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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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G.


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G.
(Musik.)

Mit diesem Buchstaben wird in Deutschland die
achte Sayte unsers heutigen Tonsystems,
oder der fünste diatonische Ton desselben bezeichnet,
der nach der ehemaligen Art G sol re ut genennt
wird. Die Länge dieser Sayte, wenn C mit 1
bezeichnet wird, ist 2/3 , so daß sie die reine Quinte
von C ist.

Als Grundton betrachtet, hat diese Sayte auch
ihre diatonische Tonleiter in der harten und weichen
Tonart, und wird alsdenn als Hauptton G dur
oder G mol genennt. Die Tonleitern beyder Arten
sind im Artikel Tonart angezeiget. Nach den alten
Tonarten ist G dur die Myxolydische Tonart.

G. Jst auch einer der drey Schlüssel, die auf
dem Notensystem die Ordnung der Töne anzeiget,
und wird nun insgemein durch dieses Zeichen [Abbildung]
angedeutet, welches in Deutschland und Jtalien ins-
gemein auf die zweyte Linie von unten, in Frank-
reich aber auf die unterste gesezt wird.

Galerie.
(Baukunst.)

So nennt man in großen Gebänden die Zimmer,
die in Absicht auf ihre Breite oder Tiefe sehr lang
sind, und als Spazierlauben, oder auch als Durch-
gänge gebraucht werden. Jn großen Pallästen
vertreten solche Gallerien einigermaaßen die Stel-
len der Säulenlauben, welche die reichen Römer
neben ihren Pallästen und Lusthäusern, zum
Spazieren anzulegen pflegten, und die sie Porticos
nennten.

Es gehört zur Lebensart der Großen, daß in ih-
ren Pallästen solche Gallerien seyen, deren sich zahl-
reiche Gesellschaften wie eines Spazierganges be-
dienen können. Deswegen geschieht es auch, daß
solche Gallerien zum Zeitvertreib mit mancherley
Werken der Kunst ausgeziert sind. Dieses hat ohne
Zweifel zu der besondern Bedeutung dieses Worts
Gelegenheit gegeben, die im nächsten Artikel vor-
kömmt.

[Spaltenumbruch]
Galerie.
(Zeichnende Künste.)

Ein Saal oder auch eine Folge von Zimmern und
Säälen, in denen Gemählde und Werke der bilden-
den Künste aufbehalten werden. Kleinere Samm-
lungen solcher Werke, die ebenfalls auch reiche Pri-
vatpersonen haben können, werden Cabinetter ge-
nennt, weil insgemein ein einziges und auch wol
ein mittelmäßiges Zimmer oder Cabinet dazu hin-
reicht; aber nur große Herren, deren Palläste, als
der Mittelpunkt, wo alle Werke der schönen Künste
versammelt werden, anzusehen sind, haben Galle-
rien, in denen große Werke aus allen berühmten
Kunstschulen zu sehen sind.

Von diesen Gallerien ist die Florentinische, die
Cosmus II Herzog von Florenz und nachher Groß-
herzog von Toscana angelegt hat, die berühmteste
und die wichtigste. Jn Deutschland sind die Galle-
rien von Wien, Dreßden, Düsseldorff und Sans-
Souci die berühmtesten.

Dergleichen Gallerien sind für die zeichnenden
Künste, was die öffentlichen Bibliotheken für die Ge-
lehrsamkeit; Schätze zum öffentlichen Gebrauch der
Künstler. Sie müssen deswegen den Künstlern und
Liebhabern zum Studiren beständig offen stehen. Jn
dieser Absicht aber sollten sie auch nach einem beson-
ders dazu entworfenen Plan angelegt seyn, nach
welchem jeder Theil der Kunst sein besonderes Fach
hätte. Ein Theil müßte der Zeichnung; einer der
Zusammensetzung; ein andrer der Haltung u. s. f.
gewiedmet seyn.

Ganz.
(Schöne Künste.)

Man nennet dasjenige Ganz, von dem kein Theil
abgebrochen, oder was nicht selbst ein Theil einer
andern Sach ist. Nach diesem Begriff ist ein Ge-
genstand Ganz, dessen Schranken überall so be-
stimmt sind, daß jeder hinzugesezte Theil etwas
fremdes und überflüßiges, jeder davon genommene
aber einen Mangel anzeigen würde. So ist ein
Dreyek, ein Zirkel, oder jede einen Raum einschlies-
sende Figur ein Ganzes, weil ihr Umriß den Raum

völlig
G.


[Spaltenumbruch]
G.
(Muſik.)

Mit dieſem Buchſtaben wird in Deutſchland die
achte Sayte unſers heutigen Tonſyſtems,
oder der fuͤnſte diatoniſche Ton deſſelben bezeichnet,
der nach der ehemaligen Art G ſol re ut genennt
wird. Die Laͤnge dieſer Sayte, wenn C mit 1
bezeichnet wird, iſt ⅔, ſo daß ſie die reine Quinte
von C iſt.

