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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
Jahrgehalt vom Könige. Das Werk wird jetzt von
einem jungen Maler fortgesetzt, den jener hiezu ange-
zogen hat.

Bey dieser Gelegenheit will ich noch anmerken,
daß der hiesige botanische Garten, der einen Theil der
Gärten des alten königlichen Lustschlosses Valentino,
das unweit der Stadt liegt, ausmacht, nicht nur an
Pflanzen sehr reich, sondern in seiner Einrichtung ganz
fürtrefflich ist.

Unter den besondern zum Studiren gehörigen
Einrichtungen hat auch folgende mir besonders gefal-
len, daß kein Knabe im ganzen Lande in die lateini-
schen Schulen angenommen wird, ehe er nicht in ei-
ner sogenannten Trivialschule außer dem Lesen und
Schreiben in der grammatischen Kenntniß der italiä-
nischen Sprache ist unterwiesen worden. Nichts ist
ungereimter, als daß man den Kindern die so nöthi-
gen Kenntnisse des Grammatischen der Sprachen an
den alten, ihnen noch völlig fremden und unbekannten
Sprachen zuerst zeigen will.

Jch weiß nicht, ob ich die turinsche Gesellschaft der
Wissenschafften auch unter die öffentlichen Anstalten
rechnen soll. Denn eigentlich hat sie von einer öffent-
lichen Anstalt nichts als den Namen, da der König
bis jetzt ihr weder eine Verfassung, noch Gesetze, noch
einen Rang, noch Einkünfte gegeben hat. Diese
Gesellschaft hat eigentlich folgenden Ursprung. Jn
den Jahren 1756 und 1757 war der damals noch
sehr junge, jetzt als einer der ersten Mathematiker die-
ses Jahrhunderts berühmte La Grange, Professor
an der königlichen Artillerieschule in Turin. Unter sei-
nen Zuhörern befanden sich auch der Graf von Saluzzo

und

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
Jahrgehalt vom Koͤnige. Das Werk wird jetzt von
einem jungen Maler fortgeſetzt, den jener hiezu ange-
zogen hat.

Bey dieſer Gelegenheit will ich noch anmerken,
daß der hieſige botaniſche Garten, der einen Theil der
Gaͤrten des alten koͤniglichen Luſtſchloſſes Valentino,
das unweit der Stadt liegt, ausmacht, nicht nur an
Pflanzen ſehr reich, ſondern in ſeiner Einrichtung ganz
fuͤrtrefflich iſt.

Unter den beſondern zum Studiren gehoͤrigen
Einrichtungen hat auch folgende mir beſonders gefal-
len, daß kein Knabe im ganzen Lande in die lateini-
ſchen Schulen angenommen wird, ehe er nicht in ei-
ner ſogenannten Trivialſchule außer dem Leſen und
Schreiben in der grammatiſchen Kenntniß der italiaͤ-
niſchen Sprache iſt unterwieſen worden. Nichts iſt
ungereimter, als daß man den Kindern die ſo noͤthi-
gen Kenntniſſe des Grammatiſchen der Sprachen an
den alten, ihnen noch voͤllig fremden und unbekannten
Sprachen zuerſt zeigen will.

Jch weiß nicht, ob ich die turinſche Geſellſchaft der
Wiſſenſchafften auch unter die oͤffentlichen Anſtalten
rechnen ſoll. Denn eigentlich hat ſie von einer oͤffent-
lichen Anſtalt nichts als den Namen, da der Koͤnig
bis jetzt ihr weder eine Verfaſſung, noch Geſetze, noch
einen Rang, noch Einkuͤnfte gegeben hat. Dieſe
Geſellſchaft hat eigentlich folgenden Urſprung. Jn
den Jahren 1756 und 1757 war der damals noch
ſehr junge, jetzt als einer der erſten Mathematiker die-
ſes Jahrhunderts beruͤhmte La Grange, Profeſſor
an der koͤniglichen Artillerieſchule in Turin. Unter ſei-
nen Zuhoͤrern befanden ſich auch der Graf von Saluzzo

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[316/0336] Tagebuch von der Ruͤckreiſe Jahrgehalt vom Koͤnige. Das Werk wird jetzt von einem jungen Maler fortgeſetzt, den jener hiezu ange- zogen hat. Bey dieſer Gelegenheit will ich noch anmerken, daß der hieſige botaniſche Garten, der einen Theil der Gaͤrten des alten koͤniglichen Luſtſchloſſes Valentino, das unweit der Stadt liegt, ausmacht, nicht nur an Pflanzen ſehr reich, ſondern in ſeiner Einrichtung ganz fuͤrtrefflich iſt. Unter den beſondern zum Studiren gehoͤrigen Einrichtungen hat auch folgende mir beſonders gefal- len, daß kein Knabe im ganzen Lande in die lateini- ſchen Schulen angenommen wird, ehe er nicht in ei- ner ſogenannten Trivialſchule außer dem Leſen und Schreiben in der grammatiſchen Kenntniß der italiaͤ- niſchen Sprache iſt unterwieſen worden. Nichts iſt ungereimter, als daß man den Kindern die ſo noͤthi- gen Kenntniſſe des Grammatiſchen der Sprachen an den alten, ihnen noch voͤllig fremden und unbekannten Sprachen zuerſt zeigen will. Jch weiß nicht, ob ich die turinſche Geſellſchaft der Wiſſenſchafften auch unter die oͤffentlichen Anſtalten rechnen ſoll. Denn eigentlich hat ſie von einer oͤffent- lichen Anſtalt nichts als den Namen, da der Koͤnig bis jetzt ihr weder eine Verfaſſung, noch Geſetze, noch einen Rang, noch Einkuͤnfte gegeben hat. Dieſe Geſellſchaft hat eigentlich folgenden Urſprung. Jn den Jahren 1756 und 1757 war der damals noch ſehr junge, jetzt als einer der erſten Mathematiker die- ſes Jahrhunderts beruͤhmte La Grange, Profeſſor an der koͤniglichen Artillerieſchule in Turin. Unter ſei- nen Zuhoͤrern befanden ſich auch der Graf von Saluzzo und

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/336>, abgerufen am 24.11.2024.