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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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gethanen Reise.
einige Kaufleute von Leipzig auf die Messe nach
Frankfurt reisen wollten, außer einer halben Chaise,
darin ich fuhr, eine viersitzige Kutsche führte, in wel-
cher die Kaufleute waren, in deren Gesellschaft ich die-
se Reise machte. Für mich und meinen Bedienten
bezahlte ich nicht mehr als sechs alte Louisd'or, da ich
von Berlin nach Leipzig sieben Louisd'or hatte bezah-
len müssen.

Den 27 Aug. Reise von Leipzig nach Naumburg.Von Leipzig
nach Naum-
burg.

Der Weg ist bis hinter Weißenfels meist
ganz eben und durchaus angenehm. Auf diesem We-
ge sah ich von weitem einige Gebäude, die zu den vor
einigen Jahren bey Merseburg entdeckten Salzquel-
len gehören. Weil die Saale durch diese Gegend
fließt, so wird das Holz zur Salzkocherey auf diesem
Fluß geflößt. Er hat hier ein ziemlich tiefes Thal
ausgeschwemmt, in welchem einige Dörfer liegen, wel-
che von der Höhe herunter eine angenehme Aussicht
machen. Das ganze Thal aber ist öftern Ueber-
schwemmungen ausgesetzt, welche oft große Verwü-
stungen anrichten, und nicht selten dem Landmann die
ganze Aerndte verderben. Aus diesem Grunde sind
auch die Landeigenthümer dieses Thales von den mei-
sten Abgaben, die sonst in Sachsen so sehr beträchtlich
sind, frey.

Die Landstraße geht mitten über das ehemaligeLützen.
Schlachtfeld bey Lützen. Man zeiget noch jetzt dicht
neben der Landstraße einen Stein, bey welchem der
große Gustav Adolph sein Leben soll eingebüßt ha-
ben. Aber der preußische Officier, der die schönen
Anmerkungen zu der französischen Uebersetzung des
Gualdo gemacht, hat gezeigt, daß die Sage falsch

ist,
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gethanen Reiſe.
einige Kaufleute von Leipzig auf die Meſſe nach
Frankfurt reiſen wollten, außer einer halben Chaiſe,
darin ich fuhr, eine vierſitzige Kutſche fuͤhrte, in wel-
cher die Kaufleute waren, in deren Geſellſchaft ich die-
ſe Reiſe machte. Fuͤr mich und meinen Bedienten
bezahlte ich nicht mehr als ſechs alte Louisd'or, da ich
von Berlin nach Leipzig ſieben Louisd'or hatte bezah-
len muͤſſen.

Den 27 Aug. Reiſe von Leipzig nach Naumburg.Von Leipzig
nach Naum-
burg.

Der Weg iſt bis hinter Weißenfels meiſt
ganz eben und durchaus angenehm. Auf dieſem We-
ge ſah ich von weitem einige Gebaͤude, die zu den vor
einigen Jahren bey Merſeburg entdeckten Salzquel-
len gehoͤren. Weil die Saale durch dieſe Gegend
fließt, ſo wird das Holz zur Salzkocherey auf dieſem
Fluß gefloͤßt. Er hat hier ein ziemlich tiefes Thal
ausgeſchwemmt, in welchem einige Doͤrfer liegen, wel-
che von der Hoͤhe herunter eine angenehme Ausſicht
machen. Das ganze Thal aber iſt oͤftern Ueber-
ſchwemmungen ausgeſetzt, welche oft große Verwuͤ-
ſtungen anrichten, und nicht ſelten dem Landmann die
ganze Aerndte verderben. Aus dieſem Grunde ſind
auch die Landeigenthuͤmer dieſes Thales von den mei-
ſten Abgaben, die ſonſt in Sachſen ſo ſehr betraͤchtlich
ſind, frey.

Die Landſtraße geht mitten uͤber das ehemaligeLuͤtzen.
Schlachtfeld bey Luͤtzen. Man zeiget noch jetzt dicht
neben der Landſtraße einen Stein, bey welchem der
große Guſtav Adolph ſein Leben ſoll eingebuͤßt ha-
ben. Aber der preußiſche Officier, der die ſchoͤnen
Anmerkungen zu der franzoͤſiſchen Ueberſetzung des
Gualdo gemacht, hat gezeigt, daß die Sage falſch

iſt,
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[5/0023] gethanen Reiſe. einige Kaufleute von Leipzig auf die Meſſe nach Frankfurt reiſen wollten, außer einer halben Chaiſe, darin ich fuhr, eine vierſitzige Kutſche fuͤhrte, in wel- cher die Kaufleute waren, in deren Geſellſchaft ich die- ſe Reiſe machte. Fuͤr mich und meinen Bedienten bezahlte ich nicht mehr als ſechs alte Louisd'or, da ich von Berlin nach Leipzig ſieben Louisd'or hatte bezah- len muͤſſen. Den 27 Aug. Reiſe von Leipzig nach Naumburg. Der Weg iſt bis hinter Weißenfels meiſt ganz eben und durchaus angenehm. Auf dieſem We- ge ſah ich von weitem einige Gebaͤude, die zu den vor einigen Jahren bey Merſeburg entdeckten Salzquel- len gehoͤren. Weil die Saale durch dieſe Gegend fließt, ſo wird das Holz zur Salzkocherey auf dieſem Fluß gefloͤßt. Er hat hier ein ziemlich tiefes Thal ausgeſchwemmt, in welchem einige Doͤrfer liegen, wel- che von der Hoͤhe herunter eine angenehme Ausſicht machen. Das ganze Thal aber iſt oͤftern Ueber- ſchwemmungen ausgeſetzt, welche oft große Verwuͤ- ſtungen anrichten, und nicht ſelten dem Landmann die ganze Aerndte verderben. Aus dieſem Grunde ſind auch die Landeigenthuͤmer dieſes Thales von den mei- ſten Abgaben, die ſonſt in Sachſen ſo ſehr betraͤchtlich ſind, frey. Die Landſtraße geht mitten uͤber das ehemalige Schlachtfeld bey Luͤtzen. Man zeiget noch jetzt dicht neben der Landſtraße einen Stein, bey welchem der große Guſtav Adolph ſein Leben ſoll eingebuͤßt ha- ben. Aber der preußiſche Officier, der die ſchoͤnen Anmerkungen zu der franzoͤſiſchen Ueberſetzung des Gualdo gemacht, hat gezeigt, daß die Sage falſch iſt, Luͤtzen. A 3

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/23>, abgerufen am 29.03.2024.