Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

gethanen Reise.
Unternehmungen im Feldbau abgebe, schloß ich aus
einer englischen Sämaschine, die ich im Schloßhof
antraf.

Nachdem wir alles dieses mit viel Vergnügen ge-
sehen und betrachtet hatten, kehrten wir wieder nach
Genthod zurück. Bey dem alten Dichter selbst
mochte ich mich nicht melden. Herr Bonnet hat ge-
rechte Ursache mit diesem Nachbar gar nicht zufrieden
zu seyn, und allen Umgang mit ihm zu vermeiden;
und ich hatte meinerseits auch noch besondere Gründe,
ihn nicht zu sehen.

Jch hatte mir vorgenommen, von hier nach Ge-Geneve.
neve zu gehen, und mich auch ein paar Tage da auf-
zuhalten. Aber ich hatte Mühe, mich von einer so
guten Gesellschaft loszureißen; und da mir Hr. Bon-
net
den Vorschlag that, mich selbst nach Geneve hin,
und, wenn ich den Ort gesehen, wieder zurückzubrin-
gen, so gab ich meinen vorigen Vorsatz auf. Wir
fuhren also Sonntags den 15 October ganz früh nach
dieser Stadt. Es ist bekannt, daß Geneve nach
Verhältniß seiner geringen Größe unter die reichsten
Städte in Europa gehört. Dieser Reichthum kün-
digt sich auch an, wenn man gegen die Stadt hin-
kommt. Das ganze herumliegende Land, so weit
sich das Gebiet der kleinen Republik erstreckt, beson-
ders aber die beyden Ufer des Sees, sind mit schönen
und Reichthum ankündigenden Land- und Lusthäusern
besetzt. Ueberall, wohin man das Auge wendet, sie-
het man die deutlichsten Anzeigen eines im Ueberfluß
lebenden Volkes. Diese Landhäuser sind zwar nicht
Paläste, aber meistens ziemlich groß und wohl ge-
baut, auch so gut unterhalten, daß sie durchgehends

wie
E

gethanen Reiſe.
Unternehmungen im Feldbau abgebe, ſchloß ich aus
einer engliſchen Saͤmaſchine, die ich im Schloßhof
antraf.

Nachdem wir alles dieſes mit viel Vergnuͤgen ge-
ſehen und betrachtet hatten, kehrten wir wieder nach
Genthod zuruͤck. Bey dem alten Dichter ſelbſt
mochte ich mich nicht melden. Herr Bonnet hat ge-
rechte Urſache mit dieſem Nachbar gar nicht zufrieden
zu ſeyn, und allen Umgang mit ihm zu vermeiden;
und ich hatte meinerſeits auch noch beſondere Gruͤnde,
ihn nicht zu ſehen.

Jch hatte mir vorgenommen, von hier nach Ge-Geneve.
neve zu gehen, und mich auch ein paar Tage da auf-
zuhalten. Aber ich hatte Muͤhe, mich von einer ſo
guten Geſellſchaft loszureißen; und da mir Hr. Bon-
net
den Vorſchlag that, mich ſelbſt nach Geneve hin,
und, wenn ich den Ort geſehen, wieder zuruͤckzubrin-
gen, ſo gab ich meinen vorigen Vorſatz auf. Wir
fuhren alſo Sonntags den 15 October ganz fruͤh nach
dieſer Stadt. Es iſt bekannt, daß Geneve nach
Verhaͤltniß ſeiner geringen Groͤße unter die reichſten
Staͤdte in Europa gehoͤrt. Dieſer Reichthum kuͤn-
digt ſich auch an, wenn man gegen die Stadt hin-
kommt. Das ganze herumliegende Land, ſo weit
ſich das Gebiet der kleinen Republik erſtreckt, beſon-
ders aber die beyden Ufer des Sees, ſind mit ſchoͤnen
und Reichthum ankuͤndigenden Land- und Luſthaͤuſern
beſetzt. Ueberall, wohin man das Auge wendet, ſie-
het man die deutlichſten Anzeigen eines im Ueberfluß
lebenden Volkes. Dieſe Landhaͤuſer ſind zwar nicht
Palaͤſte, aber meiſtens ziemlich groß und wohl ge-
baut, auch ſo gut unterhalten, daß ſie durchgehends