Als Grundton betrachtet, hat dieſe Sayte auch
ihre diatoniſche Tonleiter in der harten und weichen
Tonart, und wird alsdenn als Hauptton G dur
oder G mol genennt. Die Tonleitern beyder Arten
ſind im Artikel Tonart angezeiget. Nach den alten
Tonarten iſt G dur die Myxolydiſche Tonart.

G. Jſt auch einer der drey Schluͤſſel, die auf
dem Notenſyſtem die Ordnung der Toͤne anzeiget,
und wird nun insgemein durch dieſes Zeichen [Abbildung]
angedeutet, welches in Deutſchland und Jtalien ins-
gemein auf die zweyte Linie von unten, in Frank-
reich aber auf die unterſte geſezt wird.

Galerie.
(Baukunſt.)

So nennt man in großen Gebaͤnden die Zimmer,
die in Abſicht auf ihre Breite oder Tiefe ſehr lang
ſind, und als Spazierlauben, oder auch als Durch-
gaͤnge gebraucht werden. Jn großen Pallaͤſten
vertreten ſolche Gallerien einigermaaßen die Stel-
len der Saͤulenlauben, welche die reichen Roͤmer
neben ihren Pallaͤſten und Luſthaͤuſern, zum
Spazieren anzulegen pflegten, und die ſie Porticos
nennten.

Es gehoͤrt zur Lebensart der Großen, daß in ih-
ren Pallaͤſten ſolche Gallerien ſeyen, deren ſich zahl-
reiche Geſellſchaften wie eines Spazierganges be-
dienen koͤnnen. Deswegen geſchieht es auch, daß
ſolche Gallerien zum Zeitvertreib mit mancherley
Werken der Kunſt ausgeziert ſind. Dieſes hat ohne
Zweifel zu der beſondern Bedeutung dieſes Worts
Gelegenheit gegeben, die im naͤchſten Artikel vor-
koͤmmt.

[Spaltenumbruch]
Galerie.
(Zeichnende Kuͤnſte.)

Ein Saal oder auch eine Folge von Zimmern und
Saͤaͤlen, in denen Gemaͤhlde und Werke der bilden-
den Kuͤnſte aufbehalten werden. Kleinere Samm-
lungen ſolcher Werke, die ebenfalls auch reiche Pri-
vatperſonen haben koͤnnen, werden Cabinetter ge-
nennt, weil insgemein ein einziges und auch wol
ein mittelmaͤßiges Zimmer oder Cabinet dazu hin-
reicht; aber nur große Herren, deren Pallaͤſte, als
der Mittelpunkt, wo alle Werke der ſchoͤnen Kuͤnſte
verſammelt werden, anzuſehen ſind, haben Galle-
rien, in denen große Werke aus allen beruͤhmten
Kunſtſchulen zu ſehen ſind.

Von dieſen Gallerien iſt die Florentiniſche, die
Cosmus II Herzog von Florenz und nachher Groß-
herzog von Toscana angelegt hat, die beruͤhmteſte
und die wichtigſte. Jn Deutſchland ſind die Galle-
rien von Wien, Dreßden, Duͤſſeldorff und Sans-
Souci die beruͤhmteſten.

Dergleichen Gallerien ſind fuͤr die zeichnenden
Kuͤnſte, was die oͤffentlichen Bibliotheken fuͤr die Ge-
lehrſamkeit; Schaͤtze zum oͤffentlichen Gebrauch der
Kuͤnſtler. Sie muͤſſen deswegen den Kuͤnſtlern und
Liebhabern zum Studiren beſtaͤndig offen ſtehen. Jn
dieſer Abſicht aber ſollten ſie auch nach einem beſon-
ders dazu entworfenen Plan angelegt ſeyn, nach
welchem jeder Theil der Kunſt ſein beſonderes Fach
haͤtte. Ein Theil muͤßte der Zeichnung; einer der
Zuſammenſetzung; ein andrer der Haltung u. ſ. f.
gewiedmet ſeyn.

Ganz.
(Schoͤne Kuͤnſte.)

Man nennet dasjenige Ganz, von dem kein Theil
abgebrochen, oder was nicht ſelbſt ein Theil einer
andern Sach iſt. Nach dieſem Begriff iſt ein Ge-
genſtand Ganz, deſſen Schranken uͤberall ſo be-
ſtimmt ſind, daß jeder hinzugeſezte Theil etwas
fremdes und uͤberfluͤßiges, jeder davon genommene
aber einen Mangel anzeigen wuͤrde. So iſt ein
Dreyek, ein Zirkel, oder jede einen Raum einſchlieſ-
ſende Figur ein Ganzes, weil ihr Umriß den Raum

