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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von einer nach Nizza
sicht aus, mußte aber gar bald wieder nach dem Gast-
hofe zurückkehren, weil ich den Wind und die Kälte
nicht ertragen konnte.

Avignon ist eine große fürtrefflich gelegene, auch
innerhalb nicht unangenehme Stadt. Sie ist mit ei-
ner schönen und hohen von Quaderstücken aufgeführten
Mauer umgeben, die noch jetzt wie neugebaut aussieht.
Außerhalb der Mauer an der Landseite hat sie auch ei-
nen nicht sehr breiten, aber nur wenige Fuß tiefen
und grün bewachsenen Graben; auf der Seite der
Rhone aber ist kein Graben, sondern ein breites und
ebenes Ufer zwischen den Mauern und dem Fluß.
Man kann um die ganze Stadt herum auf einem
breiten und schönen Wege fahren, und dieser Weg ist
auf der östlichen oder Landseite mit schönen und hohen
Bäumen besetzt. An der Westseite der Stadt längst
der Rhone ist das hohe und breite Ufer etliche hundert
Schritt lang mit 6 oder 8 Reihen hoher Bäume be-
pflanzt, und macht einen der schönsten Spazierplätze,
die man sehen kann. Davon übersieht man die Rho-
ne, die hier einen sehr breiten und prächtigen Fluß
ausmacht. Gerade gegenüber liegt an dem jenseiti-
gen, sich allmählig in einen langen Hügel erhebenden
Ufer die Stadt Ville neuve, die als ein Theater von
über einander stehenden Häusern ins Auge fällt. Un-
ter den Bäumen sind überall schöne steinerne Bänke
zum Ausruhen gesetzt. An dem obern Ende dieses
herrlichen Spazierplatzes stehen noch drey Bogen von
der ehedem schönen und berühmten steinernen Brücke,
die nach Ville neuve herüber gieng. Die Aussicht,
die man von dem Spazierplatz unter den hohen Bo-
gen dieser Brücke durch über die Rhone und das jen-

seits

Tagebuch von einer nach Nizza
ſicht aus, mußte aber gar bald wieder nach dem Gaſt-
hofe zuruͤckkehren, weil ich den Wind und die Kaͤlte
nicht ertragen konnte.

Avignon iſt eine große fuͤrtrefflich gelegene, auch
innerhalb nicht unangenehme Stadt. Sie iſt mit ei-
ner ſchoͤnen und hohen von Quaderſtuͤcken aufgefuͤhrten
Mauer umgeben, die noch jetzt wie neugebaut ausſieht.
Außerhalb der Mauer an der Landſeite hat ſie auch ei-
nen nicht ſehr breiten, aber nur wenige Fuß tiefen
und gruͤn bewachſenen Graben; auf der Seite der
Rhone aber iſt kein Graben, ſondern ein breites und
ebenes Ufer zwiſchen den Mauern und dem Fluß.
Man kann um die ganze Stadt herum auf einem
breiten und ſchoͤnen Wege fahren, und dieſer Weg iſt
auf der oͤſtlichen oder Landſeite mit ſchoͤnen und hohen
Baͤumen beſetzt. An der Weſtſeite der Stadt laͤngſt
der Rhone iſt das hohe und breite Ufer etliche hundert
Schritt lang mit 6 oder 8 Reihen hoher Baͤume be-
pflanzt, und macht einen der ſchoͤnſten Spazierplaͤtze,
die man ſehen kann. Davon uͤberſieht man die Rho-
ne, die hier einen ſehr breiten und praͤchtigen Fluß
ausmacht. Gerade gegenuͤber liegt an dem jenſeiti-
gen, ſich allmaͤhlig in einen langen Huͤgel erhebenden
Ufer die Stadt Ville neuve, die als ein Theater von
uͤber einander ſtehenden Haͤuſern ins Auge faͤllt. Un-
ter den Baͤumen ſind uͤberall ſchoͤne ſteinerne Baͤnke
zum Ausruhen geſetzt. An dem obern Ende dieſes
herrlichen Spazierplatzes ſtehen noch drey Bogen von
der ehedem ſchoͤnen und beruͤhmten ſteinernen Bruͤcke,
die nach Ville neuve heruͤber gieng. Die Ausſicht,
die man von dem Spazierplatz unter den hohen Bo-
gen dieſer Bruͤcke durch uͤber die Rhone und das jen-

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[102/0122] Tagebuch von einer nach Nizza ſicht aus, mußte aber gar bald wieder nach dem Gaſt- hofe zuruͤckkehren, weil ich den Wind und die Kaͤlte nicht ertragen konnte. Avignon iſt eine große fuͤrtrefflich gelegene, auch innerhalb nicht unangenehme Stadt. Sie iſt mit ei- ner ſchoͤnen und hohen von Quaderſtuͤcken aufgefuͤhrten Mauer umgeben, die noch jetzt wie neugebaut ausſieht. Außerhalb der Mauer an der Landſeite hat ſie auch ei- nen nicht ſehr breiten, aber nur wenige Fuß tiefen und gruͤn bewachſenen Graben; auf der Seite der Rhone aber iſt kein Graben, ſondern ein breites und ebenes Ufer zwiſchen den Mauern und dem Fluß. Man kann um die ganze Stadt herum auf einem breiten und ſchoͤnen Wege fahren, und dieſer Weg iſt auf der oͤſtlichen oder Landſeite mit ſchoͤnen und hohen Baͤumen beſetzt. An der Weſtſeite der Stadt laͤngſt der Rhone iſt das hohe und breite Ufer etliche hundert Schritt lang mit 6 oder 8 Reihen hoher Baͤume be- pflanzt, und macht einen der ſchoͤnſten Spazierplaͤtze, die man ſehen kann. Davon uͤberſieht man die Rho- ne, die hier einen ſehr breiten und praͤchtigen Fluß ausmacht. Gerade gegenuͤber liegt an dem jenſeiti- gen, ſich allmaͤhlig in einen langen Huͤgel erhebenden Ufer die Stadt Ville neuve, die als ein Theater von uͤber einander ſtehenden Haͤuſern ins Auge faͤllt. Un- ter den Baͤumen ſind uͤberall ſchoͤne ſteinerne Baͤnke zum Ausruhen geſetzt. An dem obern Ende dieſes herrlichen Spazierplatzes ſtehen noch drey Bogen von der ehedem ſchoͤnen und beruͤhmten ſteinernen Bruͤcke, die nach Ville neuve heruͤber gieng. Die Ausſicht, die man von dem Spazierplatz unter den hohen Bo- gen dieſer Bruͤcke durch uͤber die Rhone und das jen- ſeits

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/122>, abgerufen am 22.11.2024.