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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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Dre
schiket sich auf 7 Model Säulenweite. Durch
diese weise Abweichung von einer ohne dem gar
nicht nothwendigen Regel, hat Goldman so viel er-
halten, daß er die dorische Ordnung überall anbrin-
gen kann, und der so sehr mühesamen Verstekung
der Fehler, die andern Baumeistern so sauer wird,
so bald sie von den drey vitruvischen Säulenweiten
abgehen müssen, überhoben ist.

Die Erhöhung zwischen den Schlizen wird der
Steg genennt, und einige nennen den kleinen Riemen
an dem obern Theile der Dreyschlize, sein Capiteel.

Dreystimmig.
(Musik.)

Ein Tonstük ist dreystimmig, wenn darin drey ver-
schiedene Stimmen sind, deren jede ihren eigenen
Gang hat. Denn ein Gesang durch mehrere Stim-
men oder Jnstrumente, die denselben Gang oder
dieselbe Melodie haben, vorgetragen, wird nur für
einstimmig gehalten. Die drey Stimmen gehen
entweder durch das ganze Stük, oder kommen nur
in einzelen Theilen oder Gängen desselben vor: auch
findet sich dieser Unterschied, daß die drey Stimmen
entweder alle Hauptstimmen sind, oder es sind nur
zwey Hauptstimmen, die dritte aber ein blos be-
gleitender Baß; oder es ist nur eine Hauptstimme,
mit dem begleitenden Baß und einer zur Ausfül-
lung dienenden Mittelstimme.

Jm ersten Fall bekommt das Stük den Namen
des Trio, worüder der besondere Artikel nachzuse-
hen ist; im andern Fall wird das Stük eine Gat-
tung des Duets, wo zwey Hauptstimmen mit ei-
nem begleitenden Basse, der keine Melodie hat, vor-
kommen. Weil diese Stüke so gemacht seyn müs-
(*) S.
Duet.
sen, (*) daß der Baß auch davon weg bleiben kann,
so werden sie, ihrer dreystimmigen Beschaffenheit
ungeachtet, Duette genennt.

Von dem dreystimmigen Satz ist überhaupt an-
zumerken, daß die Regeln der Harmonik dabey auf
das strengeste müssen beobachtet werden, weil bey
den wenigen Stimmen jeder Anstoß gegen die Re-
geln empfindlich wird, da in vielstimmigen Sachen
kleinere Fehler durch die Menge der Stimmen oft
bedekt werden. Ein einziges Stük, wenn es auch
nur ein Choral wäre, durchaus dreystimmig ohne
Fehler zu setzen, erfodert schon einen ganz geübten
Setzer, dem auch die kleinesten Regeln des reinen
Satzes völlig geläufig sind.

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Dru Due
Druker.
(Mahlerey.)

So nennen die Mahler gewisse Pinselstriche von
starken und ganzen Farben, auf den nächsten oder
vordersten Gegenständen des Gemähldes, wodurch
die Haltung dieser Gegenstände bisweilen ihre Voll-
kommenheit erreicht. Sie werden so genennt, weil
sie die andern Gegenstände gleichsam zurük druken,
indem sie den, worauf sie angebracht sind, dem
Auge näher zu bringen scheinen.

Es geschieht ofte, daß ein einziger Pinselstrich
einem Gegenstand auf dem ersten oder zweyten Grund
des Gemähldes seine wahre Haltung giebt, die mit
allem möglichen Fleiß des Colorits nicht ist erhalten
worden, so lange dieser glükliche Druker gefehlt hat.
Seine Kraft scheinet etwas zauberisches zu haben.
Allein um zu begreifen, wie in Gemählden, die von
einem einzigen bestimmt einfallenden Licht erleuch-
tet worden, die Haupthaltung von solchen einzeln
Pinselstrichen abhangen kann, darf man nur ver-
schiedene auf einem Tische liegende Gruppen von al-
lerhand Gegenständen, die nur von einem angestek-
ten Licht erleuchtet werden, genau betrachten. Man
wird allemal finden, daß die nächsten durch kleine
vorzüglich helle Stellen dem Aug ihre Nähe empfin-
den lassen. Je weiter ein Gegenstand entfernt ist,
je weniger hat er solche Lichter oder Schatten. An
einem weit entfernten Baum ist die ganze Krone nur
eine einzige an Farbe gleichförmige und also auch
flache Masse; ganz nahe zeiget er hier und da vor-
züglich helle und auch vorzüglich dunkele Stellen,
und so ist es mit allen Gegenständen. Die Dru-
ker sind also diese einzeln vorzüglich lebhaften Stel-
len, da die eigenthümliche Farbe des Körpers merk-
lich höher, als an andern Stellen ist, oder wo ein
Theil des auffallenden Lichts, wie in einem Brenn-
punkt gesammelt, die eigenthümliche Farbe ganz
verdrengt und die Stellen ganz weiß macht.

