Nicht weit von der Stadt fährt man eine ganze Weile neben einer alten Wasserleitung, die sich weit gegen das Gebürge hin erstrecket. Viele Bogen sind noch ganz nahe an der Stadt von beträchtlicher Höhe, die denn allmählig abnimmt, so wie sich der Bau den Bergen nähert. Ein so sehr beträchtliches Werk für eine eben nicht sehr ansehnliche Stadt, um laufendes Wasser herbey zu schaffen, beweiset, von was für ei- ner großen Wichtigkeit die Römer eine Sache gehal- ten, deren Mangel jetzt viele große und reiche Städte nicht fühlen. Das große und prächtige Berlin könn- te dem Ansehen nach mit dem vierten Theil des Auf- wandes, den der kleinen römischen Colonie diese Was- serleitung gekostet hat, denselben Vortheil erhalten; und es fällt keinem Menschen ein, nur zu wünschen, daß es geschehe.
Man fängt bald an auf dieser Straße gewahr zu werden, daß sie über den gerade im Gesicht liegenden hohen Berge Esterelles weg gehe. Denn er ist so steil, daß man die sich an demselben herauf schlängeln- de Landstraße hier und da von unten sehen kann. Ohn- gefähr eine Stunde von Frejus fängt sie an etwas steil in die Höhe zu gehen. Doch ist sie, so steil auch der Berg ist, noch gemächlich genug, weil sie sich sehr oft wendet, so daß man immer durch Hin- und Her- fahren nur allmählig in die Höhe kommt, bis man endlich um die nördliche Seite des Berges herum auf die östliche Seite kommt, von der die Straße wieder abwärts geht. Es war eben ein sehr schöner Tag, und angenehm warmes Wetter. Dieser und alle um- liegende Berge sind meist mit den oft erwähnten Pi- nastern besetzt, die nur dünne stehen und niedrig sind,
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gethanen Reiſe.
Nicht weit von der Stadt faͤhrt man eine ganze Weile neben einer alten Waſſerleitung, die ſich weit gegen das Gebuͤrge hin erſtrecket. Viele Bogen ſind noch ganz nahe an der Stadt von betraͤchtlicher Hoͤhe, die denn allmaͤhlig abnimmt, ſo wie ſich der Bau den Bergen naͤhert. Ein ſo ſehr betraͤchtliches Werk fuͤr eine eben nicht ſehr anſehnliche Stadt, um laufendes Waſſer herbey zu ſchaffen, beweiſet, von was fuͤr ei- ner großen Wichtigkeit die Roͤmer eine Sache gehal- ten, deren Mangel jetzt viele große und reiche Staͤdte nicht fuͤhlen. Das große und praͤchtige Berlin koͤnn- te dem Anſehen nach mit dem vierten Theil des Auf- wandes, den der kleinen roͤmiſchen Colonie dieſe Waſ- ſerleitung gekoſtet hat, denſelben Vortheil erhalten; und es faͤllt keinem Menſchen ein, nur zu wuͤnſchen, daß es geſchehe.
Man faͤngt bald an auf dieſer Straße gewahr zu werden, daß ſie uͤber den gerade im Geſicht liegenden hohen Berge Eſterelles weg gehe. Denn er iſt ſo ſteil, daß man die ſich an demſelben herauf ſchlaͤngeln- de Landſtraße hier und da von unten ſehen kann. Ohn- gefaͤhr eine Stunde von Frejus faͤngt ſie an etwas ſteil in die Hoͤhe zu gehen. Doch iſt ſie, ſo ſteil auch der Berg iſt, noch gemaͤchlich genug, weil ſie ſich ſehr oft wendet, ſo daß man immer durch Hin- und Her- fahren nur allmaͤhlig in die Hoͤhe kommt, bis man endlich um die noͤrdliche Seite des Berges herum auf die oͤſtliche Seite kommt, von der die Straße wieder abwaͤrts geht. Es war eben ein ſehr ſchoͤner Tag, und angenehm warmes Wetter. Dieſer und alle um- liegende Berge ſind meiſt mit den oft erwaͤhnten Pi- naſtern beſetzt, die nur duͤnne ſtehen und niedrig ſind,
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gethanen Reiſe.
Nicht weit von der Stadt faͤhrt man eine ganze
Weile neben einer alten Waſſerleitung, die ſich weit
gegen das Gebuͤrge hin erſtrecket. Viele Bogen ſind
noch ganz nahe an der Stadt von betraͤchtlicher Hoͤhe,
die denn allmaͤhlig abnimmt, ſo wie ſich der Bau den
Bergen naͤhert. Ein ſo ſehr betraͤchtliches Werk fuͤr
eine eben nicht ſehr anſehnliche Stadt, um laufendes
Waſſer herbey zu ſchaffen, beweiſet, von was fuͤr ei-
ner großen Wichtigkeit die Roͤmer eine Sache gehal-
ten, deren Mangel jetzt viele große und reiche Staͤdte
nicht fuͤhlen. Das große und praͤchtige Berlin koͤnn-
te dem Anſehen nach mit dem vierten Theil des Auf-
wandes, den der kleinen roͤmiſchen Colonie dieſe Waſ-
ſerleitung gekoſtet hat, denſelben Vortheil erhalten;
und es faͤllt keinem Menſchen ein, nur zu wuͤnſchen,
daß es geſchehe.
Man faͤngt bald an auf dieſer Straße gewahr zu
werden, daß ſie uͤber den gerade im Geſicht liegenden
hohen Berge Eſterelles weg gehe. Denn er iſt ſo
ſteil, daß man die ſich an demſelben herauf ſchlaͤngeln-
de Landſtraße hier und da von unten ſehen kann. Ohn-
gefaͤhr eine Stunde von Frejus faͤngt ſie an etwas
ſteil in die Hoͤhe zu gehen. Doch iſt ſie, ſo ſteil auch
der Berg iſt, noch gemaͤchlich genug, weil ſie ſich ſehr
oft wendet, ſo daß man immer durch Hin- und Her-
fahren nur allmaͤhlig in die Hoͤhe kommt, bis man
endlich um die noͤrdliche Seite des Berges herum auf
die oͤſtliche Seite kommt, von der die Straße wieder
abwaͤrts geht. Es war eben ein ſehr ſchoͤner Tag,
und angenehm warmes Wetter. Dieſer und alle um-
liegende Berge ſind meiſt mit den oft erwaͤhnten Pi-
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/183>, abgerufen am 24.11.2024.
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