 3

[Spaltenumbruch]

Per
c g ſo abſchneiden, daß ſie perſpektiviſch ſo groß iſt,
als c e wuͤrklich iſt.

Man merke hier den Umſtand an, daß auf der
Scale der Tangenten, P h immer halb ſo viel Gra-
de anzeigen wird, als der gegebene Winkel e c g hat.
Dieſes zu begreifen ziehe man die Linie P c. So iſt
Winkel P c b von 90 Graden. Nun ſind die bey-
den gleichen Winkel c g e und c e g; zuſammen zwey-
mahl neunzig Grade, weniger die Grade des Win-
kels g c e: das iſt, jeder iſt neunzig Grade weniger
die Haͤlfte dieſes Winkels g c e. Woraus erhellet,
daß P h halb ſo viel Grade haben muͤſſe, als der
Winkel g c e.

Hieraus laͤßt ſich nun eine allgemeine Methode
angeben, das Maaß einer jeden auf dem Gemaͤhlde
gegebenen Linie zu beſtimmen.

Die gegebene Linie ſey c g. Man verlaͤngere ſie
bis an die Horizontallinie C D, wo ſie den 60 Grad
durchſchneidet. Hieraus erhellet, daß ihr Abwei-
chungswinkel b c g 30 Grade ſey. Man nehme da-
von die Haͤlfte, oder 15 Grade von P nach h, und
ziehe aus dem Punkt h durch g und c die Linie h g e
und h c, (oder wenn der Maaßſtab nur auf A B iſt,
h g B und h c i); ſo iſt c e, oder i B, daß Maaß
der Linie c g.

Eben daher kann man auch von einer auf der
Zeichnung gegebenen Linie einen Theil von beliebi-
ger perſpektiviſchen Groͤße abſchneiden. Wenn man
von der Linie c k, ein Stuͤk c g von beliebiger Laͤnge
abſchneiden wollte, ſo muͤßte man die Linie, bis an
den Horizont verlaͤngern. Traͤfe ſie wie hier in den
60 Grad, ſo ſaͤhe man daraus, daß ihre Abwei-
chung b c g 30 Grade ſey. Wenn man alſo die
Haͤlfte davon von P nach h truͤge, und aus h erſt-
lich die Linie h c i zoͤge, ſo duͤrfte man nuc von c
oder i, nach e oder B, ſo viel Fuß und Zoll auf dem
Maaßſtab abzeichnen, als die Linie c g haben ſoll,
und denn aus h durch e oder B die Linie h e B zie-
hen, um die Linie c g von verlangter Groͤße zu
machen.

Was hier von Ausmeſſung der auf dem Grunde
liegenden Linien geſagt wird, kann ſehr leicht auch
[Spaltenumbruch]

Per
auf die in die Hoͤhe ſtehenden angewendet werden.
Wenn man z. E. aus einem Punkt der Linie n l eine
in die Hoͤhe ſtehende Linie l m von einer gegebenen
Hoͤhe ziehen wollte, ſo richtet man von dem Punkt n
nach dem auf A B verzeichneten Maaße die Perpen-
dicularlinie n o von beſagter Groͤße auf und zieht
p o m ſo, daß ſie mit n l in denſelben Punkt des Ho-
rizonts trift; ſo hat l m die Hoͤhe der Linie n o.

Jn dieſen wenigen Saͤzen iſt eigentlich ſchon die
ganze Perſpektiv enthalten; ausgenommen die beſon-
dern Faͤlle, wo die Tafel weder auf der Grundflaͤche,
noch auf der Linie des Auges perpendicular iſt; da
denn noch beſondere Betrachtungen hinzukommen
muͤſſen, in die wir uns hier nicht einlaſſen koͤnnen.
Denn hat Hr. Lambert auch verſchiedene ſehr wol
ausgedachte Vortheile angezeiget, wie man ſich die
Aufloͤſung der hier angefuͤhrten Fundamentalaufga-
ben durch mechaniſches Verfahren ſehr erleichtern
koͤnne. Daher wir jedem Zeichner und Liebhaber
empfehlen ſich die Muͤhe nicht verdrießen zu laſſen,
ſowol deſſen Perſpektiv, als die nachher von ihm
herausgegebene Beſchreibung eines perſpektiviſchen
Proportionalzirkels (*) mit Fleiß zu ſtudiren; weil
er gewiß betraͤchtliche Erleichterung der perſpektivi-
ſchen Kenntniſſe dadurch erhalten wird. (†)