Duet.
(Musik.)

Ein Tonstük, das aus zwey concertirenden Haupt-
stimmen besteht, es sey, daß sie würklich ganz allein
gehört werden, oder daß sie einen Baß und Mit-
telstimmen zur Begleitung haben; denn in diesem
Fall werden die begleitenden Stimmen nicht mitge-
rechnet, weil die Hauptstimmen so beschaffen seyn

müssen,

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Dre
ſchiket ſich auf 7 Model Saͤulenweite. Durch
dieſe weiſe Abweichung von einer ohne dem gar
nicht nothwendigen Regel, hat Goldman ſo viel er-
halten, daß er die doriſche Ordnung uͤberall anbrin-
gen kann, und der ſo ſehr muͤheſamen Verſtekung
der Fehler, die andern Baumeiſtern ſo ſauer wird,
ſo bald ſie von den drey vitruviſchen Saͤulenweiten
abgehen muͤſſen, uͤberhoben iſt.

Die Erhoͤhung zwiſchen den Schlizen wird der
Steg genennt, und einige nennen den kleinen Riemen
an dem obern Theile der Dreyſchlize, ſein Capiteel.

Dreyſtimmig.
(Muſik.)

Ein Tonſtuͤk iſt dreyſtimmig, wenn darin drey ver-
ſchiedene Stimmen ſind, deren jede ihren eigenen
Gang hat. Denn ein Geſang durch mehrere Stim-
men oder Jnſtrumente, die denſelben Gang oder
dieſelbe Melodie haben, vorgetragen, wird nur fuͤr
einſtimmig gehalten. Die drey Stimmen gehen
entweder durch das ganze Stuͤk, oder kommen nur
in einzelen Theilen oder Gaͤngen deſſelben vor: auch
findet ſich dieſer Unterſchied, daß die drey Stimmen
entweder alle Hauptſtimmen ſind, oder es ſind nur
zwey Hauptſtimmen, die dritte aber ein blos be-
gleitender Baß; oder es iſt nur eine Hauptſtimme,
mit dem begleitenden Baß und einer zur Ausfuͤl-
lung dienenden Mittelſtimme.

Jm erſten Fall bekommt das Stuͤk den Namen
des Trio, woruͤder der beſondere Artikel nachzuſe-
hen iſt; im andern Fall wird das Stuͤk eine Gat-
tung des Duets, wo zwey Hauptſtimmen mit ei-
nem begleitenden Baſſe, der keine Melodie hat, vor-
kommen. Weil dieſe Stuͤke ſo gemacht ſeyn muͤſ-
(*) S.
Duet.
ſen, (*) daß der Baß auch davon weg bleiben kann,
ſo werden ſie, ihrer dreyſtimmigen Beſchaffenheit
ungeachtet, Duette genennt.

Von dem dreyſtimmigen Satz iſt uͤberhaupt an-
zumerken, daß die Regeln der Harmonik dabey auf
das ſtrengeſte muͤſſen beobachtet werden, weil bey
den wenigen Stimmen jeder Anſtoß gegen die Re-
geln empfindlich wird, da in vielſtimmigen Sachen
kleinere Fehler durch die Menge der Stimmen oft
bedekt werden. Ein einziges Stuͤk, wenn es auch
nur ein Choral waͤre, durchaus dreyſtimmig ohne
Fehler zu ſetzen, erfodert ſchon einen ganz geuͤbten
Setzer, dem auch die kleineſten Regeln des reinen
Satzes voͤllig gelaͤufig ſind.

[Spaltenumbruch]
Dru Due
Druker.
(Mahlerey.)

