Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.gethanen Reise. die Myrte, der Lorbeerbaum, das lieblich riechendeSmilax, der gelbe Jasmin, der Lentiscus, der Gra- natenbaum, der Sumach, der Erdbeerbaum, oder Arbutus, und viel andre bey uns seltene Gewächse sind hier überall neben den Wegen oder in Wildnissen zu sehen. An einigen der rauhesten Stellen der Berge findet man den sogenannten Carroubier (Siliqua dulcis,) einen sehr schönen immergrünen Baum, ge- pflanzet, dessen lange Schoten, die in Deutschland unter dem Namen St. Johannisbrod bekannt sind, hier den Eseln zum Futter dienen *). Jn den Gärten siehet man auch hier und da den Etwas beschwerlich ist hiebey doch der Umstand, be- *) Man rechnet hier den jährlichen Ertrag eines sol- chen Baumes, einen in den andern gerechnet, drey piemontesische Lire. Es ist mir daher völlig unglaub- lich, was Twiß von einem solchen Baume, der bey Alicante in Spanien stehen soll, meldet, daß er 130 Arroben Früchte (jede Arrobe hält 26 Pfund) soll ge- tragen haben, die für 70 Rthlr. verkauft worden. Jn Spanien wird dieser Baum Garofero genennt. P 4
gethanen Reiſe. die Myrte, der Lorbeerbaum, das lieblich riechendeSmilax, der gelbe Jasmin, der Lentiſcus, der Gra- natenbaum, der Sumach, der Erdbeerbaum, oder Arbutus, und viel andre bey uns ſeltene Gewaͤchſe ſind hier uͤberall neben den Wegen oder in Wildniſſen zu ſehen. An einigen der rauheſten Stellen der Berge findet man den ſogenannten Carroubier (Siliqua dulcis,) einen ſehr ſchoͤnen immergruͤnen Baum, ge- pflanzet, deſſen lange Schoten, die in Deutſchland unter dem Namen St. Johannisbrod bekannt ſind, hier den Eſeln zum Futter dienen *). Jn den Gaͤrten ſiehet man auch hier und da den Etwas beſchwerlich iſt hiebey doch der Umſtand, be- *) Man rechnet hier den jaͤhrlichen Ertrag eines ſol- chen Baumes, einen in den andern gerechnet, drey piemonteſiſche Lire. Es iſt mir daher voͤllig unglaub- lich, was Twiß von einem ſolchen Baume, der bey Alicante in Spanien ſtehen ſoll, meldet, daß er 130 Arroben Fruͤchte (jede Arrobe haͤlt 26 Pfund) ſoll ge- tragen haben, die fuͤr 70 Rthlr. verkauft worden. Jn Spanien wird dieſer Baum Garofero genennt. P 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0251" n="231"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">gethanen Reiſe.</hi></fw><lb/> die Myrte, der Lorbeerbaum, das lieblich riechende<lb/> Smilax, der gelbe Jasmin, der Lentiſcus, der Gra-<lb/> natenbaum, der Sumach, der Erdbeerbaum, oder<lb/> Arbutus, und viel andre bey uns ſeltene Gewaͤchſe ſind<lb/> hier uͤberall neben den Wegen oder in Wildniſſen zu<lb/> ſehen. An einigen der rauheſten Stellen der Berge<lb/> findet man den ſogenannten <hi rendition="#fr">Carroubier</hi> (<hi rendition="#aq">Siliqua<lb/> dulcis,</hi>) einen ſehr ſchoͤnen immergruͤnen Baum, ge-<lb/> pflanzet, deſſen lange Schoten, die in Deutſchland<lb/> unter dem Namen <hi rendition="#fr">St. Johannisbrod</hi> bekannt ſind,<lb/> hier den Eſeln zum Futter dienen <note place="foot" n="*)">Man rechnet hier den jaͤhrlichen Ertrag eines ſol-<lb/> chen Baumes, einen in den andern gerechnet, drey<lb/> piemonteſiſche Lire. Es iſt mir daher voͤllig unglaub-<lb/> lich, was <hi rendition="#fr">Twiß</hi> von einem ſolchen Baume, der bey<lb/> Alicante in Spanien ſtehen ſoll, meldet, daß er 130<lb/> Arroben Fruͤchte (jede Arrobe haͤlt 26 Pfund) ſoll ge-<lb/> tragen haben, die fuͤr 70 Rthlr. verkauft worden.