Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Tagebuch von einer nach Nizza
gleichen es viel auf diesem Striche giebt, als zum
Ackerbau. Von Potsdam aus trifft man beträchtliche
Strecken Landes an, die wegen der Unfruchtbarkeit
des Bodens ganz wüste liegen.

Von Treuen-
britzen nachWittenberg.

Den 24 Aug. Von Treuenbritzen über Wit-
tenberg bis mitten in den Dübbener Wald.

Von Treuenbritzen aus geht der Weg meistens
über sehr magere, auch ganz unbebaute Felder. Alle
Fremde, die von Leipzig aus nach Berlin reisen, be-
kommen einen sehr nachtheiligen Begriff von der Mark
Brandenburg, weil sie von Wittenberg aus bis nach
Berlin nichts als unfruchtbares Land und Fichtenwälder
sehen. Doch ist dagegen unweit davon an dem rechten
Ufer der Havel das sogenannte Havelland in einem
hohen Grade fruchtbar.

Weil ich zu schwach war herumzugehen, und eini-
ge mir bekannte gelehrte Männer in Wittenberg zu be-
suchen, so blieb ich den Mittag über in einem schlech-
ten Gasthofe vor der Stadt, und mußte also diese be-
rühmte und gegenwärtig mit verschiedenen sehr ge-
schickten Männern besetzte Universität vorbeyreisen.

Gränzen
zwischen
Branden-
burg und
Sachsen.

Sobald man über die Elbe gekommen ist, trifft
man schon merklich besseres Land an. Jch habe so-
wohl hier, als bey vielen andern Reisen bemerkt, daß
bey der zufällig scheinenden Eintheilung der Länder
doch meistentheils zwischen größern benachbarten Staa-
ten natürliche Gränzen gesetzt sind, und daß gemei-
niglich die größern an einander stoßenden Provinzen
durch die Verschiedenheit ihres Bodens und andre na-
türliche Eigenschaften sich von einander unterscheiden.
Daraus läßt sich einigermaßen begreifen, warum in
ganz alten Zeiten ein Volk, das einem Lande den Na-

men

Tagebuch von einer nach Nizza
gleichen es viel auf dieſem Striche giebt, als zum
Ackerbau. Von Potsdam aus trifft man betraͤchtliche
Strecken Landes an, die wegen der Unfruchtbarkeit
des Bodens ganz wuͤſte liegen.

Von Treuen-
britzen nachWittenberg.

Den 24 Aug. Von Treuenbritzen uͤber Wit-
tenberg bis mitten in den Duͤbbener Wald.

Von Treuenbritzen aus geht der Weg meiſtens
uͤber ſehr magere, auch ganz unbebaute Felder. Alle
Fremde, die von Leipzig aus nach Berlin reiſen, be-
kommen einen ſehr nachtheiligen Begriff von der Mark
Brandenburg, weil ſie von Wittenberg aus bis nach
Berlin nichts als unfruchtbares Land und Fichtenwaͤlder
ſehen. Doch iſt dagegen unweit davon an dem rechten
Ufer der Havel das ſogenannte Havelland in einem
hohen Grade fruchtbar.

Weil ich zu ſchwach war herumzugehen, und eini-
ge mir bekannte gelehrte Maͤnner in Wittenberg zu be-
ſuchen, ſo blieb ich den Mittag uͤber in einem ſchlech-
ten Gaſthofe vor der Stadt, und mußte alſo dieſe be-
ruͤhmte und gegenwaͤrtig mit verſchiedenen ſehr ge-
ſchickten Maͤnnern beſetzte Univerſitaͤt vorbeyreiſen.

Graͤnzen
zwiſchen
Branden-
burg und
Sachſen.

Sobald man uͤber die Elbe gekommen iſt, trifft
man ſchon merklich beſſeres Land an. Jch habe ſo-
wohl hier, als bey vielen andern Reiſen bemerkt, daß
bey der zufaͤllig ſcheinenden Eintheilung der Laͤnder
doch meiſtentheils zwiſchen groͤßern benachbarten Staa-
ten natuͤrliche Graͤnzen geſetzt ſind, und daß gemei-
niglich die groͤßern an einander ſtoßenden Provinzen
durch die Verſchiedenheit ihres Bodens und andre na-
tuͤrliche Eigenſchaften ſich von einander unterſcheiden.
Daraus laͤßt ſich einigermaßen begreifen, warum in
ganz alten Zeiten ein Volk, das einem Lande den Na-