So nennen die Mahler gewiſſe Pinſelſtriche von
ſtarken und ganzen Farben, auf den naͤchſten oder
vorderſten Gegenſtaͤnden des Gemaͤhldes, wodurch
die Haltung dieſer Gegenſtaͤnde bisweilen ihre Voll-
kommenheit erreicht. Sie werden ſo genennt, weil
ſie die andern Gegenſtaͤnde gleichſam zuruͤk druken,
indem ſie den, worauf ſie angebracht ſind, dem
Auge naͤher zu bringen ſcheinen.

Es geſchieht ofte, daß ein einziger Pinſelſtrich
einem Gegenſtand auf dem erſten oder zweyten Grund
des Gemaͤhldes ſeine wahre Haltung giebt, die mit
allem moͤglichen Fleiß des Colorits nicht iſt erhalten
worden, ſo lange dieſer gluͤkliche Druker gefehlt hat.
Seine Kraft ſcheinet etwas zauberiſches zu haben.
Allein um zu begreifen, wie in Gemaͤhlden, die von
einem einzigen beſtimmt einfallenden Licht erleuch-
tet worden, die Haupthaltung von ſolchen einzeln
Pinſelſtrichen abhangen kann, darf man nur ver-
ſchiedene auf einem Tiſche liegende Gruppen von al-
lerhand Gegenſtaͤnden, die nur von einem angeſtek-
ten Licht erleuchtet werden, genau betrachten. Man
wird allemal finden, daß die naͤchſten durch kleine
vorzuͤglich helle Stellen dem Aug ihre Naͤhe empfin-
den laſſen. Je weiter ein Gegenſtand entfernt iſt,
je weniger hat er ſolche Lichter oder Schatten. An
einem weit entfernten Baum iſt die ganze Krone nur
eine einzige an Farbe gleichfoͤrmige und alſo auch
flache Maſſe; ganz nahe zeiget er hier und da vor-
zuͤglich helle und auch vorzuͤglich dunkele Stellen,
und ſo iſt es mit allen Gegenſtaͤnden. Die Dru-
ker ſind alſo dieſe einzeln vorzuͤglich lebhaften Stel-
len, da die eigenthuͤmliche Farbe des Koͤrpers merk-
lich hoͤher, als an andern Stellen iſt, oder wo ein
Theil des auffallenden Lichts, wie in einem Brenn-
punkt geſammelt, die eigenthuͤmliche Farbe ganz
verdrengt und die Stellen ganz weiß macht.

Duet.
(Muſik.)