Jch habe mich hier deswegen in eine ziemlich um-
ſtaͤndliche Entwiklung der Lambertſchen Methode ein-
gelaſſen, weil eine blos mechaniſche Kenntnis einer
Regel, wonach die Zeichner, wenn ſie ja noch me-
thodiſch verfahren, und nicht blos auf Gerathewol
arbeiten, die Perſpektiv beobachten, keine hinlaͤng-
liche Kenntnis zur Beurtheilung der Zeichnungen
an die Hand giebt. Dieſe bekommt man aber, nach-
dem man ſich die Muͤhe gegeben, das von uns hier
angefuͤhrte, ſich genau bekannt zu machen.

Jch will deswegen die Anwendung der Theorie
auf die Beurtheilung der Zeichnungen, noch in einem
beſondern Beyſpiehl zeigen, nachdem ich vorher de-
nen zu gefallen, die ſich mit blos mechaniſchem Ver-
fahren behelfen, eine leichte Methode, aus dem Grund-
riß einen perſpektiviſchen Riß zu machen, hier werde
angefuͤhrt haben.

Man
(*) Augs-
purg 1769.
800.
(†) [Spaltenumbruch]
Jndem ich dieſen Artikel der Preß uͤbergebe, er-
halte ich eine zweyte Ausgabe der freyen Perſpektiv,
die in Zuͤrich bey Orell, Geßner und Comp. unter der
Jahrzahl 1774 gedrukt iſt. Darin ſind nicht nur be-
[Spaltenumbruch] traͤchtliche Anmerkungen uͤber ſeine Methode, ſondern auch
verſchiedene ſehr leichte Methoden angegeben, wie eine per-
ſpektiviſche Zeichnung, aus einem vorhandenen Grundriß
zu machen ſey.
S s s s s 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0312" n="895[877]"/><cb/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Per</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">c g</hi> &#x017F;o ab&#x017F;chneiden, daß &#x017F;ie per&#x017F;pektivi&#x017F;ch &#x017F;o groß i&#x017F;t,<lb/>
als <hi rendition="#aq">c e</hi> wu&#x0364;rklich i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Man merke hier den Um&#x017F;tand an, daß auf der<lb/>
Scale der Tangenten, <hi rendition="#aq">P h</hi> immer halb &#x017F;o viel Gra-<lb/>
de anzeigen wird, als der gegebene Winkel <hi rendition="#aq">e c g</hi> hat.<lb/>
Die&#x017F;es zu begreifen ziehe man die Linie <hi rendition="#aq">P c.</hi> So i&#x017F;t<lb/>
Winkel <hi rendition="#aq">P c b</hi> von 90 Graden. Nun &#x017F;ind die bey-<lb/>
den gleichen Winkel <hi rendition="#aq">c g e</hi> und <hi rendition="#aq">c e g;</hi> zu&#x017F;ammen zwey-<lb/>
mahl neunzig Grade, weniger die Grade des Win-<lb/>
kels <hi rendition="#aq">g c e:</hi> das i&#x017F;t, jeder i&#x017F;t neunzig Grade weniger<lb/>
die Ha&#x0364;lfte die&#x017F;es Winkels <hi rendition="#aq">g c e.</hi> Woraus erhellet,<lb/>
daß <hi rendition="#aq">P h</hi> halb &#x017F;o viel Grade haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, als der<lb/>
Winkel <hi rendition="#aq">g c e.</hi></p><lb/>
          <p>Hieraus la&#x0364;ßt &#x017F;ich nun eine allgemeine Methode<lb/>
angeben, <hi rendition="#fr">das Maaß einer jeden auf dem Gema&#x0364;hlde<lb/>
gegebenen Linie zu be&#x017F;timmen.</hi></p><lb/>
