Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Tagebuch von der Rückreise
zur Erklärung des Dictirten anwenden soll. Jeder
muß seinen Cursum schriftlich aufsetzen, und wenn er
selbst Krankheit oder anderer Ursachen halber seine
Lectionen nicht halten kann, so schickt er seine Papiere
einem außerordentlichen oder andern Professor, der die
Lectionen für ihn hält, und nach seinen Papieren sie
den Studenten dictirt. Die Cursus sind nach der
Weitläuftigkeit der Materien verschieden: z. E. der
von der biblischen und dogmatischen Theologie ist von
5 Jahren, andre sind von 3, von 2 und von einem
Jahre.

Kein Student wird aufgenommen, wenn er nicht
mit gehörigen Zeugnissen von den Gymnasiis versehen
ist; und den Reformatoren liegt ob, zu verhindern,
daß ganz arme und solche, die von ganz niedriger Ge-
burt sind, angenommen werden. Doch ist deshalb
für vorzüglich gute Köpfe ihnen eine Ausnahme zu ma-
chen erlaubt. Jeder Student muß, um irgend ei-
nen akademischen Grad, als Magister, Licentiat,
Doctor, zu erhalten, die gesetzmäßige Zeit auf der
Universität studirt haben. Denjenigen, die auf Gym-
nasiis der Provinzen schon einige zum Unterricht der
Universität gehörige Theile studirt haben, werden ein
paar Jahr dafür erlassen.

Jede Facultät macht einen besondern Körper der
Universität aus, und aus deren Vereinigung erwächst
das Ganze. Zu einem solchen Körper gehören erst-
lich die Professoren derselben Facultät, dann noch dreys-
sig Doctoren, die erst zwey Jahre, nachdem sie den
Gradum angenommen, sich zur Aufnahme in die Fa-
cultät melden können, und endlich die Studenten.
Jedes dieser vier Collegien der Facultäten hat seinen

Prior

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
zur Erklaͤrung des Dictirten anwenden ſoll. Jeder
muß ſeinen Curſum ſchriftlich aufſetzen, und wenn er
ſelbſt Krankheit oder anderer Urſachen halber ſeine
Lectionen nicht halten kann, ſo ſchickt er ſeine Papiere
einem außerordentlichen oder andern Profeſſor, der die
Lectionen fuͤr ihn haͤlt, und nach ſeinen Papieren ſie
den Studenten dictirt. Die Curſus ſind nach der
Weitlaͤuftigkeit der Materien verſchieden: z. E. der
von der bibliſchen und dogmatiſchen Theologie iſt von
5 Jahren, andre ſind von 3, von 2 und von einem
Jahre.

Kein Student wird aufgenommen, wenn er nicht
mit gehoͤrigen Zeugniſſen von den Gymnaſiis verſehen
iſt; und den Reformatoren liegt ob, zu verhindern,
daß ganz arme und ſolche, die von ganz niedriger Ge-
burt ſind, angenommen werden. Doch iſt deshalb
fuͤr vorzuͤglich gute Koͤpfe ihnen eine Ausnahme zu ma-
chen erlaubt. Jeder Student muß, um irgend ei-
nen akademiſchen Grad, als Magiſter, Licentiat,
Doctor, zu erhalten, die geſetzmaͤßige Zeit auf der
Univerſitaͤt ſtudirt haben. Denjenigen, die auf Gym-
naſiis der Provinzen ſchon einige zum Unterricht der
Univerſitaͤt gehoͤrige Theile ſtudirt haben, werden ein
paar Jahr dafuͤr erlaſſen.

Jede Facultaͤt macht einen beſondern Koͤrper der
Univerſitaͤt aus, und aus deren Vereinigung erwaͤchſt
das Ganze. Zu einem ſolchen Koͤrper gehoͤren erſt-
lich die Profeſſoren derſelben Facultaͤt, dann noch dreyſ-
ſig Doctoren, die erſt zwey Jahre, nachdem ſie den
Gradum angenommen, ſich zur Aufnahme in die Fa-
cultaͤt melden koͤnnen, und endlich die Studenten.
Jedes dieſer vier Collegien der Facultaͤten hat ſeinen

