Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch] Ana womit seine scherzhaften Lieder aufgenommen worden,hat eine Menge elender Nachfolger hervorgebracht, welche eine Zeitlang den deutschen Parnaß, wie ein Schwarm von Ungeziefer umgeben, und ver- finstert haben. Daß man an den allermeisten anakreontischen Anatomie. (Zeichnende Künste.) Bedeutet in der Mahlerkunst eine Kenntniß der And Anf niß von der Lage der Muskeln, von ihrer Verrichtungund von der eigentlichen Beschaffenheit der Knochen hat. Fürnehmlich muß er die Anatomie des Ge- sichts genau studiren, weil darin eine Menge klei- ner Muskeln sind, welche in den verschiedenen Af- fekten, die Gesichtszüge ändern. Die Anatomie ist dem Zeichner um so viel nöthi- d' Anato- mie par Tortebat. Es ist aber hiebey den Künstlern zu rathen, daß Andante. (Musik.) Bedeutet in der Musik einen Taktgang, der zwi- Anfang. (Schöne Künste.) Aristoteles welcher angemerkt hat, daß jeder Ge- lung. (+) De Sapiente videbimus: mihi et tibi qui adhuc a
Sapiente longe absumus, non est committendum, ut inci- [Spaltenumbruch] damus in rem commotam, impotentem, alteri emancipa- tam, vilem sibi. Senecae Ep. CXVI. [Spaltenumbruch] Ana womit ſeine ſcherzhaften Lieder aufgenommen worden,hat eine Menge elender Nachfolger hervorgebracht, welche eine Zeitlang den deutſchen Parnaß, wie ein Schwarm von Ungeziefer umgeben, und ver- finſtert haben. Daß man an den allermeiſten anakreontiſchen Anatomie. (Zeichnende Kuͤnſte.) Bedeutet in der Mahlerkunſt eine Kenntniß der And Anf niß von der Lage der Muſkeln, von ihrer Verrichtungund von der eigentlichen Beſchaffenheit der Knochen hat. Fuͤrnehmlich muß er die Anatomie des Ge- ſichts genau ſtudiren, weil darin eine Menge klei- ner Muſkeln ſind, welche in den verſchiedenen Af- fekten, die Geſichtszuͤge aͤndern. Die Anatomie iſt dem Zeichner um ſo viel noͤthi- d’ Anato- mie par Tortebat. Es iſt aber hiebey den Kuͤnſtlern zu rathen, daß Andante. (Muſik.) Bedeutet in der Muſik einen Taktgang, der zwi- Anfang. (Schoͤne Kuͤnſte.) Ariſtoteles welcher angemerkt hat, daß jeder Ge- lung. (†) De Sapiente videbimus: mihi et tibi qui adhuc a
Sapiente longe abſumus, non eſt committendum, ut inci- [Spaltenumbruch] damus in rem commotam, impotentem, alteri emancipa- tam, vilem ſibi. Senecae Ep. CXVI. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0062" n="50"/><cb/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ana</hi></fw><lb/> womit ſeine ſcherzhaften Lieder aufgenommen worden,<lb/> hat eine Menge elender Nachfolger hervorgebracht,<lb/> welche eine Zeitlang den deutſchen Parnaß, wie<lb/> ein Schwarm von Ungeziefer umgeben, und ver-<lb/> finſtert haben.</p><lb/> <p>Daß man an den allermeiſten anakreontiſchen<lb/> Gedichten der Neuern den Geiſt des Anakreons,<lb/> ſein ſcherzhaftes Weſen, und ſeinen feinen unge-<lb/> kuͤnſtelten Wiz vermißt, iſt nicht das einzige, das<lb/> man gegen dieſe Seuche einzuwenden hat. 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Ana
And Anf
womit ſeine ſcherzhaften Lieder aufgenommen worden,
hat eine Menge elender Nachfolger hervorgebracht,
welche eine Zeitlang den deutſchen Parnaß, wie
ein Schwarm von Ungeziefer umgeben, und ver-
finſtert haben.
Daß man an den allermeiſten anakreontiſchen
Gedichten der Neuern den Geiſt des Anakreons,
ſein ſcherzhaftes Weſen, und ſeinen feinen unge-
kuͤnſtelten Wiz vermißt, iſt nicht das einzige, das
man gegen dieſe Seuche einzuwenden hat. Die
meiſten Neuern ſind in dem Fall jenes Juͤnglings,
der den Philoſophen Panaͤtius gefragt hat, ob es
einem Weiſen auch wol anſtehe ſich zu verlieben.
Die Antwort des Weiſen enthaͤlt eine große Lehre.
Was dem Weiſen geziemet, davon wollen wir ein-
ander mal ſprechen: was mich und dich betrifft,
die beyde noch lange keine Weiſe ſind, ſo ſchikt es
ſich fuͤr uns nicht, uns damit abzugeben.