          <p>Die gegebene Linie &#x017F;ey <hi rendition="#aq">c g.</hi> Man verla&#x0364;ngere &#x017F;ie<lb/>
bis an die Horizontallinie <hi rendition="#aq">C D,</hi> wo &#x017F;ie den 60 Grad<lb/>
durch&#x017F;chneidet. Hieraus erhellet, daß ihr Abwei-<lb/>
chungswinkel <hi rendition="#aq">b c g</hi> 30 Grade &#x017F;ey. Man nehme da-<lb/>
von die Ha&#x0364;lfte, oder 15 Grade von <hi rendition="#aq">P</hi> nach <hi rendition="#aq">h,</hi> und<lb/>
ziehe aus dem Punkt <hi rendition="#aq">h</hi> durch <hi rendition="#aq">g</hi> und <hi rendition="#aq">c</hi> die Linie <hi rendition="#aq">h g e</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">h c,</hi> (oder wenn der Maaß&#x017F;tab nur auf <hi rendition="#aq">A B</hi> i&#x017F;t,<lb/><hi rendition="#aq">h g B</hi> und <hi rendition="#aq">h c i</hi>); &#x017F;o i&#x017F;t <hi rendition="#aq">c e,</hi> oder <hi rendition="#aq">i B,</hi> daß Maaß<lb/>
der Linie <hi rendition="#aq">c g.</hi></p><lb/>
          <p>Eben daher kann man auch von einer auf der<lb/>
Zeichnung gegebenen Linie einen Theil von beliebi-<lb/>
ger per&#x017F;pektivi&#x017F;chen Gro&#x0364;ße ab&#x017F;chneiden. Wenn man<lb/>
von der Linie <hi rendition="#aq">c k,</hi> ein Stu&#x0364;k <hi rendition="#aq">c g</hi> von beliebiger La&#x0364;nge<lb/>
ab&#x017F;chneiden wollte, &#x017F;o mu&#x0364;ßte man die Linie, bis an<lb/>
den Horizont verla&#x0364;ngern. Tra&#x0364;fe &#x017F;ie wie hier in den<lb/>
60 Grad, &#x017F;o &#x017F;a&#x0364;he man daraus, daß ihre Abwei-<lb/>
chung <hi rendition="#aq">b c g</hi> 30 Grade &#x017F;ey. Wenn man al&#x017F;o die<lb/>
Ha&#x0364;lfte davon von <hi rendition="#aq">P</hi> nach <hi rendition="#aq">h</hi> tru&#x0364;ge, und aus <hi rendition="#aq">h</hi> er&#x017F;t-<lb/>
lich die Linie <hi rendition="#aq">h c i</hi> zo&#x0364;ge, &#x017F;o du&#x0364;rfte man nuc von <hi rendition="#aq">c</hi><lb/>
oder <hi rendition="#aq">i,</hi> nach <hi rendition="#aq">e</hi> oder <hi rendition="#aq">B,</hi> &#x017F;o viel Fuß und Zoll auf dem<lb/>
Maaß&#x017F;tab abzeichnen, als die Linie <hi rendition="#aq">c g</hi> haben &#x017F;oll,<lb/>
und denn aus <hi rendition="#aq">h</hi> durch <hi rendition="#aq">e</hi> oder <hi rendition="#aq">B</hi> die Linie <hi rendition="#aq">h e B</hi> zie-<lb/>
hen, um die Linie <hi rendition="#aq">c g</hi> von verlangter Gro&#x0364;ße zu<lb/>
machen.</p><lb/>
          <p>Was hier von Ausme&#x017F;&#x017F;ung der auf dem Grunde<lb/>
liegenden Linien ge&#x017F;agt wird, kann &#x017F;ehr leicht auch<lb/><cb/>
<fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Per</hi></fw><lb/>
auf die in die Ho&#x0364;he &#x017F;tehenden angewendet werden.<lb/>
Wenn man z. E. aus einem Punkt der Linie <hi rendition="#aq">n l</hi> eine<lb/>
in die Ho&#x0364;he &#x017F;tehende Linie <hi rendition="#aq">l m</hi> von einer gegebenen<lb/>
