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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von einer nach Nizza
stützt. Wohin man auch das Auge gegen diese Ber-
ge wendet, sieht man eine erstaunliche Menge über-
einander stehender Terrassen, und bewundert dabey die
geduldige Arbeitsamkeit der ehemaligen Einwohner,
die diese dürren Anhöhen dadurch zum Anbau tüchtig
gemacht haben. Ohne Zweifel hat Ueberfluß an ar-
beitenden Händen und Mangel an Nahrungsmitteln
sie zu dieser erstaunlichen Arbeit gezwungen.

Wenn man in Gedanken alle diese Terrassen weg-
reißt, und diese Berge sich in ihrer ursprünglichen Ge-
stalt, mit meist rauhem und ziemlich unfruchtbarem
Boden vorstellt, so denkt man, es hätte niemand vor-
hersehen können, daß so viel Menschen an diesen Ber-
gen wohnen und ihre Nahrung finden könnten. Eine
vor der Bewohnung des Landes dahin geschickte Co-
lonie würde vermuthlich berechnet haben, daß dieses
kleine Stückchen Landes, wo jetzt über tausend Fami-
lien wohnen, nicht hinreichend sey, viel über hundert
Familien zu nähren. Nichts, als einige ganz steile
Felsen, ist hier ungenutzt gelassen.

Einige hundert, vielleicht tausend kleinere und
größere Wege durchkreuzen Ebenen und Berge, wo-
durch die Gegend zu einer Art von Labyrinth wird. Auf
diesen kann man überall hinkommen, und man würde
das ganze Jahr durch täglich auf neuen Wegen und
in andre Gegenden spazieren können. Wer das Ge-
hen liebt, und gut steigen kann, findet die Gegend
unerschöpflich an immer neuen und sehr veränderten
Spaziergängen. Aber im Wagen kann man sie aus
Mangel der Straßen nicht genießen, auch nicht zu
Pferde, weil auch dafür wenige Wege breit und ge-
bahnt genug sind.

Das

Tagebuch von einer nach Nizza
ſtuͤtzt. Wohin man auch das Auge gegen dieſe Ber-
ge wendet, ſieht man eine erſtaunliche Menge uͤber-
einander ſtehender Terraſſen, und bewundert dabey die
geduldige Arbeitſamkeit der ehemaligen Einwohner,
die dieſe duͤrren Anhoͤhen dadurch zum Anbau tuͤchtig
gemacht haben. Ohne Zweifel hat Ueberfluß an ar-
beitenden Haͤnden und Mangel an Nahrungsmitteln
ſie zu dieſer erſtaunlichen Arbeit gezwungen.

Wenn man in Gedanken alle dieſe Terraſſen weg-
reißt, und dieſe Berge ſich in ihrer urſpruͤnglichen Ge-
ſtalt, mit meiſt rauhem und ziemlich unfruchtbarem
Boden vorſtellt, ſo denkt man, es haͤtte niemand vor-
herſehen koͤnnen, daß ſo viel Menſchen an dieſen Ber-
gen wohnen und ihre Nahrung finden koͤnnten. Eine
vor der Bewohnung des Landes dahin geſchickte Co-
lonie wuͤrde vermuthlich berechnet haben, daß dieſes
kleine Stuͤckchen Landes, wo jetzt uͤber tauſend Fami-
lien wohnen, nicht hinreichend ſey, viel uͤber hundert
Familien zu naͤhren. Nichts, als einige ganz ſteile
Felſen, iſt hier ungenutzt gelaſſen.

Einige hundert, vielleicht tauſend kleinere und
groͤßere Wege durchkreuzen Ebenen und Berge, wo-
durch die Gegend zu einer Art von Labyrinth wird. Auf
dieſen kann man uͤberall hinkommen, und man wuͤrde
das ganze Jahr durch taͤglich auf neuen Wegen und
in andre Gegenden ſpazieren koͤnnen. Wer das Ge-
hen liebt, und gut ſteigen kann, findet die Gegend
unerſchoͤpflich an immer neuen und ſehr veraͤnderten
Spaziergaͤngen. Aber im Wagen kann man ſie aus
Mangel der Straßen nicht genießen, auch nicht zu
Pferde, weil auch dafuͤr wenige Wege breit und ge-
bahnt genug ſind.

Das
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[190/0210] Tagebuch von einer nach Nizza ſtuͤtzt. Wohin man auch das Auge gegen dieſe Ber- ge wendet, ſieht man eine erſtaunliche Menge uͤber- einander ſtehender Terraſſen, und bewundert dabey die geduldige Arbeitſamkeit der ehemaligen Einwohner, die dieſe duͤrren Anhoͤhen dadurch zum Anbau tuͤchtig gemacht haben. Ohne Zweifel hat Ueberfluß an ar- beitenden Haͤnden und Mangel an Nahrungsmitteln ſie zu dieſer erſtaunlichen Arbeit gezwungen. Wenn man in Gedanken alle dieſe Terraſſen weg- reißt, und dieſe Berge ſich in ihrer urſpruͤnglichen Ge- ſtalt, mit meiſt rauhem und ziemlich unfruchtbarem Boden vorſtellt, ſo denkt man, es haͤtte niemand vor- herſehen koͤnnen, daß ſo viel Menſchen an dieſen Ber- gen wohnen und ihre Nahrung finden koͤnnten. Eine vor der Bewohnung des Landes dahin geſchickte Co- lonie wuͤrde vermuthlich berechnet haben, daß dieſes kleine Stuͤckchen Landes, wo jetzt uͤber tauſend Fami- lien wohnen, nicht hinreichend ſey, viel uͤber hundert Familien zu naͤhren. Nichts, als einige ganz ſteile Felſen, iſt hier ungenutzt gelaſſen. Einige hundert, vielleicht tauſend kleinere und groͤßere Wege durchkreuzen Ebenen und Berge, wo- durch die Gegend zu einer Art von Labyrinth wird. Auf dieſen kann man uͤberall hinkommen, und man wuͤrde das ganze Jahr durch taͤglich auf neuen Wegen und in andre Gegenden ſpazieren koͤnnen. Wer das Ge- hen liebt, und gut ſteigen kann, findet die Gegend unerſchoͤpflich an immer neuen und ſehr veraͤnderten Spaziergaͤngen. Aber im Wagen kann man ſie aus Mangel der Straßen nicht genießen, auch nicht zu Pferde, weil auch dafuͤr wenige Wege breit und ge- bahnt genug ſind. Das

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/210>, abgerufen am 27.11.2024.