bey der Ausfahrt linker Hand hat. Er hat inwen- dig gegen den Hafen viele gewölbte, offene Nichen, in denen das Schiffsvolk im Trockenen seyn und kochen kann. Jede Niche hat eine aus der Mauer heraus- kommende aus Erz gegossene Röhre mit einem Hahn, wodurch man sehr gutes und gesundes Wasser, nicht nur zum täglichen Gebrauch, sondern auch zum Schiffsvorrath, kann herauslaufen lassen. Am En- de dieses Mole neben der Ausfahrt stürzt dieses Was- ser in einer sehr artigen Niche aus einem Löwenmaul, und fällt in Cascaden herunter. Dieses schöne Quell- wasser wird durch gemauerte Wasserleitungen von ei- ner halben Stunde weit her nach dem Hafen geleitet.
Gleich neben dem Hafen liegt ein fürtrefflicher Steinbruch, von einem weißlichen marmorartigen Kalkstein, woraus die beyden Mole und die Ufer des Hafens gemauert sind.
Merkwür- digkeiten der Natur.
Bey Gelegenheit dieses Steinbruchs muß ich zweyer Merkwürdigkeiten gedenken. Vor ein paar Jahren hat man in dem Steinbruch, da man zwey durch eine sehr dünne Schicht Thon von einander ge- trennte Steine von einander spaltete, einen fast ganz verrosteten kupfernen Nagel zwischen diesen Steinen gefunden, der sich in den einen eingedrückt hatte. Der Baumeister, welcher die Aufsicht über die Arbei- ten am Hafen hat, sagte mir, der Nagel sey ihm weggekommen; er zeigte mir aber eine wohlgezeichne- te Abbildung mit Farben, die er selbst davon gemacht hatte. Kurze Zeit hernach fand man unweit vom Hafen noch mehr solcher sehr wohl erhaltenen kupfer- nen Nägel, davon gedachter Baumeister mir einen
schenk-
Tagebuch von einer nach Nizza
bey der Ausfahrt linker Hand hat. Er hat inwen- dig gegen den Hafen viele gewoͤlbte, offene Nichen, in denen das Schiffsvolk im Trockenen ſeyn und kochen kann. Jede Niche hat eine aus der Mauer heraus- kommende aus Erz gegoſſene Roͤhre mit einem Hahn, wodurch man ſehr gutes und geſundes Waſſer, nicht nur zum taͤglichen Gebrauch, ſondern auch zum Schiffsvorrath, kann herauslaufen laſſen. Am En- de dieſes Mole neben der Ausfahrt ſtuͤrzt dieſes Waſ- ſer in einer ſehr artigen Niche aus einem Loͤwenmaul, und faͤllt in Caſcaden herunter. Dieſes ſchoͤne Quell- waſſer wird durch gemauerte Waſſerleitungen von ei- ner halben Stunde weit her nach dem Hafen geleitet.
Gleich neben dem Hafen liegt ein fuͤrtrefflicher Steinbruch, von einem weißlichen marmorartigen Kalkſtein, woraus die beyden Mole und die Ufer des Hafens gemauert ſind.
Merkwuͤr- digkeiten der Natur.
Bey Gelegenheit dieſes Steinbruchs muß ich zweyer Merkwuͤrdigkeiten gedenken. Vor ein paar Jahren hat man in dem Steinbruch, da man zwey durch eine ſehr duͤnne Schicht Thon von einander ge- trennte Steine von einander ſpaltete, einen faſt ganz verroſteten kupfernen Nagel zwiſchen dieſen Steinen gefunden, der ſich in den einen eingedruͤckt hatte. Der Baumeiſter, welcher die Aufſicht uͤber die Arbei- ten am Hafen hat, ſagte mir, der Nagel ſey ihm weggekommen; er zeigte mir aber eine wohlgezeichne- te Abbildung mit Farben, die er ſelbſt davon gemacht hatte. Kurze Zeit hernach fand man unweit vom Hafen noch mehr ſolcher ſehr wohl erhaltenen kupfer- nen Naͤgel, davon gedachter Baumeiſter mir einen
ſchenk-
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[184/0204]
Tagebuch von einer nach Nizza
bey der Ausfahrt linker Hand hat. Er hat inwen-
dig gegen den Hafen viele gewoͤlbte, offene Nichen,
in denen das Schiffsvolk im Trockenen ſeyn und kochen
kann. Jede Niche hat eine aus der Mauer heraus-
kommende aus Erz gegoſſene Roͤhre mit einem Hahn,
wodurch man ſehr gutes und geſundes Waſſer, nicht
nur zum taͤglichen Gebrauch, ſondern auch zum
Schiffsvorrath, kann herauslaufen laſſen. Am En-
de dieſes Mole neben der Ausfahrt ſtuͤrzt dieſes Waſ-
ſer in einer ſehr artigen Niche aus einem Loͤwenmaul,
und faͤllt in Caſcaden herunter. Dieſes ſchoͤne Quell-
waſſer wird durch gemauerte Waſſerleitungen von ei-
ner halben Stunde weit her nach dem Hafen geleitet.
Gleich neben dem Hafen liegt ein fuͤrtrefflicher
Steinbruch, von einem weißlichen marmorartigen
Kalkſtein, woraus die beyden Mole und die Ufer des
Hafens gemauert ſind.
Bey Gelegenheit dieſes Steinbruchs muß ich
zweyer Merkwuͤrdigkeiten gedenken. Vor ein paar
Jahren hat man in dem Steinbruch, da man zwey
durch eine ſehr duͤnne Schicht Thon von einander ge-
trennte Steine von einander ſpaltete, einen faſt ganz
verroſteten kupfernen Nagel zwiſchen dieſen Steinen
gefunden, der ſich in den einen eingedruͤckt hatte.
Der Baumeiſter, welcher die Aufſicht uͤber die Arbei-
ten am Hafen hat, ſagte mir, der Nagel ſey ihm
weggekommen; er zeigte mir aber eine wohlgezeichne-
te Abbildung mit Farben, die er ſelbſt davon gemacht
hatte. Kurze Zeit hernach fand man unweit vom
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/204>, abgerufen am 16.02.2025.
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