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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
strengen Oekonomisten, die jedes Land so vollgestopft
von Menschen haben möchten, daß sie nicht anders
als durch die strengste und mühsamste Arbeitsamkeit
leben könnten. Mich dünkt, daß zum guten und
wünschenswerthen Leben, und ein anderes sollte man
keinem Menschen zu geben wünschen, ein geringer
Grad des Ueberflusses gehöre, damit man bisweilen
einen Tag zum Vergnügen anwenden, oder an einem
das verzehren könne, was sonst zweyen bestimmt wä-
re, ohne sich dadurch der unangenehmen Folge auszu-
setzen, hernach so viele Tage, als man auf beschriebene
Weise gelebt hat, zu hungern. Jch billige nicht ein-
mal die zu stoische Art des Philosophen Kleinjogg,
der seiner Familie an keinem Feyertage etwas zu gute
thut. Aber denn fehlet mir doch etwas, wenn ich schö-
ne Striche Landes, oder doch solche, die gut werden
könnten, vernachläßigt sehe. Jch denke immer da-
bey: hier könnten von so viel tausend Jünglingen und
Mädchen, die gerne heiratheten, wenn sie nur für
sich und ihre künftige Familie zu leben hätten -- hier
könnten so viele Paare noch ganz gemächlich leben;
dann jammert es mich, so viel Menschen nach einem noth-
dürftigen Eigenthume schmachten zu sehen, wenn ich weiß,
daß durch bessere Anstalten jeder ein solches haben könnte.

Gegen Dillingen hin wird dieses ebene Land et-
was höher und sandig; daher es auch angebaut ist.
Jch kam spät und bey schon völlig eingetretener Nacht
in Dillingen an.

Den 14 Julius. Reise von Dillingen über Do-
nawerth
nach Roth.
Von Dillin-
gen nach
Roth.

Von Dillingen bis Donawerth hat man die
Donau, bald mehr bald weniger entfernt, rechter Hand

des

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
ſtrengen Oekonomiſten, die jedes Land ſo vollgeſtopft
von Menſchen haben moͤchten, daß ſie nicht anders
als durch die ſtrengſte und muͤhſamſte Arbeitſamkeit
leben koͤnnten. Mich duͤnkt, daß zum guten und
wuͤnſchenswerthen Leben, und ein anderes ſollte man
keinem Menſchen zu geben wuͤnſchen, ein geringer
Grad des Ueberfluſſes gehoͤre, damit man bisweilen
einen Tag zum Vergnuͤgen anwenden, oder an einem
das verzehren koͤnne, was ſonſt zweyen beſtimmt waͤ-
re, ohne ſich dadurch der unangenehmen Folge auszu-
ſetzen, hernach ſo viele Tage, als man auf beſchriebene
Weiſe gelebt hat, zu hungern. Jch billige nicht ein-
mal die zu ſtoiſche Art des Philoſophen Kleinjogg,
der ſeiner Familie an keinem Feyertage etwas zu gute
thut. Aber denn fehlet mir doch etwas, wenn ich ſchoͤ-
ne Striche Landes, oder doch ſolche, die gut werden
koͤnnten, vernachlaͤßigt ſehe. Jch denke immer da-
bey: hier koͤnnten von ſo viel tauſend Juͤnglingen und
Maͤdchen, die gerne heiratheten, wenn ſie nur fuͤr
ſich und ihre kuͤnftige Familie zu leben haͤtten — hier
koͤnnten ſo viele Paare noch ganz gemaͤchlich leben;
dann jammert es mich, ſo viel Menſchen nach einem noth-
duͤrftigen Eigenthume ſchmachten zu ſehen, wenn ich weiß,
daß durch beſſere Anſtalten jeder ein ſolches haben koͤnnte.

Gegen Dillingen hin wird dieſes ebene Land et-
was hoͤher und ſandig; daher es auch angebaut iſt.
Jch kam ſpaͤt und bey ſchon voͤllig eingetretener Nacht
in Dillingen an.

Den 14 Julius. Reiſe von Dillingen uͤber Do-
nawerth
nach Roth.
Von Dillin-
gen nach
Roth.

Von Dillingen bis Donawerth hat man die
Donau, bald mehr bald weniger entfernt, rechter Hand

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[402/0422] Tagebuch von der Ruͤckreiſe ſtrengen Oekonomiſten, die jedes Land ſo vollgeſtopft von Menſchen haben moͤchten, daß ſie nicht anders als durch die ſtrengſte und muͤhſamſte Arbeitſamkeit leben koͤnnten. Mich duͤnkt, daß zum guten und wuͤnſchenswerthen Leben, und ein anderes ſollte man keinem Menſchen zu geben wuͤnſchen, ein geringer Grad des Ueberfluſſes gehoͤre, damit man bisweilen einen Tag zum Vergnuͤgen anwenden, oder an einem das verzehren koͤnne, was ſonſt zweyen beſtimmt waͤ- re, ohne ſich dadurch der unangenehmen Folge auszu- ſetzen, hernach ſo viele Tage, als man auf beſchriebene Weiſe gelebt hat, zu hungern. Jch billige nicht ein- mal die zu ſtoiſche Art des Philoſophen Kleinjogg, der ſeiner Familie an keinem Feyertage etwas zu gute thut. Aber denn fehlet mir doch etwas, wenn ich ſchoͤ- ne Striche Landes, oder doch ſolche, die gut werden koͤnnten, vernachlaͤßigt ſehe. Jch denke immer da- bey: hier koͤnnten von ſo viel tauſend Juͤnglingen und Maͤdchen, die gerne heiratheten, wenn ſie nur fuͤr ſich und ihre kuͤnftige Familie zu leben haͤtten — hier koͤnnten ſo viele Paare noch ganz gemaͤchlich leben; dann jammert es mich, ſo viel Menſchen nach einem noth- duͤrftigen Eigenthume ſchmachten zu ſehen, wenn ich weiß, daß durch beſſere Anſtalten jeder ein ſolches haben koͤnnte. Gegen Dillingen hin wird dieſes ebene Land et- was hoͤher und ſandig; daher es auch angebaut iſt. Jch kam ſpaͤt und bey ſchon voͤllig eingetretener Nacht in Dillingen an. Den 14 Julius. Reiſe von Dillingen uͤber Do- nawerth nach Roth. Von Dillingen bis Donawerth hat man die Donau, bald mehr bald weniger entfernt, rechter Hand des

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/422>, abgerufen am 24.11.2024.