Ho&#x0364;he ziehen wollte, &#x017F;o richtet man von dem Punkt <hi rendition="#aq">n</hi><lb/>
nach dem auf <hi rendition="#aq">A B</hi> verzeichneten Maaße die Perpen-<lb/>
dicularlinie <hi rendition="#aq">n o</hi> von be&#x017F;agter Gro&#x0364;ße auf und zieht<lb/><hi rendition="#aq">p o m</hi> &#x017F;o, daß &#x017F;ie mit <hi rendition="#aq">n l</hi> in den&#x017F;elben Punkt des Ho-<lb/>
rizonts trift; &#x017F;o hat <hi rendition="#aq">l m</hi> die Ho&#x0364;he der Linie <hi rendition="#aq">n o.</hi></p><lb/>
          <p>Jn die&#x017F;en wenigen Sa&#x0364;zen i&#x017F;t eigentlich &#x017F;chon die<lb/>
ganze Per&#x017F;pektiv enthalten; ausgenommen die be&#x017F;on-<lb/>
dern Fa&#x0364;lle, wo die Tafel weder auf der Grundfla&#x0364;che,<lb/>
noch auf der Linie des Auges perpendicular i&#x017F;t; da<lb/>
denn noch be&#x017F;ondere Betrachtungen hinzukommen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, in die wir uns hier nicht einla&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen.<lb/>
Denn hat Hr. Lambert auch ver&#x017F;chiedene &#x017F;ehr wol<lb/>
ausgedachte Vortheile angezeiget, wie man &#x017F;ich die<lb/>
Auflo&#x0364;&#x017F;ung der hier angefu&#x0364;hrten Fundamentalaufga-<lb/>
ben durch mechani&#x017F;ches Verfahren &#x017F;ehr erleichtern<lb/>
ko&#x0364;nne. Daher wir jedem Zeichner und Liebhaber<lb/>
empfehlen &#x017F;ich die Mu&#x0364;he nicht verdrießen zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;owol de&#x017F;&#x017F;en Per&#x017F;pektiv, als die nachher von ihm<lb/>
herausgegebene Be&#x017F;chreibung eines per&#x017F;pektivi&#x017F;chen<lb/>
Proportionalzirkels <note place="foot" n="(*)">Augs-<lb/>
purg 1769.<lb/>
800.</note> mit Fleiß zu &#x017F;tudiren; weil<lb/>
er gewiß betra&#x0364;chtliche Erleichterung der per&#x017F;pektivi-<lb/>
&#x017F;chen Kenntni&#x017F;&#x017F;e dadurch erhalten wird. <note place="foot" n="(&#x2020;)"><cb/><lb/>
Jndem ich die&#x017F;en Artikel der Preß u&#x0364;bergebe, er-<lb/>
halte ich eine zweyte Ausgabe <hi rendition="#fr">der freyen Per&#x017F;pektiv,</hi><lb/>
die in Zu&#x0364;rich bey Orell, Geßner und Comp. unter der<lb/>
Jahrzahl 1774 gedrukt i&#x017F;t. Darin &#x017F;ind nicht nur be-<lb/><cb/>
tra&#x0364;chtliche Anmerkungen u&#x0364;ber &#x017F;eine Methode, &#x017F;ondern auch<lb/>
ver&#x017F;chiedene &#x017F;ehr leichte Methoden angegeben, wie eine per-<lb/>
&#x017F;pektivi&#x017F;che Zeichnung, aus einem vorhandenen Grundriß<lb/>
zu machen &#x017F;ey.</note></p><lb/>
          <p>Jch habe mich hier deswegen in eine ziemlich um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndliche Entwiklung der Lambert&#x017F;chen Methode ein-<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en, weil eine blos mechani&#x017F;che Kenntnis einer<lb/>
