Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch] Cam kung eines Camines sehr vermindert, wenn er tiefin die Mauer gelegt wird. Jn diesem Fall genießt man fast keine Wärme, als die unmittelbar von dem Feuer kommt, weil die Mauren selbst wenig erwärmt werden. Darum ist es gut, daß die Röhre nicht ganz in die Dike der Mauer, sondern gegen das Zimmer herausgelegt werde, so daß drey Seiten desselben in das Zimmer herausstehen. Weil diese durch das Feuer erwärmt werden, welches, da man sie nicht mehr als einen halben Stein (fünf Zoll) stark zu machen braucht, allemal geschieht; so thun sie einigermaassen den Dienst eines Ofens, und unterhalten die Wärme im Zimmer, wenn gleich das Feuer bereits ausgegangen ist. Jn Ansehung der Bekleidung und Verzierung der Cammermusik. Der verschiedene Gebrauch, den man von der Musik Da die Cammermusik für Kenner und Liebhaber Cam einzeln Ton, auch in den Nebenstimmen so genauabzumessen; hingegen in | der Cammermusik muß, da wegen der geringen Besetzung und wegen der wenigen Stimmen, jedes einzele fühlbar wird, alles weit genauer überlegt werden. Ueberhaupt also wird in der öffentlichen Musik, wo man allemal einen bestimmten Zwek hat, mehr darauf zu sehen seyn, daß der Ausdruk auf die einfacheste und sicherste Weise erhalten werde, und in der Cammermusik wird man sich des äusserst reinen Satzes, eines feinern Ausdruks und künstlicherer Wendungen be- dienen müssen. Dieses widerspricht einigermaaßen der allgemeinen Maxime, daß man in Kirchensachen ungemein scharf und genau im Satz seyn müsse, und hingegen in so genannten galanten Sachen, wozu man die Musik des Theaters, und auch die Concerte rechnet, es nicht so genau nehmen dürfe. Weil die Cammermusik nicht so durchdringend Canon. (Musik.) Jn der Musik der alten Griechen bedeutete dieses Gegenwärtig bedeutet es, ein zwey- oder mehr [Abbildung]
Dieser Canon ist zweystimmig; der Alt fängt den Quarte A a 3
[Spaltenumbruch] Cam kung eines Camines ſehr vermindert, wenn er tiefin die Mauer gelegt wird. Jn dieſem Fall genießt man faſt keine Waͤrme, als die unmittelbar von dem Feuer kommt, weil die Mauren ſelbſt wenig erwaͤrmt werden. Darum iſt es gut, daß die Roͤhre nicht ganz in die Dike der Mauer, ſondern gegen das Zimmer herausgelegt werde, ſo daß drey Seiten deſſelben in das Zimmer herausſtehen. Weil dieſe durch das Feuer erwaͤrmt werden, welches, da man ſie nicht mehr als einen halben Stein (fuͤnf Zoll) ſtark zu machen braucht, allemal geſchieht; ſo thun ſie einigermaaſſen den Dienſt eines Ofens, und unterhalten die Waͤrme im Zimmer, wenn gleich das Feuer bereits ausgegangen iſt. Jn Anſehung der Bekleidung und Verzierung der Cammermuſik. Der verſchiedene Gebrauch, den man von der Muſik Da die Cammermuſik fuͤr Kenner und Liebhaber Cam einzeln Ton, auch in den Nebenſtimmen ſo genauabzumeſſen; hingegen in | der Cammermuſik muß, da wegen der geringen Beſetzung und wegen der wenigen Stimmen, jedes einzele fuͤhlbar wird, alles weit genauer uͤberlegt werden. Ueberhaupt alſo wird in der oͤffentlichen Muſik, wo man allemal einen beſtimmten Zwek hat, mehr darauf zu ſehen ſeyn, daß der Ausdruk auf die einfacheſte und ſicherſte Weiſe erhalten werde, und in der Cammermuſik wird man ſich des aͤuſſerſt reinen Satzes, eines feinern Ausdruks und kuͤnſtlicherer Wendungen be- dienen muͤſſen. Dieſes widerſpricht einigermaaßen der allgemeinen Maxime, daß man in Kirchenſachen ungemein ſcharf und genau im Satz ſeyn muͤſſe, und hingegen in ſo genannten galanten Sachen, wozu man die Muſik des Theaters, und auch die Concerte rechnet, es nicht ſo genau nehmen duͤrfe. Weil die Cammermuſik nicht ſo durchdringend Canon. (Muſik.) Jn der Muſik der alten Griechen bedeutete dieſes Gegenwaͤrtig bedeutet es, ein zwey- oder mehr [Abbildung]
Dieſer Canon iſt zweyſtimmig; der Alt faͤngt den Quarte A a 3
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Cam
Cam
kung eines Camines ſehr vermindert, wenn er tief
in die Mauer gelegt wird. Jn dieſem Fall genießt
man faſt keine Waͤrme, als die unmittelbar von
dem Feuer kommt, weil die Mauren ſelbſt wenig
erwaͤrmt werden. Darum iſt es gut, daß die
Roͤhre nicht ganz in die Dike der Mauer, ſondern
gegen das Zimmer herausgelegt werde, ſo daß drey
Seiten deſſelben in das Zimmer herausſtehen. Weil
dieſe durch das Feuer erwaͤrmt werden, welches,
da man ſie nicht mehr als einen halben Stein (fuͤnf
Zoll) ſtark zu machen braucht, allemal geſchieht;
ſo thun ſie einigermaaſſen den Dienſt eines Ofens,
und unterhalten die Waͤrme im Zimmer, wenn
gleich das Feuer bereits ausgegangen iſt.
