Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.Beschreibung einiger Merckwürdigkeiten Fruchtbar-keit dieses Berges. Was endlich die Fruchtbarkeit dieses Bergs anbelangt, so kan Jm Winter wohnet niemand daselbst; die Herren Capuciner Nun ist es Zeit die Beschreibung unsrer Reise fortzusetzen. Der 14. August. Reise aufLucern. Wir waren Morgens bey guter Zeit Reisfertig. Noch vor der Ab- bevorstehen- den Regens auf dem See. Die Schiffleute erzehlten uns, daß sie vor ein gewisses Zeichen der, (*) Dieser Fön-Wind gehört, sowol seines Schadens als Nutzens halber, un-
ter die Merckwürdigkeiten des Schweitzerlands. Er wähet zu gewissen Zeiten im Frühling und Herbst sehr warm; daher er im Frühling oft eine unglaubliche Menge Schnees (welcher den Anbruch der Wärme mercklich verhindern würde) in einer Nacht wegnimmt. Jm Herbst bringt er oft die noch unzeitigen Trauben zu jedermans Verwunderung, in wenig Ta- gen zu ihrer vollkommen Zeitigung. Allein um diese Zeiten ist es denn sehr ungesund, und wird fast jederman, insonderheit wo der Wind frey hinkommt, mit Cathar, Husten, Schnupfen, und viele mit kalten Fiebern überfallen. Hottinger meldet aus alten Jahr-Büchern, daß A. 1362. ein so grosser Frost gewesen, daß man mit Wagen von Zürich nach Rap- perschwyl über den See gefahren. Jn der Oster-Woche aber ist das Eis in einem Tag durch einen warmen Wind ganz geschmolzen worden. Hotting. Method, leg. H. H. p. 286. Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten Fruchtbar-keit dieſes Berges. Was endlich die Fruchtbarkeit dieſes Bergs anbelangt, ſo kan Jm Winter wohnet niemand daſelbſt; die Herren Capuciner Nun iſt es Zeit die Beſchreibung unſrer Reiſe fortzuſetzen. Der 14. Auguſt. Reiſe aufLucern. Wir waren Morgens bey guter Zeit Reisfertig. Noch vor der Ab- bevorſtehen- den Regens auf dem See. Die Schiffleute erzehlten uns, daß ſie vor ein gewiſſes Zeichen der, (*) Dieſer Foͤn-Wind gehoͤrt, ſowol ſeines Schadens als Nutzens halber, un-
ter die Merckwuͤrdigkeiten des Schweitzerlands. Er waͤhet zu gewiſſen Zeiten im Fruͤhling und Herbſt ſehr warm; daher er im Fruͤhling oft eine unglaubliche Menge Schnees (welcher den Anbruch der Waͤrme mercklich verhindern wuͤrde) in einer Nacht wegnimmt. Jm Herbſt bringt er oft die noch unzeitigen Trauben zu jedermans Verwunderung, in wenig Ta- gen zu ihrer vollkommen Zeitigung. Allein um dieſe Zeiten iſt es denn ſehr ungeſund, und wird faſt jederman, inſonderheit wo der Wind frey hinkommt, mit Cathar, Huſten, Schnupfen, und viele mit kalten Fiebern uͤberfallen. Hottinger meldet aus alten Jahr-Buͤchern, daß A. 1362. ein ſo groſſer Froſt geweſen, daß man mit Wagen von Zuͤrich nach Rap- perſchwyl uͤber den See gefahren. Jn der Oſter-Woche aber iſt das Eis in einem Tag durch einen warmen Wind ganz geſchmolzen worden. Hotting. Method, leg. H. H. p. 286. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="diaryEntry" n="2"> <pb facs="#f0043" n="38"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten</hi> </fw><lb/> <note place="left">Fruchtbar-<lb/> keit dieſes<lb/> Berges.</note> <p>Was endlich die Fruchtbarkeit dieſes Bergs anbelangt, ſo kan<lb/> man ſich einen Begriff davon machen, aus der Nachricht, die Cyſat<lb/> davon gibt, daß nemlich zum wenigſten 150. Senten darauf ſeyn,<lb/> keine weniger, als von 16. Kuͤhen gerechnet.</p><lb/> <p>Jm Winter wohnet niemand daſelbſt; die Herren Capuciner<lb/> und Wirthe, welche den Sommer uͤber darauf wohnen, werden im<lb/> Herbſt durch den Schnee von da vertrieben.</p><lb/> <p>Nun iſt es Zeit die Beſchreibung unſrer Reiſe fortzuſetzen.</p> </div><lb/> <div type="diaryEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Der 14. Auguſt.</hi> </hi> </head><lb/> <note place="left">Reiſe auf<lb/> Lucern.</note> <p>Wir waren Morgens bey guter Zeit Reisfertig. Noch vor der Ab-<lb/> reiſe machte ich den Verſuch von der Anziehung des Magnets, und<lb/> fande dieſelbe in dem Wirthshauß zu Kuͤßnacht, welches mit dem<lb/> Lucerner-See in gleicher Hoͤhe ſteht, 13. Zoll und 8. Lin., faſt noch<lb/> einmal ſo groß, als ich ſie den vorigen Tag auf dem Berge geſehen<lb/> hatte. Wir verreißten von Kuͤßnacht zu Schiff nach Lucern.<lb/> Von dieſem See iſt uͤber das, was der Herꝛ <hi rendition="#aq">D.