(†)
Anatomie.
(Zeichnende Kuͤnſte.)
Bedeutet in der Mahlerkunſt eine Kenntniß der
aͤußeren und innern Theile des menſchlichen Koͤr-
pers, in ſo weit ſie zu richtiger Zeichnung der Figu-
ren in allerhand Stellungen und Bewegungen noth-
wendig iſt. Es ſind fuͤrnehmlich zwey Umſtaͤnde
welche die Anatomie einem Zeichner nothwendig
machen. Die Verhaͤltniſſe der Glieder aͤndern ſich
wegen der Knochen in etwas ab, je nachdem die
Glieder eine Lage annehmen. So iſt die Laͤnge des
Arms von der Schulter bis an die Spize des kleinen
Fingers anders, wenn der Arm gerade ausgeſtrekt,
als wenn er gebogen iſt. Dieſes kommt von den Ge-
lenken der Knochen her, welche man deswegen
genan kennen muß, um dem Arm in allen Wen-
dungen das richtige Verhaͤltniß zu geben. Von den
Muſkeln iſt bekannt, daß ſie bisweilen rund und
wie aufgeblaſen, bisweilen flach und ſchlaff ſind,
nachdem ſie in wuͤrklicher Verrichtung oder in Ruhe
ſind. Daher koͤmmt es, daß eine Stelle des Koͤr-
pers bisweilen erhoben und heraus ſtehend, oder flach
und bisweilen vertieft iſt. Hieraus iſt klar, daß
jede Stellung und jede Bewegung ihre eigene Ver-
haͤltniſſe und Umriſſe hat, welche der Zeichner nicht
treffen kann, wenn er nicht eine hinlaͤngliche Kennt-
niß von der Lage der Muſkeln, von ihrer Verrichtung
und von der eigentlichen Beſchaffenheit der Knochen
hat. Fuͤrnehmlich muß er die Anatomie des Ge-
ſichts genau ſtudiren, weil darin eine Menge klei-
ner Muſkeln ſind, welche in den verſchiedenen Af-
fekten, die Geſichtszuͤge aͤndern.
Die Anatomie iſt dem Zeichner um ſo viel noͤthi-
ger, da es nicht moͤglich iſt, den Mangel derſelben
durch die academiſchen Zeichnungen nach der Natur
zu erſezen. Es kommen gar viel Stellungen vor,
welche man blos aus dem Kopfe zu machen
hat, wobey man ohne genaue Kenntniß der Anatomie
nothwendig in Fehler faͤllt. Der beruͤhmte de Piles
hat zum Gebrauch der Kuͤnſtler eine kurze Einleitung
zur Anatomie unter einem angenommenen Namen
herausgegeben. (*)
Es iſt aber hiebey den Kuͤnſtlern zu rathen, daß
ſie ihre Kenntniß in dieſem Stuͤk nicht mißbrauchen.
Einige haben, um ihre Wiſſenſchaft in der Anatomie
zu zeigen, die Muſkeln ſo ſtark ausgedruͤkt, daß ihre
Figuren wie geſchunden ausſehen. Es muß in der
Zeichnung der Muſkeln nichts uͤbertriebenes ſeyn.
Andante.
(Muſik.)
Bedeutet in der Muſik einen Taktgang, der zwi-
ſchen dem Geſchwinden und Langſamen die Mitte
haͤlt. Jn dem Andante werden alle Toͤne deutlich
und von einander wol abgezeichnet angegeben.
Dieſer Gang ſchiket ſich alſo zu einem gelaſſenen,
ruhigen Jnhalt, ingleichem zu Aufzuͤgen und Maͤr-
ſchen.
Anfang.
(Schoͤne Kuͤnſte.)
Ariſtoteles welcher angemerkt hat, daß jeder Ge-
genſtand, der ein ſchoͤnes ganzes ausmacht einen
Anfang und ein Ende habe, ſagt: der Anfang
ſey dasjenige, dem in derſelben Sache nichts
vorher gehen koͤnne, und was allen andern Dingen
vorher gehen muͤſſe. Der Anfang der Begebenheiten,
welche die ganze Handlung der Jlias ausmachen,
iſt der Streit, zwiſchen Achilles und Agamemnon;
denn alles, was nachher geſchehen iſt, war eine
Folge dieſes Streits: hingegen gehoͤrt das, was
dieſem Streit vorher gegangen, nicht zu dieſer Hand-
lung.
(†) De Sapiente videbimus: mihi et tibi qui adhuc a
Sapiente longe abſumus, non eſt committendum, ut inci-
damus in rem commotam, impotentem, alteri emancipa-
tam, vilem ſibi. Senecae Ep. CXVI.
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