<lb/> Jn Spanien wird dieſer Baum Garofero genennt.</note>.</p><lb/> <p>Jn den Gaͤrten ſiehet man auch hier und da den<lb/> Dattelbaum, den Jujubenbaum, die aͤgyptiſche <hi rendition="#fr">Aca-<lb/> cia mimoſa,</hi> und den <hi rendition="#fr">Azedarach,</hi> aus deſſen ſehr<lb/> artig geſtaltetem, ſteinharten Kern Roſenkraͤnze ver-<lb/> fertigt werden. Aus den der Sonne recht ausgeſetz-<lb/> ten Mauern, und aus hohen ſteinigen Borten, ſieht<lb/> man die Capernſtaude ſich zwiſchen den Steinen her-<lb/> ausdraͤngen. Kurz es zeigen ſich hier uͤberall ſo viel<lb/> neue dem deutſchen Auge fremde Gewaͤchſe, daß die-<lb/> ſe allein einem Gartenliebhaber die Spaziergaͤnge den<lb/> ganzen Winter uͤber angenehm machen koͤnnen.</p><lb/> <p>Etwas beſchwerlich iſt hiebey doch der Umſtand,<lb/> daß die ſchmalen Wege nicht nur hier und da ſehr ſteil,<lb/> ſondern durchaus mit kleinen losliegenden Steinen ſo<lb/> <fw place="bottom" type="sig">P 4</fw><fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [231/0251]
gethanen Reiſe.
die Myrte, der Lorbeerbaum, das lieblich riechende
Smilax, der gelbe Jasmin, der Lentiſcus, der Gra-
natenbaum, der Sumach, der Erdbeerbaum, oder
Arbutus, und viel andre bey uns ſeltene Gewaͤchſe ſind
hier uͤberall neben den Wegen oder in Wildniſſen zu
ſehen. An einigen der rauheſten Stellen der Berge
findet man den ſogenannten Carroubier (Siliqua
dulcis,) einen ſehr ſchoͤnen immergruͤnen Baum, ge-
pflanzet, deſſen lange Schoten, die in Deutſchland
unter dem Namen St. Johannisbrod bekannt ſind,
hier den Eſeln zum Futter dienen *).
Jn den Gaͤrten ſiehet man auch hier und da den
Dattelbaum, den Jujubenbaum, die aͤgyptiſche Aca-
cia mimoſa, und den Azedarach, aus deſſen ſehr
artig geſtaltetem, ſteinharten Kern Roſenkraͤnze ver-
fertigt werden. Aus den der Sonne recht ausgeſetz-
ten Mauern, und aus hohen ſteinigen Borten, ſieht
man die Capernſtaude ſich zwiſchen den Steinen her-
ausdraͤngen. Kurz es zeigen ſich hier uͤberall ſo viel
neue dem deutſchen Auge fremde Gewaͤchſe, daß die-
ſe allein einem Gartenliebhaber die Spaziergaͤnge den
ganzen Winter uͤber angenehm machen koͤnnen.
Etwas beſchwerlich iſt hiebey doch der Umſtand,
daß die ſchmalen Wege nicht nur hier und da ſehr ſteil,
ſondern durchaus mit kleinen losliegenden Steinen ſo
be-
*) Man rechnet hier den jaͤhrlichen Ertrag eines ſol-
chen Baumes, einen in den andern gerechnet, drey
piemonteſiſche Lire. Es iſt mir daher voͤllig unglaub-
lich, was Twiß von einem ſolchen Baume, der bey
Alicante in Spanien ſtehen ſoll, meldet, daß er 130
Arroben Fruͤchte (jede Arrobe haͤlt 26 Pfund) ſoll ge-
tragen haben, die fuͤr 70 Rthlr. verkauft worden.
Jn Spanien wird dieſer Baum Garofero genennt.
P 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |