leicht darum, damit seine Schüler, vor denen diese Papiere mögen herum gelegen haben, sie nicht gut möchten lesen können. Es ist sehr zu wünschen, daß ein der Sache gewachsener Mann die Geduld habe, diese Papiere abzuschreiben, und aus denselben einen Aufsatz über die so mannichfaltigen Studia, Erfindun- gen und bloßen Einfälle dieses sonderbaren Genies an das Licht zu stellen.
Die beyden erwähnten Gebäude des ambrosiani- schen Jnstituts, (denn es ist weit mehr als eine bloße Bibliothek,) welche in gerader Linie der Länge nach neben einander liegen, sind durch eine offene Gallerie, in der verschiedene ägyptische Alterthümer aufgestellt sind, mit einander verbunden. Vor dieser Gallerie liegt zwischen den beyden Gebäuden ein kleiner offener gegen die Straße mit einer Mauer verschlossener Platz, der ein kleiner botanischer Garten ist, aber wenig Auf- merksamkeit verdienet.
Die Manuscriptenkammer ist ungemein reich; davon aber ist, welches kaum glaublich, nicht einmal ein ordentliches und zuverläßiges Verzeichniß vorhanden. Als ich gegen die Bibliothekare meine Verwunderung darüber äußerte, sagten sie mir, der Stifter Al. Borromeo, ein Neffe des heil. Carls, habe verbe- ten, eines zu machen, weil er gewußt, daß unter den Manuscripten, die er von allen Orten her zusam- mengekauft, viele gewesen, die aus andern Biblio- theken entwendet worden, mithin besorgt habe, sie möchten, wenn es bekannt würde wo sie wären, wie- der zurückgefordert werden. Hier mögen also noch viel unbekannte Schätze der Litteratur verborgen liegen. Man zeigte mir, was man für das rarste hielt, unter
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Tagebuch von der Ruͤckreiſe
leicht darum, damit ſeine Schuͤler, vor denen dieſe Papiere moͤgen herum gelegen haben, ſie nicht gut moͤchten leſen koͤnnen. Es iſt ſehr zu wuͤnſchen, daß ein der Sache gewachſener Mann die Geduld habe, dieſe Papiere abzuſchreiben, und aus denſelben einen Aufſatz uͤber die ſo mannichfaltigen Studia, Erfindun- gen und bloßen Einfaͤlle dieſes ſonderbaren Genies an das Licht zu ſtellen.
Die beyden erwaͤhnten Gebaͤude des ambroſiani- ſchen Jnſtituts, (denn es iſt weit mehr als eine bloße Bibliothek,) welche in gerader Linie der Laͤnge nach neben einander liegen, ſind durch eine offene Gallerie, in der verſchiedene aͤgyptiſche Alterthuͤmer aufgeſtellt ſind, mit einander verbunden. Vor dieſer Gallerie liegt zwiſchen den beyden Gebaͤuden ein kleiner offener gegen die Straße mit einer Mauer verſchloſſener Platz, der ein kleiner botaniſcher Garten iſt, aber wenig Auf- merkſamkeit verdienet.
Die Manuſcriptenkammer iſt ungemein reich; davon aber iſt, welches kaum glaublich, nicht einmal ein ordentliches und zuverlaͤßiges Verzeichniß vorhanden. Als ich gegen die Bibliothekare meine Verwunderung daruͤber aͤußerte, ſagten ſie mir, der Stifter Al. Borromeo, ein Neffe des heil. Carls, habe verbe- ten, eines zu machen, weil er gewußt, daß unter den Manuſcripten, die er von allen Orten her zuſam- mengekauft, viele geweſen, die aus andern Biblio- theken entwendet worden, mithin beſorgt habe, ſie moͤchten, wenn es bekannt wuͤrde wo ſie waͤren, wie- der zuruͤckgefordert werden. Hier moͤgen alſo noch viel unbekannte Schaͤtze der Litteratur verborgen liegen. Man zeigte mir, was man fuͤr das rarſte hielt, unter
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Tagebuch von der Ruͤckreiſe
leicht darum, damit ſeine Schuͤler, vor denen dieſe
Papiere moͤgen herum gelegen haben, ſie nicht gut
moͤchten leſen koͤnnen. Es iſt ſehr zu wuͤnſchen, daß
ein der Sache gewachſener Mann die Geduld habe,
dieſe Papiere abzuſchreiben, und aus denſelben einen
Aufſatz uͤber die ſo mannichfaltigen Studia, Erfindun-
gen und bloßen Einfaͤlle dieſes ſonderbaren Genies an
das Licht zu ſtellen.
Die beyden erwaͤhnten Gebaͤude des ambroſiani-
ſchen Jnſtituts, (denn es iſt weit mehr als eine bloße
Bibliothek,) welche in gerader Linie der Laͤnge nach
neben einander liegen, ſind durch eine offene Gallerie,
in der verſchiedene aͤgyptiſche Alterthuͤmer aufgeſtellt
ſind, mit einander verbunden. Vor dieſer Gallerie
liegt zwiſchen den beyden Gebaͤuden ein kleiner offener
gegen die Straße mit einer Mauer verſchloſſener Platz,
der ein kleiner botaniſcher Garten iſt, aber wenig Auf-
merkſamkeit verdienet.
Die Manuſcriptenkammer iſt ungemein reich;
davon aber iſt, welches kaum glaublich, nicht einmal
ein ordentliches und zuverlaͤßiges Verzeichniß vorhanden.
Als ich gegen die Bibliothekare meine Verwunderung
daruͤber aͤußerte, ſagten ſie mir, der Stifter Al.
Borromeo, ein Neffe des heil. Carls, habe verbe-
ten, eines zu machen, weil er gewußt, daß unter
den Manuſcripten, die er von allen Orten her zuſam-
mengekauft, viele geweſen, die aus andern Biblio-
theken entwendet worden, mithin beſorgt habe, ſie
moͤchten, wenn es bekannt wuͤrde wo ſie waͤren, wie-
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/352>, abgerufen am 16.02.2025.
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