Regel, wonach die Zeichner, wenn &#x017F;ie ja noch me-<lb/>
thodi&#x017F;ch verfahren, und nicht blos auf Gerathewol<lb/>
arbeiten, die Per&#x017F;pektiv beobachten, keine hinla&#x0364;ng-<lb/>
liche Kenntnis zur Beurtheilung der Zeichnungen<lb/>
an die Hand giebt. Die&#x017F;e bekommt man aber, nach-<lb/>
dem man &#x017F;ich die Mu&#x0364;he gegeben, das von uns hier<lb/>
angefu&#x0364;hrte, &#x017F;ich genau bekannt zu machen.</p><lb/>
          <p>Jch will deswegen die Anwendung der Theorie<lb/>
auf die Beurtheilung der Zeichnungen, noch in einem<lb/>
be&#x017F;ondern Bey&#x017F;piehl zeigen, nachdem ich vorher de-<lb/>
nen zu gefallen, die &#x017F;ich mit blos mechani&#x017F;chem Ver-<lb/>
fahren behelfen, eine leichte Methode, aus dem Grund-<lb/>
riß einen per&#x017F;pektivi&#x017F;chen Riß zu machen, hier werde<lb/>
angefu&#x0364;hrt haben.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">S s s s s 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[895[877]/0312] Per Per c g ſo abſchneiden, daß ſie perſpektiviſch ſo groß iſt, als c e wuͤrklich iſt. Man merke hier den Umſtand an, daß auf der Scale der Tangenten, P h immer halb ſo viel Gra- de anzeigen wird, als der gegebene Winkel e c g hat. Dieſes zu begreifen ziehe man die Linie P c. So iſt Winkel P c b von 90 Graden. Nun ſind die bey- den gleichen Winkel c g e und c e g; zuſammen zwey- mahl neunzig Grade, weniger die Grade des Win- kels g c e: das iſt, jeder iſt neunzig Grade weniger die Haͤlfte dieſes Winkels g c e. Woraus erhellet, daß P h halb ſo viel Grade haben muͤſſe, als der Winkel g c e. Hieraus laͤßt ſich nun eine allgemeine Methode angeben, das Maaß einer jeden auf dem Gemaͤhlde gegebenen Linie zu beſtimmen. Die gegebene Linie ſey c g. Man verlaͤngere ſie bis an die Horizontallinie C D, wo ſie den 60 Grad durchſchneidet. Hieraus erhellet, daß ihr Abwei- chungswinkel b c g 30 Grade ſey. Man nehme da- von die Haͤlfte, oder 15 Grade von P nach h, und ziehe aus dem Punkt h durch g und c die Linie h g e und h c, (oder wenn der Maaßſtab nur auf A B iſt, h g B und h c i); ſo iſt c e, oder i B, daß Maaß der Linie c g. Eben daher kann man auch von einer auf der Zeichnung gegebenen Linie einen Theil von beliebi- ger perſpektiviſchen Groͤße abſchneiden. Wenn man von der Linie c k, ein Stuͤk c g von beliebiger Laͤnge abſchneiden wollte, ſo muͤßte man die Linie, bis an den Horizont verlaͤngern. Traͤfe ſie wie hier in den 60 Grad, ſo ſaͤhe man daraus, daß ihre Abwei- chung b c g 30 Grade ſey. Wenn man alſo die Haͤlfte davon von P nach h truͤge, und aus h erſt- lich die Linie h c i zoͤge, ſo duͤrfte man nuc von c oder i, nach e oder B, ſo viel Fuß und Zoll auf dem Maaßſtab abzeichnen, als die Linie c g haben ſoll, und denn aus h durch e oder B die Linie h e B zie- hen, um die Linie c g von verlangter Groͤße zu