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[416/0428] G. G. (Muſik.) Mit dieſem Buchſtaben wird in Deutſchland die achte Sayte unſers heutigen Tonſyſtems, oder der fuͤnſte diatoniſche Ton deſſelben bezeichnet, der nach der ehemaligen Art G ſol re ut genennt wird. Die Laͤnge dieſer Sayte, wenn C mit 1 bezeichnet wird, iſt ⅔, ſo daß ſie die reine Quinte von C iſt. Als Grundton betrachtet, hat dieſe Sayte auch ihre diatoniſche Tonleiter in der harten und weichen Tonart, und wird alsdenn als Hauptton G dur oder G mol genennt. Die Tonleitern beyder Arten ſind im Artikel Tonart angezeiget. Nach den alten Tonarten iſt G dur die Myxolydiſche Tonart. G. Jſt auch einer der drey Schluͤſſel, die auf dem Notenſyſtem die Ordnung der Toͤne anzeiget, und wird nun insgemein durch dieſes Zeichen [Abbildung] angedeutet, welches in Deutſchland und Jtalien ins- gemein auf die zweyte Linie von unten, in Frank- reich aber auf die unterſte geſezt wird. Galerie. (Baukunſt.) So nennt man in großen Gebaͤnden die Zimmer, die in Abſicht auf ihre Breite oder Tiefe ſehr lang ſind, und als Spazierlauben, oder auch als Durch- gaͤnge gebraucht werden. Jn großen Pallaͤſten vertreten ſolche Gallerien einigermaaßen die Stel- len der Saͤulenlauben, welche die reichen Roͤmer neben ihren Pallaͤſten und Luſthaͤuſern, zum Spazieren anzulegen pflegten, und die ſie Porticos nennten. Es gehoͤrt zur Lebensart der Großen, daß in ih- ren Pallaͤſten ſolche Gallerien ſeyen, deren ſich zahl- reiche Geſellſchaften wie eines Spazierganges be- dienen koͤnnen. Deswegen geſchieht es auch, daß ſolche Gallerien zum Zeitvertreib mit mancherley Werken der Kunſt ausgeziert ſind. Dieſes hat ohne Zweifel zu der beſondern Bedeutung dieſes Worts Gelegenheit gegeben, die im naͤchſten Artikel vor- koͤmmt. Galerie. (Zeichnende Kuͤnſte.) Ein Saal oder auch eine Folge von Zimmern und Saͤaͤlen, in denen Gemaͤhlde und Werke der bilden- den Kuͤnſte aufbehalten werden. Kleinere Samm- lungen ſolcher Werke, die ebenfalls auch reiche Pri- vatperſonen haben koͤnnen, werden Cabinetter ge- nennt, weil insgemein ein einziges und auch wol ein mittelmaͤßiges Zimmer oder Cabinet dazu hin- reicht; aber nur große Herren, deren Pallaͤſte, als der Mittelpunkt, wo alle Werke der ſchoͤnen Kuͤnſte verſammelt werden, anzuſehen ſind, haben Galle- rien, in denen große Werke aus allen beruͤhmten Kunſtſchulen zu ſehen ſind. Von dieſen Gallerien iſt die Florentiniſche, die Cosmus II Herzog von Florenz und nachher Groß- herzog von Toscana angelegt hat, die beruͤhmteſte und die wichtigſte. Jn Deutſchland ſind die Galle- rien von Wien, Dreßden, Duͤſſeldorff und Sans- Souci die beruͤhmteſten. Dergleichen Gallerien ſind fuͤr die zeichnenden Kuͤnſte, was die oͤffentlichen Bibliotheken fuͤr die Ge- lehrſamkeit; Schaͤtze zum oͤffentlichen Gebrauch der Kuͤnſtler. Sie muͤſſen deswegen den Kuͤnſtlern und Liebhabern zum Studiren beſtaͤndig offen ſtehen. Jn dieſer Abſicht aber ſollten ſie auch nach einem beſon- ders dazu entworfenen Plan angelegt ſeyn, nach welchem jeder Theil der Kunſt ſein beſonderes Fach haͤtte. Ein Theil muͤßte der Zeichnung; einer der Zuſammenſetzung; ein andrer der Haltung u. ſ. f. gewiedmet ſeyn. Ganz. (Schoͤne Kuͤnſte.) Man nennet dasjenige Ganz, von dem kein Theil abgebrochen, oder was nicht ſelbſt ein Theil einer andern Sach iſt. Nach dieſem Begriff iſt ein Ge- genſtand Ganz, deſſen Schranken uͤberall ſo be- ſtimmt ſind, daß jeder hinzugeſezte Theil etwas fremdes und uͤberfluͤßiges, jeder davon genommene aber einen Mangel anzeigen wuͤrde. So iſt ein Dreyek, ein Zirkel, oder jede einen Raum einſchlieſ- ſende Figur ein Ganzes, weil ihr Umriß den Raum voͤllig

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/428>, abgerufen am 22.11.2024.