wie
E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="diaryEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0083" n="65"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">gethanen Rei&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
Unternehmungen im Feldbau abgebe, &#x017F;chloß ich aus<lb/>
einer engli&#x017F;chen Sa&#x0364;ma&#x017F;chine, die ich im Schloßhof<lb/>
antraf.</p><lb/>
          <p>Nachdem wir alles die&#x017F;es mit viel Vergnu&#x0364;gen ge-<lb/>
&#x017F;ehen und betrachtet hatten, kehrten wir wieder nach<lb/><hi rendition="#fr">Genthod</hi> zuru&#x0364;ck. Bey dem alten Dichter &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
mochte ich mich nicht melden. Herr <hi rendition="#fr">Bonnet</hi> hat ge-<lb/>
rechte Ur&#x017F;ache mit die&#x017F;em Nachbar gar nicht zufrieden<lb/>
zu &#x017F;eyn, und allen Umgang mit ihm zu vermeiden;<lb/>
und ich hatte meiner&#x017F;eits auch noch be&#x017F;ondere Gru&#x0364;nde,<lb/>
ihn nicht zu &#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>Jch hatte mir vorgenommen, von hier nach <hi rendition="#fr">Ge-</hi><note place="right">Geneve.</note><lb/><hi rendition="#fr">neve</hi> zu gehen, und mich auch ein paar Tage da auf-<lb/>
zuhalten. Aber ich hatte Mu&#x0364;he, mich von einer &#x017F;o<lb/>
guten Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft loszureißen; und da mir Hr. <hi rendition="#fr">Bon-<lb/>
net</hi> den Vor&#x017F;chlag that, mich &#x017F;elb&#x017F;t nach <hi rendition="#fr">Geneve</hi> hin,<lb/>
und, wenn ich den Ort ge&#x017F;ehen, wieder zuru&#x0364;ckzubrin-<lb/>
gen, &#x017F;o gab ich meinen vorigen Vor&#x017F;atz auf. Wir<lb/>
fuhren al&#x017F;o Sonntags den 15 October ganz fru&#x0364;h nach<lb/>
die&#x017F;er Stadt. Es i&#x017F;t bekannt, daß <hi rendition="#fr">Geneve</hi> nach<lb/>
Verha&#x0364;ltniß &#x017F;einer geringen Gro&#x0364;ße unter die reich&#x017F;ten<lb/>
Sta&#x0364;dte in Europa geho&#x0364;rt. Die&#x017F;er Reichthum ku&#x0364;n-<lb/>
digt &#x017F;ich auch an, wenn man gegen die Stadt hin-<lb/>
kommt. Das ganze herumliegende Land, &#x017F;o weit<lb/>
&#x017F;ich das Gebiet der kleinen Republik er&#x017F;treckt, be&#x017F;on-<lb/>
ders aber die beyden Ufer des Sees, &#x017F;ind mit &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
und Reichthum anku&#x0364;ndigenden Land- und Lu&#x017F;tha&#x0364;u&#x017F;ern<lb/>
be&#x017F;etzt. Ueberall, wohin man das Auge wendet, &#x017F;ie-<lb/>
het man die deutlich&#x017F;ten Anzeigen eines im Ueberfluß<lb/>
lebenden Volkes. Die&#x017F;e Landha&#x0364;u&#x017F;er &#x017F;ind zwar nicht<lb/>
Pala&#x0364;&#x017F;te, aber mei&#x017F;tens ziemlich groß und wohl ge-<lb/>
baut, auch &#x017F;o gut unterhalten, daß &#x017F;ie durchgehends<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E</fw><fw place="bottom" type="catch">wie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0083] gethanen Reiſe. Unternehmungen im Feldbau abgebe, ſchloß ich aus einer engliſchen Saͤmaſchine, die ich im Schloßhof antraf. Nachdem wir alles dieſes mit viel Vergnuͤgen ge- ſehen und betrachtet hatten, kehrten wir wieder nach Genthod zuruͤck. Bey dem alten Dichter ſelbſt mochte ich mich nicht melden. Herr Bonnet hat ge- rechte Urſache mit dieſem Nachbar gar nicht zufrieden zu ſeyn, und allen Umgang mit ihm zu vermeiden; und ich hatte meinerſeits auch noch beſondere Gruͤnde, ihn nicht zu ſehen. Jch hatte mir vorgenommen, von hier nach Ge- neve zu gehen, und mich auch ein paar Tage da auf- zuhalten. Aber ich hatte Muͤhe, mich von einer ſo guten Geſellſchaft loszureißen; und da mir Hr. Bon- net den Vorſchlag that, mich ſelbſt nach Geneve hin, und, wenn ich den Ort geſehen, wieder zuruͤckzubrin- gen, ſo gab ich meinen vorigen Vorſatz auf. Wir fuhren alſo Sonntags den 15 October ganz fruͤh nach dieſer Stadt. Es iſt bekannt, daß Geneve nach Verhaͤltniß ſeiner geringen Groͤße unter die reichſten Staͤdte in Europa gehoͤrt. Dieſer Reichthum kuͤn- digt ſich auch an, wenn man gegen die Stadt hin- kommt. Das ganze herumliegende Land, ſo weit ſich das Gebiet der kleinen Republik erſtreckt, beſon- ders aber die beyden Ufer des Sees, ſind mit ſchoͤnen und Reichthum ankuͤndigenden Land- und Luſthaͤuſern beſetzt. Ueberall, wohin man das Auge wendet, ſie- het man die deutlichſten Anzeigen eines im Ueberfluß lebenden Volkes. Dieſe Landhaͤuſer ſind zwar nicht Palaͤſte, aber meiſtens ziemlich groß und wohl ge- baut, auch ſo gut unterhalten, daß ſie durchgehends wie Geneve. E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/83
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/83>, abgerufen am 06.05.2024.