machen. Was hier von Ausmeſſung der auf dem Grunde liegenden Linien geſagt wird, kann ſehr leicht auch auf die in die Hoͤhe ſtehenden angewendet werden. Wenn man z. E. aus einem Punkt der Linie n l eine in die Hoͤhe ſtehende Linie l m von einer gegebenen Hoͤhe ziehen wollte, ſo richtet man von dem Punkt n nach dem auf A B verzeichneten Maaße die Perpen- dicularlinie n o von beſagter Groͤße auf und zieht p o m ſo, daß ſie mit n l in denſelben Punkt des Ho- rizonts trift; ſo hat l m die Hoͤhe der Linie n o. Jn dieſen wenigen Saͤzen iſt eigentlich ſchon die ganze Perſpektiv enthalten; ausgenommen die beſon- dern Faͤlle, wo die Tafel weder auf der Grundflaͤche, noch auf der Linie des Auges perpendicular iſt; da denn noch beſondere Betrachtungen hinzukommen muͤſſen, in die wir uns hier nicht einlaſſen koͤnnen. Denn hat Hr. Lambert auch verſchiedene ſehr wol ausgedachte Vortheile angezeiget, wie man ſich die Aufloͤſung der hier angefuͤhrten Fundamentalaufga- ben durch mechaniſches Verfahren ſehr erleichtern koͤnne. Daher wir jedem Zeichner und Liebhaber empfehlen ſich die Muͤhe nicht verdrießen zu laſſen, ſowol deſſen Perſpektiv, als die nachher von ihm herausgegebene Beſchreibung eines perſpektiviſchen Proportionalzirkels (*) mit Fleiß zu ſtudiren; weil er gewiß betraͤchtliche Erleichterung der perſpektivi- ſchen Kenntniſſe dadurch erhalten wird. (†) Jch habe mich hier deswegen in eine ziemlich um- ſtaͤndliche Entwiklung der Lambertſchen Methode ein- gelaſſen, weil eine blos mechaniſche Kenntnis einer Regel, wonach die Zeichner, wenn ſie ja noch me- thodiſch verfahren, und nicht blos auf Gerathewol arbeiten, die Perſpektiv beobachten, keine hinlaͤng- liche Kenntnis zur Beurtheilung der Zeichnungen an die Hand giebt. Dieſe bekommt man aber, nach- dem man ſich die Muͤhe gegeben, das von uns hier angefuͤhrte, ſich genau bekannt zu machen. Jch will deswegen die Anwendung der Theorie auf die Beurtheilung der Zeichnungen, noch in einem beſondern Beyſpiehl zeigen, nachdem ich vorher de- nen zu gefallen, die ſich mit blos mechaniſchem Ver- fahren behelfen, eine leichte Methode, aus dem Grund- riß einen perſpektiviſchen Riß zu machen, hier werde angefuͤhrt haben. Man (*) Augs- purg 1769. 800. (†) Jndem ich dieſen Artikel der Preß uͤbergebe, er- halte ich eine zweyte Ausgabe der freyen Perſpektiv, die in Zuͤrich bey Orell, Geßner und Comp. unter der Jahrzahl 1774 gedrukt iſt. Darin ſind nicht nur be- traͤchtliche Anmerkungen uͤber ſeine Methode, ſondern auch verſchiedene ſehr leichte Methoden angegeben, wie eine per- ſpektiviſche Zeichnung, aus einem vorhandenen Grundriß zu machen ſey. S s s s s 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/312
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 895[877]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/312>, abgerufen am 28.11.2024.