Ein Tonſtuͤk, das aus zwey concertirenden Haupt-
ſtimmen beſteht, es ſey, daß ſie wuͤrklich ganz allein
gehoͤrt werden, oder daß ſie einen Baß und Mit-
telſtimmen zur Begleitung haben; denn in dieſem
Fall werden die begleitenden Stimmen nicht mitge-
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[282/0294] Dre Dru Due ſchiket ſich auf 7 Model Saͤulenweite. Durch dieſe weiſe Abweichung von einer ohne dem gar nicht nothwendigen Regel, hat Goldman ſo viel er- halten, daß er die doriſche Ordnung uͤberall anbrin- gen kann, und der ſo ſehr muͤheſamen Verſtekung der Fehler, die andern Baumeiſtern ſo ſauer wird, ſo bald ſie von den drey vitruviſchen Saͤulenweiten abgehen muͤſſen, uͤberhoben iſt. Die Erhoͤhung zwiſchen den Schlizen wird der Steg genennt, und einige nennen den kleinen Riemen an dem obern Theile der Dreyſchlize, ſein Capiteel. Dreyſtimmig. (Muſik.) Ein Tonſtuͤk iſt dreyſtimmig, wenn darin drey ver- ſchiedene Stimmen ſind, deren jede ihren eigenen Gang hat. Denn ein Geſang durch mehrere Stim- men oder Jnſtrumente, die denſelben Gang oder dieſelbe Melodie haben, vorgetragen, wird nur fuͤr einſtimmig gehalten. Die drey Stimmen gehen entweder durch das ganze Stuͤk, oder kommen nur in einzelen Theilen oder Gaͤngen deſſelben vor: auch findet ſich dieſer Unterſchied, daß die drey Stimmen entweder alle Hauptſtimmen ſind, oder es ſind nur zwey Hauptſtimmen, die dritte aber ein blos be- gleitender Baß; oder es iſt nur eine Hauptſtimme, mit dem begleitenden Baß und einer zur Ausfuͤl- lung dienenden Mittelſtimme. Jm erſten Fall bekommt das Stuͤk den Namen des Trio, woruͤder der beſondere Artikel nachzuſe- hen iſt; im andern Fall wird das Stuͤk eine Gat- tung des Duets, wo zwey Hauptſtimmen mit ei- nem begleitenden Baſſe, der keine Melodie hat, vor- kommen. Weil dieſe Stuͤke ſo gemacht ſeyn muͤſ- ſen, (*) daß der Baß auch davon weg bleiben kann, ſo werden ſie, ihrer dreyſtimmigen Beſchaffenheit ungeachtet, Duette genennt. (*) S. Duet. Von dem dreyſtimmigen Satz iſt uͤberhaupt an- zumerken, daß die Regeln der Harmonik dabey auf das ſtrengeſte muͤſſen beobachtet werden, weil bey den wenigen Stimmen jeder Anſtoß gegen die Re- geln empfindlich wird, da in vielſtimmigen Sachen kleinere Fehler durch die Menge der Stimmen oft bedekt werden. Ein einziges Stuͤk, wenn es auch nur ein Choral waͤre, durchaus dreyſtimmig ohne Fehler zu ſetzen, erfodert ſchon einen ganz geuͤbten Setzer, dem auch die kleineſten Regeln des reinen Satzes voͤllig gelaͤufig ſind. Druker. (Mahlerey.) So nennen die Mahler gewiſſe Pinſelſtriche von ſtarken und ganzen Farben, auf den naͤchſten oder vorderſten Gegenſtaͤnden des Gemaͤhldes, wodurch die Haltung dieſer Gegenſtaͤnde bisweilen ihre Voll- kommenheit erreicht. Sie werden ſo genennt, weil ſie die andern Gegenſtaͤnde gleichſam zuruͤk druken, indem ſie den, worauf ſie angebracht ſind, dem Auge naͤher zu bringen ſcheinen. Es geſchieht ofte, daß ein einziger Pinſelſtrich einem Gegenſtand auf dem erſten oder zweyten Grund des Gemaͤhldes ſeine wahre Haltung giebt, die mit allem moͤglichen Fleiß des Colorits nicht iſt erhalten worden, ſo lange dieſer gluͤkliche Druker gefehlt hat. Seine Kraft ſcheinet etwas zauberiſches zu haben. Allein um zu begreifen, wie in Gemaͤhlden, die von einem einzigen beſtimmt einfallenden Licht erleuch- tet worden, die Haupthaltung von ſolchen einzeln Pinſelſtrichen abhangen kann, darf man nur ver- ſchiedene auf einem Tiſche liegende Gruppen von al- lerhand Gegenſtaͤnden, die nur von einem angeſtek- ten Licht erleuchtet werden, genau betrachten. Man wird allemal finden, daß die naͤchſten durch kleine vorzuͤglich helle Stellen dem Aug ihre Naͤhe empfin- den laſſen. Je weiter ein Gegenſtand entfernt iſt, je weniger hat er ſolche Lichter oder Schatten. An einem weit entfernten Baum iſt die ganze Krone nur eine einzige an Farbe gleichfoͤrmige und alſo auch flache Maſſe; ganz nahe zeiget er hier und da vor- zuͤglich helle und auch vorzuͤglich dunkele Stellen, und ſo iſt es mit allen Gegenſtaͤnden. Die Dru- ker ſind alſo dieſe einzeln vorzuͤglich lebhaften Stel- len, da die eigenthuͤmliche Farbe des Koͤrpers merk- lich hoͤher, als an andern Stellen iſt, oder wo ein Theil des auffallenden Lichts, wie in einem Brenn- punkt geſammelt, die eigenthuͤmliche Farbe ganz verdrengt und die Stellen ganz weiß macht. Duet. (Muſik.) Ein Tonſtuͤk, das aus zwey concertirenden Haupt- ſtimmen beſteht, es ſey, daß ſie wuͤrklich ganz allein gehoͤrt werden, oder daß ſie einen Baß und Mit- telſtimmen zur Begleitung haben; denn in dieſem Fall werden die begleitenden Stimmen nicht mitge- rechnet, weil die Hauptſtimmen ſo beſchaffen ſeyn muͤſſen,

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/294>, abgerufen am 23.11.2024.