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Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.

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des Schweitzerlandes.
Pflaster an dem Orte, wo er gelegen, überall glatt und wie polirt ist,
eben auf die Weise, wie man es in den durch Kunst verfertigten
Mauren sehen kan.

Daß der untere Theil des Berges, oder die Felsen, auf welchen
diese zusammen geschwemmte Steine liegen, damals, als die Ueber-
schwemmung geschehen ist, schon vest gewesen sey, kan man nicht
zweifeln. Denn widrigenfalls, hätte die Ueberschwemmung alle
Materie unter einander vermischt, und wäre bemeldtes Felß-Lager
nicht von den andern Steinen abgesöndert, und unten gesetzt worden,
zumal, da die Felsen nicht schwerer sind, als die zusammen geschwemmte
Steine. Weil diese damals schon vest waren, so hätten sie sich,
wenn alles flüßig gewesen wäre, nothwendig wegen ihrer mehrern
Schwere in die Tieffe setzen müssen, und wäre also das Felß-Lager
das oberste geblieben.

Aus diesem läßt sich nun ein doppelter Satz herleiten, der derNutzen die-
ser Betrach-
tung.

berühmten Frage von dem Ursprung der Berge ein grosses Licht
gibt. Nemlich, daß vor diesem in der Höhe der grösten Berge
Wasser gewesen, und daß es Berge gebe, welche nach und nach
groß worden sind.
Das erste wird auch aus vielen andern Beob-
achtungen ausser allen Zweifel gesetzt. S. Hr. Schwedenborgs
Prodromum Principiorum Rerum naturalium, in der Vorrede de Oceani
primaevi Altitudine.
Das andere stößt Hrn. Woodwards Meynung
von dem Ursprung der Berge in der Sündfluth um. Mr. Wafer,
ein Englischer Chirurgus, berichtet in seiner Beschreibung der Ame-
ricanischen Erd-Enge Darien,
im VIII Cap. daß nicht weit von
Santa in Peru das Meer von einem Erdbeben einige Meilen weit
in das Land über einen Berg seye getrieben worden; welches ich vor
diejenige bemercke, die eine Sach, deren Möglichkeit sie nicht be-
greiffen, insgemein läugnen, wenn sie gleich aus tüchtigen Gründen
erwiesen ist, wie die Ueberschwemmung der Bergen.

Die Kräuter, welche auf der obersten Spitze unsers vorhabendenKleinheit
der Berg-
Kräuter.

Berges wachsen, sind alle sehr klein, und scheinen gleichsam hart an
dem Boden zu kleben. Auf dem Pilatus-Berg sind sie an einigen
Orten, die höher find, als der oberste Gipfel der Rigi, viel höher,
woraus denn folget, daß nicht nur die Höhe der Bergen, sondern
auch der Wind etc. zur Kleinheit der Berg-Pflantzen viel beytrage.
Jch habe dieses weiters angeführt in den Anmerckungen über Hrn.
D. Scheuchzers Natur-Geschichten des Schweitzerlandes.

Was
E 3

des Schweitzerlandes.
Pflaſter an dem Orte, wo er gelegen, uͤberall glatt und wie polirt iſt,
eben auf die Weiſe, wie man es in den durch Kunſt verfertigten
Mauren ſehen kan.

Daß der untere Theil des Berges, oder die Felſen, auf welchen
dieſe zuſammen geſchwemmte Steine liegen, damals, als die Ueber-
ſchwemmung geſchehen iſt, ſchon veſt geweſen ſey, kan man nicht
zweifeln. Denn widrigenfalls, haͤtte die Ueberſchwemmung alle
Materie unter einander vermiſcht, und waͤre bemeldtes Felß-Lager
nicht von den andern Steinen abgeſoͤndert, und unten geſetzt worden,
zumal, da die Felſen nicht ſchwerer ſind, als die zuſammen geſchwemmte
Steine. Weil dieſe damals ſchon veſt waren, ſo haͤtten ſie ſich,
wenn alles fluͤßig geweſen waͤre, nothwendig wegen ihrer mehrern
Schwere in die Tieffe ſetzen muͤſſen, und waͤre alſo das Felß-Lager
das oberſte geblieben.