Jn Anſehung der Bekleidung und Verzierung der
Camine, wird ein verſtaͤndiger Baumeiſter zwiſchen
dem ſchweerfaͤlligen Geſchmak der aͤltern Baumeiſter,
welche die Camine mit Saͤulen oder Wandpfeilern,
und einem daruͤber gelegten foͤrmlichen Gebaͤlke, be-
kleidet hatten, und der unverſtaͤndigen Ausſchwei-
fung vieler Neuern, die Schnoͤrkel mancherley Art,
Muſcheln und Laubwerk dabey anbringen, leichte
die Mittelſtraſſe halten. Einfache Gewaͤnde, ohne viel
Glieder, und ein gerader, mit einem guten Geſims
verſehener Sturz daruͤber, ohne alles Schnitzwerk,
iſt ohne Zweifel das ſchiklichſte dazu.
Cammermuſik.
Der verſchiedene Gebrauch, den man von der Muſik
macht, erfodert auch beſondre Beſtimmungen ge-
wiſſer Regeln. Die Kirchenmuſik muß natuͤrlicher
Weiſe einen andern Charakter haben, als die, welche
fuͤr die Schaubuͤhne gemacht iſt, und dieſe muß ſich
wieder von der Cammermuſik unterſcheiden. Man
kann dieſe ſo betrachten, als wenn ſie blos zur Ue-
bung fuͤr Kenner, und zugleich zur Ergetzung fuͤr
einige Liebhaber aufgefuͤhrt werde. Beyde Ge-
ſichtspunkten erfodern fuͤr die zur Cammermuſik ge-
ſetzten Tonſtuͤke, ein ihnen eigenes Gepraͤge, von wel-
chem Kunſtverſtaͤndige bisweilen unter dem Namen
des Cammerſtils ſprechen.
Da die Cammermuſik fuͤr Kenner und Liebhaber
iſt, ſo koͤnnen die Stuͤke gelehrter und kuͤnſtlicher
geſetzt ſeyn, als die zum oͤffentlichen Gebrauch be-
ſtimmt ſind, wo alles mehr einfach und cantabel
ſeyn muß, damit jederman es faſſe. Auch wird in
der Kirche und auf der Schaubuͤhne manches uͤber-
hoͤrt, und der Setzer hat nicht allemal noͤthig, jeden
einzeln Ton, auch in den Nebenſtimmen ſo genau
abzumeſſen; hingegen in | der Cammermuſik muß,
da wegen der geringen Beſetzung und wegen der
wenigen Stimmen, jedes einzele fuͤhlbar wird, alles
weit genauer uͤberlegt werden. Ueberhaupt alſo
wird in der oͤffentlichen Muſik, wo man allemal
einen beſtimmten Zwek hat, mehr darauf zu ſehen
ſeyn, daß der Ausdruk auf die einfacheſte und ſicherſte
Weiſe erhalten werde, und in der Cammermuſik
wird man ſich des aͤuſſerſt reinen Satzes, eines
feinern Ausdruks und kuͤnſtlicherer Wendungen be-
dienen muͤſſen. Dieſes widerſpricht einigermaaßen
der allgemeinen Maxime, daß man in Kirchenſachen
ungemein ſcharf und genau im Satz ſeyn muͤſſe, und
hingegen in ſo genannten galanten Sachen, wozu
man die Muſik des Theaters, und auch die Concerte
rechnet, es nicht ſo genau nehmen duͤrfe.
Weil die Cammermuſik nicht ſo durchdringend
ſeyn darf, als die Kirchenmuſik, ſo werden die Jn-
ſtrumente dazu auch insgemein etwas weniger hoch-
geſtimmt; daher wird der Cammerton von dem
Chorton unterſchieden.
Canon.
(Muſik.)
Jn der Muſik der alten Griechen bedeutete dieſes
Wort das, was man itzt ein Monochord nennt, naͤm-
lich eine geſpannte Sayte, auf einem Brete, worauf
die Laͤnge der Sayte ſo eingetheilt war, daß man
leicht alle gebraͤuchliche Jntervalle darauf haben
konnte. S. Monochord.
Gegenwaͤrtig bedeutet es, ein zwey- oder mehr
ſtimmiges Tonſtuͤk, darin eine Parthie oder Stimme,
nach der andern eintritt, und denſelben Satz, oder
daſſelbe Thema, hoͤher oder tiefer ſingt, und be-
ſtaͤndig wiederholt, dergeſtallt, daß ein ſolcher Ge-
ſang nie zu Ende kommt, ſondern ſo lange fortge-
ſetzt werden kann, als man will, wie aus folgen-
dem Beyſpiel zu ſehen iſt.
[Abbildung]
Dieſer Canon iſt zweyſtimmig; der Alt faͤngt den
Geſang an; einen halben Takt ſpaͤter, und eine
Quarte
A a 3
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