</hi> Scheuchzer meldet,<lb/> noch zu mercken, daß im Fruͤhling meiſtens ein Suͤd-Wind wehet,<lb/> welchen die Schiffleute die <hi rendition="#fr">Foͤn</hi> nennen. <note place="foot" n="(*)">Dieſer Foͤn-Wind gehoͤrt, ſowol ſeines Schadens als Nutzens halber, un-<lb/> ter die Merckwuͤrdigkeiten des Schweitzerlands. Er waͤhet zu gewiſſen<lb/> Zeiten im Fruͤhling und Herbſt ſehr warm; daher er im Fruͤhling oft eine<lb/> unglaubliche Menge Schnees (welcher den Anbruch der Waͤrme mercklich<lb/> verhindern wuͤrde) in einer Nacht wegnimmt. Jm Herbſt bringt er oft<lb/> die noch unzeitigen Trauben zu jedermans Verwunderung, in wenig Ta-<lb/> gen zu ihrer vollkommen Zeitigung. Allein um dieſe Zeiten iſt es denn<lb/> ſehr ungeſund, und wird faſt jederman, inſonderheit wo der Wind frey<lb/> hinkommt, mit Cathar, Huſten, Schnupfen, und viele mit kalten Fiebern<lb/> uͤberfallen. <hi rendition="#fr">Hottinger</hi> meldet aus alten Jahr-Buͤchern, daß A. 1362.<lb/> ein ſo groſſer Froſt geweſen, daß man mit Wagen von Zuͤrich nach Rap-<lb/> perſchwyl uͤber den See gefahren. Jn der Oſter-Woche aber iſt das Eis<lb/> in einem Tag durch einen warmen Wind ganz geſchmolzen worden. <hi rendition="#aq">Hotting.<lb/> Method, leg. H. H. p.</hi> 286.</note> Der Kuͤßnachter Arm<lb/> dieſes groſſen Lucerner- oder <hi rendition="#aq">IV.</hi> Wald-Staͤdten-Sees hat einen<lb/> Lett-Boden.</p><lb/> <note place="left">Zeichen des<lb/> bevorſtehen-<lb/> den Regens<lb/> auf dem<lb/> See.</note> <p>Die Schiffleute erzehlten uns, daß ſie vor ein gewiſſes Zeichen<lb/> des bald herankommenden Regens halten, wenn die Waſſer-Blaſen,<lb/> welche die Bewegung des Ruders macht, lange auf dem Waſſer blei-<lb/> ben, wenn ſie aber bald wieder abgehen, ſo ſol gutes Wetter bleiben.<lb/> Jn dem Kuͤßnachter Arm vergiengen die Blaſen augenblicklich wie-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0043]
Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten
Was endlich die Fruchtbarkeit dieſes Bergs anbelangt, ſo kan
man ſich einen Begriff davon machen, aus der Nachricht, die Cyſat
davon gibt, daß nemlich zum wenigſten 150. Senten darauf ſeyn,
keine weniger, als von 16. Kuͤhen gerechnet.
Jm Winter wohnet niemand daſelbſt; die Herren Capuciner
und Wirthe, welche den Sommer uͤber darauf wohnen, werden im
Herbſt durch den Schnee von da vertrieben.
Nun iſt es Zeit die Beſchreibung unſrer Reiſe fortzuſetzen.
Der 14. Auguſt.
Wir waren Morgens bey guter Zeit Reisfertig. Noch vor der Ab-
reiſe machte ich den Verſuch von der Anziehung des Magnets, und
fande dieſelbe in dem Wirthshauß zu Kuͤßnacht, welches mit dem
Lucerner-See in gleicher Hoͤhe ſteht, 13. Zoll und 8. Lin., faſt noch
einmal ſo groß, als ich ſie den vorigen Tag auf dem Berge geſehen
hatte. Wir verreißten von Kuͤßnacht zu Schiff nach Lucern.
Von dieſem See iſt uͤber das, was der Herꝛ D. Scheuchzer meldet,
noch zu mercken, daß im Fruͤhling meiſtens ein Suͤd-Wind wehet,
welchen die Schiffleute die Foͤn nennen. (*) Der Kuͤßnachter Arm
dieſes groſſen Lucerner- oder IV. Wald-Staͤdten-Sees hat einen
Lett-Boden.
Die Schiffleute erzehlten uns, daß ſie vor ein gewiſſes Zeichen
des bald herankommenden Regens halten, wenn die Waſſer-Blaſen,
welche die Bewegung des Ruders macht, lange auf dem Waſſer blei-
ben, wenn ſie aber bald wieder abgehen, ſo ſol gutes Wetter bleiben.
Jn dem Kuͤßnachter Arm vergiengen die Blaſen augenblicklich wie-
der,
(*) Dieſer Foͤn-Wind gehoͤrt, ſowol ſeines Schadens als Nutzens halber, un-
ter die Merckwuͤrdigkeiten des Schweitzerlands. Er waͤhet zu gewiſſen
Zeiten im Fruͤhling und Herbſt ſehr warm; daher er im Fruͤhling oft eine
unglaubliche Menge Schnees (welcher den Anbruch der Waͤrme mercklich
verhindern wuͤrde) in einer Nacht wegnimmt. Jm Herbſt bringt er oft
die noch unzeitigen Trauben zu jedermans Verwunderung, in wenig Ta-
gen zu ihrer vollkommen Zeitigung. Allein um dieſe Zeiten iſt es denn
ſehr ungeſund, und wird faſt jederman, inſonderheit wo der Wind frey
hinkommt, mit Cathar, Huſten, Schnupfen, und viele mit kalten Fiebern
uͤberfallen. Hottinger meldet aus alten Jahr-Buͤchern, daß A. 1362.
ein ſo groſſer Froſt geweſen, daß man mit Wagen von Zuͤrich nach Rap-
perſchwyl uͤber den See gefahren. Jn der Oſter-Woche aber iſt das Eis
in einem Tag durch einen warmen Wind ganz geſchmolzen worden. Hotting.
Method, leg. H. H. p. 286.
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