men
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0020" n="2"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Tagebuch von einer nach Nizza</hi></fw><lb/>
gleichen es viel auf die&#x017F;em Striche giebt, als zum<lb/>
Ackerbau. Von <hi rendition="#fr">Potsdam</hi> aus trifft man betra&#x0364;chtliche<lb/>
Strecken Landes an, die wegen der Unfruchtbarkeit<lb/>
des Bodens ganz wu&#x0364;&#x017F;te liegen.</p><lb/>
        <note place="left">Von Treuen-<lb/>
britzen nachWittenberg.</note><lb/>
        <div type="diaryEntry" n="2">
          <head>Den 24 Aug. Von <hi rendition="#fr">Treuenbritzen</hi> u&#x0364;ber <hi rendition="#fr">Wit-</hi><lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">tenberg</hi> bis mitten in den <hi rendition="#fr">Du&#x0364;bbener</hi> Wald.</hi></head><lb/>
          <p>Von <hi rendition="#fr">Treuenbritzen</hi> aus geht der Weg mei&#x017F;tens<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;ehr magere, auch ganz unbebaute Felder. Alle<lb/>
Fremde, die von <hi rendition="#fr">Leipzig</hi> aus nach <hi rendition="#fr">Berlin</hi> rei&#x017F;en, be-<lb/>
kommen einen &#x017F;ehr nachtheiligen Begriff von der Mark<lb/><hi rendition="#fr">Brandenburg,</hi> weil &#x017F;ie von <hi rendition="#fr">Wittenberg</hi> aus bis nach<lb/><hi rendition="#fr">Berlin</hi> nichts als unfruchtbares Land und Fichtenwa&#x0364;lder<lb/>
&#x017F;ehen. Doch i&#x017F;t dagegen unweit davon an dem rechten<lb/>
Ufer der <hi rendition="#fr">Havel</hi> das &#x017F;ogenannte <hi rendition="#fr">Havelland</hi> in einem<lb/>
hohen Grade fruchtbar.</p><lb/>
          <p>Weil ich zu &#x017F;chwach war herumzugehen, und eini-<lb/>
ge mir bekannte gelehrte Ma&#x0364;nner in <hi rendition="#fr">Wittenberg</hi> zu be-<lb/>
&#x017F;uchen, &#x017F;o blieb ich den Mittag u&#x0364;ber in einem &#x017F;chlech-<lb/>
ten Ga&#x017F;thofe vor der Stadt, und mußte al&#x017F;o die&#x017F;e be-<lb/>
ru&#x0364;hmte und gegenwa&#x0364;rtig mit ver&#x017F;chiedenen &#x017F;ehr ge-<lb/>
&#x017F;chickten Ma&#x0364;nnern be&#x017F;etzte Univer&#x017F;ita&#x0364;t vorbeyrei&#x017F;en.</p><lb/>
          <note place="left">Gra&#x0364;nzen<lb/>
zwi&#x017F;chen<lb/>
Branden-<lb/>
burg und<lb/>
Sach&#x017F;en.</note>
          <p>Sobald man u&#x0364;ber die Elbe gekommen i&#x017F;t, trifft<lb/>
man &#x017F;chon merklich be&#x017F;&#x017F;eres Land an. Jch habe &#x017F;o-<lb/>
wohl hier, als bey vielen andern Rei&#x017F;en bemerkt, daß<lb/>
bey der zufa&#x0364;llig &#x017F;cheinenden Eintheilung der La&#x0364;nder<lb/>
doch mei&#x017F;tentheils zwi&#x017F;chen gro&#x0364;ßern benachbarten Staa-<lb/>
ten natu&#x0364;rliche Gra&#x0364;nzen ge&#x017F;etzt &#x017F;ind, und daß gemei-<lb/>
niglich die gro&#x0364;ßern an einander &#x017F;toßenden Provinzen<lb/>
durch die Ver&#x017F;chiedenheit ihres Bodens und andre na-<lb/>
tu&#x0364;rliche Eigen&#x017F;chaften &#x017F;ich von einander unter&#x017F;cheiden.<lb/>
Daraus la&#x0364;ßt &#x017F;ich einigermaßen begreifen, warum in<lb/>
ganz alten Zeiten ein Volk, das einem Lande den Na-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">men</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0020] Tagebuch von einer nach Nizza gleichen es viel auf dieſem Striche giebt, als zum Ackerbau. Von Potsdam aus trifft man betraͤchtliche Strecken Landes an, die wegen der Unfruchtbarkeit des Bodens ganz wuͤſte liegen. Den 24 Aug. Von Treuenbritzen uͤber Wit- tenberg bis mitten in den Duͤbbener Wald. Von Treuenbritzen aus geht der Weg meiſtens uͤber ſehr magere, auch ganz unbebaute Felder. Alle Fremde, die von Leipzig aus nach Berlin reiſen, be- kommen einen ſehr nachtheiligen Begriff von der Mark Brandenburg, weil ſie von Wittenberg aus bis nach Berlin nichts als unfruchtbares Land und Fichtenwaͤlder ſehen. Doch iſt dagegen unweit davon an dem rechten Ufer der Havel das ſogenannte Havelland in einem hohen Grade fruchtbar. Weil ich zu ſchwach war herumzugehen, und eini- ge mir bekannte gelehrte Maͤnner in Wittenberg zu be- ſuchen, ſo blieb ich den Mittag uͤber in einem ſchlech- ten Gaſthofe vor der Stadt, und mußte alſo dieſe be- ruͤhmte und gegenwaͤrtig mit verſchiedenen ſehr ge- ſchickten Maͤnnern beſetzte Univerſitaͤt vorbeyreiſen. Sobald man uͤber die Elbe gekommen iſt, trifft man ſchon merklich beſſeres Land an. Jch habe ſo- wohl hier, als bey vielen andern Reiſen bemerkt, daß bey der zufaͤllig ſcheinenden Eintheilung der Laͤnder doch meiſtentheils zwiſchen groͤßern benachbarten Staa- ten natuͤrliche Graͤnzen geſetzt ſind, und daß gemei- niglich die groͤßern an einander ſtoßenden Provinzen durch die Verſchiedenheit ihres Bodens und andre na- tuͤrliche Eigenſchaften ſich von einander unterſcheiden. Daraus laͤßt ſich einigermaßen begreifen, warum in ganz alten Zeiten ein Volk, das einem Lande den Na- men

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/20
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/20>, abgerufen am 21.11.2024.