Prior
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="diaryEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0332" n="312"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Tagebuch von der Ru&#x0364;ckrei&#x017F;e</hi></fw><lb/>
zur Erkla&#x0364;rung des Dictirten anwenden &#x017F;oll. Jeder<lb/>
muß &#x017F;einen Cur&#x017F;um &#x017F;chriftlich auf&#x017F;etzen, und wenn er<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t Krankheit oder anderer Ur&#x017F;achen halber &#x017F;eine<lb/>
Lectionen nicht halten kann, &#x017F;o &#x017F;chickt er &#x017F;eine Papiere<lb/>
einem außerordentlichen oder andern Profe&#x017F;&#x017F;or, der die<lb/>
Lectionen fu&#x0364;r ihn ha&#x0364;lt, und nach &#x017F;einen Papieren &#x017F;ie<lb/>
den Studenten dictirt. Die Cur&#x017F;us &#x017F;ind nach der<lb/>
Weitla&#x0364;uftigkeit der Materien ver&#x017F;chieden: z. E. der<lb/>
von der bibli&#x017F;chen und dogmati&#x017F;chen Theologie i&#x017F;t von<lb/>
5 Jahren, andre &#x017F;ind von 3, von 2 und von einem<lb/>
Jahre.</p><lb/>
          <p>Kein Student wird aufgenommen, wenn er nicht<lb/>
mit geho&#x0364;rigen Zeugni&#x017F;&#x017F;en von den Gymna&#x017F;iis ver&#x017F;ehen<lb/>
i&#x017F;t; und den Reformatoren liegt ob, zu verhindern,<lb/>
daß ganz arme und &#x017F;olche, die von ganz niedriger Ge-<lb/>
burt &#x017F;ind, angenommen werden. Doch i&#x017F;t deshalb<lb/>
fu&#x0364;r vorzu&#x0364;glich gute Ko&#x0364;pfe ihnen eine Ausnahme zu ma-<lb/>
chen erlaubt. Jeder Student muß, um irgend ei-<lb/>
nen akademi&#x017F;chen Grad, als Magi&#x017F;ter, Licentiat,<lb/>
Doctor, zu erhalten, die ge&#x017F;etzma&#x0364;ßige Zeit auf der<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;t &#x017F;tudirt haben. Denjenigen, die auf Gym-<lb/>
na&#x017F;iis der Provinzen &#x017F;chon einige zum Unterricht der<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;t geho&#x0364;rige Theile &#x017F;tudirt haben, werden ein<lb/>
paar Jahr dafu&#x0364;r erla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Jede Faculta&#x0364;t macht einen be&#x017F;ondern Ko&#x0364;rper der<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;t aus, und aus deren Vereinigung erwa&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
das Ganze. Zu einem &#x017F;olchen Ko&#x0364;rper geho&#x0364;ren er&#x017F;t-<lb/>
lich die Profe&#x017F;&#x017F;oren der&#x017F;elben Faculta&#x0364;t, dann noch drey&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig Doctoren, die er&#x017F;t zwey Jahre, nachdem &#x017F;ie den<lb/>
Gradum angenommen, &#x017F;ich zur Aufnahme in die Fa-<lb/>
culta&#x0364;t melden ko&#x0364;nnen, und endlich die Studenten.<lb/>
Jedes die&#x017F;er vier Collegien der Faculta&#x0364;ten hat &#x017F;einen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Prior</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0332] Tagebuch von der Ruͤckreiſe zur Erklaͤrung des Dictirten anwenden ſoll. Jeder muß ſeinen Curſum ſchriftlich aufſetzen, und wenn er ſelbſt Krankheit oder anderer Urſachen halber ſeine Lectionen nicht halten kann, ſo ſchickt er ſeine Papiere einem außerordentlichen oder andern Profeſſor, der die Lectionen fuͤr ihn haͤlt, und nach ſeinen Papieren ſie den Studenten dictirt. Die Curſus ſind nach der Weitlaͤuftigkeit der Materien verſchieden: z. E. der von der bibliſchen und dogmatiſchen Theologie iſt von 5 Jahren, andre ſind von 3, von 2 und von einem Jahre. Kein Student wird aufgenommen, wenn er nicht mit gehoͤrigen Zeugniſſen von den Gymnaſiis verſehen iſt; und den Reformatoren liegt ob, zu verhindern, daß ganz arme und ſolche, die von ganz niedriger Ge- burt ſind, angenommen werden. Doch iſt deshalb fuͤr vorzuͤglich gute Koͤpfe ihnen eine Ausnahme zu ma- chen erlaubt. Jeder Student muß, um irgend ei- nen akademiſchen Grad, als Magiſter, Licentiat, Doctor, zu erhalten, die geſetzmaͤßige Zeit auf der Univerſitaͤt ſtudirt haben. Denjenigen, die auf Gym- naſiis der Provinzen ſchon einige zum Unterricht der Univerſitaͤt gehoͤrige Theile ſtudirt haben, werden ein paar Jahr dafuͤr erlaſſen. Jede Facultaͤt macht einen beſondern Koͤrper der Univerſitaͤt aus, und aus deren Vereinigung erwaͤchſt das Ganze. Zu einem ſolchen Koͤrper gehoͤren erſt- lich die Profeſſoren derſelben Facultaͤt, dann noch dreyſ- ſig Doctoren, die erſt zwey Jahre, nachdem ſie den Gradum angenommen, ſich zur Aufnahme in die Fa- cultaͤt melden koͤnnen, und endlich die Studenten. Jedes dieſer vier Collegien der Facultaͤten hat ſeinen Prior

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/332
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/332>, abgerufen am 18.05.2024.