Aus dieſem laͤßt ſich nun ein doppelter Satz herleiten, der derNutzen die-
ſer Betrach-
tung.

beruͤhmten Frage von dem Urſprung der Berge ein groſſes Licht
gibt. Nemlich, daß vor dieſem in der Hoͤhe der groͤſten Berge
Waſſer geweſen, und daß es Berge gebe, welche nach und nach
groß worden ſind.
Das erſte wird auch aus vielen andern Beob-
achtungen auſſer allen Zweifel geſetzt. S. Hr. Schwedenborgs
Prodromum Principiorum Rerum naturalium, in der Vorrede de Oceani
primævi Altitudine.
Das andere ſtoͤßt Hrn. Woodwards Meynung
von dem Urſprung der Berge in der Suͤndfluth um. Mr. Wafer,
ein Engliſcher Chirurgus, berichtet in ſeiner Beſchreibung der Ame-
ricaniſchen Erd-Enge Darien,
im VIII Cap. daß nicht weit von
Santa in Peru das Meer von einem Erdbeben einige Meilen weit
in das Land uͤber einen Berg ſeye getrieben worden; welches ich vor
diejenige bemercke, die eine Sach, deren Moͤglichkeit ſie nicht be-
greiffen, insgemein laͤugnen, wenn ſie gleich aus tuͤchtigen Gruͤnden
erwieſen iſt, wie die Ueberſchwemmung der Bergen.

Die Kraͤuter, welche auf der oberſten Spitze unſers vorhabendenKleinheit
der Berg-
Kraͤuter.

Berges wachſen, ſind alle ſehr klein, und ſcheinen gleichſam hart an
dem Boden zu kleben. Auf dem Pilatus-Berg ſind ſie an einigen
Orten, die hoͤher find, als der oberſte Gipfel der Rigi, viel hoͤher,
woraus denn folget, daß nicht nur die Hoͤhe der Bergen, ſondern
auch der Wind ꝛc. zur Kleinheit der Berg-Pflantzen viel beytrage.
Jch habe dieſes weiters angefuͤhrt in den Anmerckungen uͤber Hrn.
D. Scheuchzers Natur-Geſchichten des Schweitzerlandes.

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E 3
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[37/0042] des Schweitzerlandes. Pflaſter an dem Orte, wo er gelegen, uͤberall glatt und wie polirt iſt, eben auf die Weiſe, wie man es in den durch Kunſt verfertigten Mauren ſehen kan. Daß der untere Theil des Berges, oder die Felſen, auf welchen dieſe zuſammen geſchwemmte Steine liegen, damals, als die Ueber- ſchwemmung geſchehen iſt, ſchon veſt geweſen ſey, kan man nicht zweifeln. Denn widrigenfalls, haͤtte die Ueberſchwemmung alle Materie unter einander vermiſcht, und waͤre bemeldtes Felß-Lager nicht von den andern Steinen abgeſoͤndert, und unten geſetzt worden, zumal, da die Felſen nicht ſchwerer ſind, als die zuſammen geſchwemmte Steine. Weil dieſe damals ſchon veſt waren, ſo haͤtten ſie ſich, wenn alles fluͤßig geweſen waͤre, nothwendig wegen ihrer mehrern Schwere in die Tieffe ſetzen muͤſſen, und waͤre alſo das Felß-Lager das oberſte geblieben. Aus dieſem laͤßt ſich nun ein doppelter Satz herleiten, der der beruͤhmten Frage von dem Urſprung der Berge ein groſſes Licht gibt. Nemlich, daß vor dieſem in der Hoͤhe der groͤſten Berge Waſſer geweſen, und daß es Berge gebe, welche nach und nach groß worden ſind. Das erſte wird auch aus vielen andern Beob- achtungen auſſer allen Zweifel geſetzt. S. Hr. Schwedenborgs Prodromum Principiorum Rerum naturalium, in der Vorrede de Oceani primævi Altitudine. Das andere ſtoͤßt Hrn. Woodwards Meynung von dem Urſprung der Berge in der Suͤndfluth um. Mr. Wafer, ein Engliſcher Chirurgus, berichtet in ſeiner Beſchreibung der Ame- ricaniſchen Erd-Enge Darien, im VIII Cap. daß nicht weit von Santa in Peru das Meer von einem Erdbeben einige Meilen weit in das Land uͤber einen Berg ſeye getrieben worden; welches ich vor diejenige bemercke, die eine Sach, deren Moͤglichkeit ſie nicht be- greiffen, insgemein laͤugnen, wenn ſie gleich aus tuͤchtigen Gruͤnden erwieſen iſt, wie die Ueberſchwemmung der Bergen. Nutzen die- ſer Betrach- tung. Die Kraͤuter, welche auf der oberſten Spitze unſers vorhabenden Berges wachſen, ſind alle ſehr klein, und ſcheinen gleichſam hart an dem Boden zu kleben. Auf dem Pilatus-Berg ſind ſie an einigen Orten, die hoͤher find, als der oberſte Gipfel der Rigi, viel hoͤher, woraus denn folget, daß nicht nur die Hoͤhe der Bergen, ſondern auch der Wind ꝛc. zur Kleinheit der Berg-Pflantzen viel beytrage. Jch habe dieſes weiters angefuͤhrt in den Anmerckungen uͤber Hrn. D. Scheuchzers Natur-Geſchichten des Schweitzerlandes. Kleinheit der Berg- Kraͤuter. Was E 3

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1742/42>, abgerufen am 29.03.2024.