Von Moudon geht der übrige Theil des Weges bis Lausanne über einen Berg, der ein Nebenast des Jura ist. Die Straße über denselben ist gut und so bequem, als es irgend die Beschaffenheit des Berges zugelassen hat. Jm Herunterfahren, wenn man sich der Stadt Lausanne, die an der südwestlichen Seite dieses Berges liegt, nähert, hat man eine Aus-Schöne Aus- sicht gegen Lausanne. sicht von unbeschreiblicher Mannichfaltigkeit und Schön- heit. Man übersieht den großen Genfer See fast ganz, einen großen Theil seines diesseitigen reichen und mit vielen Städten und Dörfern besetzten Ufers. Jenseit des Sees fällt der schönste Theil des Herzog- thums Chablais mit verschiedenen Städten, Dör- fern und mit abwechselnden Hügeln und Ebenen, hin- ter diesen die erstaunlich hohen und ganz mit Schnee bedeckten savoyischen Alpen, und weiter gegen Morgen die wilden Gebürge von Wallis, nebst den daran stos- senden Berner Alpen, alles dieses auf einmal ins Ge- sicht. Jch zweifle daran, daß irgend an einem Orte des Erdbodens eine reichere und mannichfaltigere Aus- sicht anzutreffen sey. Man sieht ein Stück Landes von etwa 40 deutschen Quadratmeilen vor sich, auf dem sich die höchste Fruchtbarkeit und der höchste Grad der Cultur, neben den wildesten Gegenden der Welt
zei-
Jahren angefangen, von dem Landvolke des Can- tons Bern aus jedem Distrikt eine Manns- und eine Weibsperson genau in dem Eigenthümlichen ihres Nationalcharakters zu malen, und auf einzelne Blät- ter radirt und hernach übermalt herauszugeben. Diese Blätter (davon jetzt erst sechs heraus sind,) bestätigen das, was ich hier von dem bernischen Landvolke sage.
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gethanen Reiſe.
Von Moudon geht der uͤbrige Theil des Weges bis Lauſanne uͤber einen Berg, der ein Nebenaſt des Jura iſt. Die Straße uͤber denſelben iſt gut und ſo bequem, als es irgend die Beſchaffenheit des Berges zugelaſſen hat. Jm Herunterfahren, wenn man ſich der Stadt Lauſanne, die an der ſuͤdweſtlichen Seite dieſes Berges liegt, naͤhert, hat man eine Aus-Schoͤne Aus- ſicht gegen Lauſanne. ſicht von unbeſchreiblicher Mannichfaltigkeit und Schoͤn- heit. Man uͤberſieht den großen Genfer See faſt ganz, einen großen Theil ſeines dieſſeitigen reichen und mit vielen Staͤdten und Doͤrfern beſetzten Ufers. Jenſeit des Sees faͤllt der ſchoͤnſte Theil des Herzog- thums Chablais mit verſchiedenen Staͤdten, Doͤr- fern und mit abwechſelnden Huͤgeln und Ebenen, hin- ter dieſen die erſtaunlich hohen und ganz mit Schnee bedeckten ſavoyiſchen Alpen, und weiter gegen Morgen die wilden Gebuͤrge von Wallis, nebſt den daran ſtoſ- ſenden Berner Alpen, alles dieſes auf einmal ins Ge- ſicht. Jch zweifle daran, daß irgend an einem Orte des Erdbodens eine reichere und mannichfaltigere Aus- ſicht anzutreffen ſey. Man ſieht ein Stuͤck Landes von etwa 40 deutſchen Quadratmeilen vor ſich, auf dem ſich die hoͤchſte Fruchtbarkeit und der hoͤchſte Grad der Cultur, neben den wildeſten Gegenden der Welt
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Jahren angefangen, von dem Landvolke des Can- tons Bern aus jedem Diſtrikt eine Manns- und eine Weibsperſon genau in dem Eigenthuͤmlichen ihres Nationalcharakters zu malen, und auf einzelne Blaͤt- ter radirt und hernach uͤbermalt herauszugeben. Dieſe Blaͤtter (davon jetzt erſt ſechs heraus ſind,) beſtaͤtigen das, was ich hier von dem berniſchen Landvolke ſage.
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Von Moudon geht der uͤbrige Theil des Weges
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Jura iſt. Die Straße uͤber denſelben iſt gut und ſo
bequem, als es irgend die Beſchaffenheit des Berges
zugelaſſen hat. Jm Herunterfahren, wenn man
ſich der Stadt Lauſanne, die an der ſuͤdweſtlichen
Seite dieſes Berges liegt, naͤhert, hat man eine Aus-
ſicht von unbeſchreiblicher Mannichfaltigkeit und Schoͤn-
heit. Man uͤberſieht den großen Genfer See faſt
ganz, einen großen Theil ſeines dieſſeitigen reichen
und mit vielen Staͤdten und Doͤrfern beſetzten Ufers.
Jenſeit des Sees faͤllt der ſchoͤnſte Theil des Herzog-
thums Chablais mit verſchiedenen Staͤdten, Doͤr-
fern und mit abwechſelnden Huͤgeln und Ebenen, hin-
ter dieſen die erſtaunlich hohen und ganz mit Schnee
bedeckten ſavoyiſchen Alpen, und weiter gegen Morgen
die wilden Gebuͤrge von Wallis, nebſt den daran ſtoſ-
ſenden Berner Alpen, alles dieſes auf einmal ins Ge-
ſicht. Jch zweifle daran, daß irgend an einem Orte
des Erdbodens eine reichere und mannichfaltigere Aus-
ſicht anzutreffen ſey. Man ſieht ein Stuͤck Landes
von etwa 40 deutſchen Quadratmeilen vor ſich, auf
dem ſich die hoͤchſte Fruchtbarkeit und der hoͤchſte Grad
der Cultur, neben den wildeſten Gegenden der Welt
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Schoͤne Aus-
ſicht gegen
Lauſanne.
*) Jahren angefangen, von dem Landvolke des Can-
tons Bern aus jedem Diſtrikt eine Manns- und eine
Weibsperſon genau in dem Eigenthuͤmlichen ihres
Nationalcharakters zu malen, und auf einzelne Blaͤt-
ter radirt und hernach uͤbermalt herauszugeben.
Dieſe Blaͤtter (davon jetzt erſt ſechs heraus ſind,)
beſtaͤtigen das, was ich hier von dem berniſchen
Landvolke ſage.
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/59>, abgerufen am 22.07.2024.
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