Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Fortpflantzung und Verhältniß
jede Frau nur einen Mann haben können, so lange
man das natürliche Recht und Billigkeit beobachtet.
Wolte man leugnen, daß dieses nicht das beste sey,
so müste man beweisen, daß die Vielweiberei für die
Gesundheit der Männer, und zur Vermehrung der
Menschen dienlicher sey. Dieses aber kan nimmer
geschehen, weil aus der Erfahrung bekandt, daß die
Gesundheit der Männer dabei sehr mitgenommen
wird. Es ist nicht genug, daß ein Türcke mehr
Weiber nimmt, sondern er ist auch zu denen eheli-
chen Pflichten verbunden, so daß eine Frau wegen
deren Verabsäumung den Mann gerichtlich belan-
gen kan, wie Olearius [k] solches von Persien, und
Sagredo von der Türckey bemercket. Hiedurch
nun wird die Gesundheit der meisten Männer gar
zeitig ruiniret. Ja die Kinder, die daher erzeuget
werden, sind davon offenbahre Beweißthümer.
Sagredo [l] hat sehr wohl bemercket, daß die Tür-
cken, die viele Weiber haben, nicht viele Kinder ha-
ben, und die meisten Kinder sind elend und kranck,
so daß sie bald wieder hinweg sterben. Er meinet
zwar, daß die Jalousie und Zauberei der Türcki-
schen Weiber hieran Ursach sey, die sich die Kinder
einander nicht gönnen, allein ein Medicus wird die-
se gegründete Ursach angeben, daß es daher komme,
weil man das wesentlichste nicht zu seiner Reife
kommen lässet, indem sehr wollüstige, vermöge der
Erfahrung, wenige oder elende Kinder haben. Es
müste aber auch zweitens bewiesen werden, daß der
Hauptzweck durch die Vielweiberei besser könne er-
halten werden, welcher die Erzeugung und Erzie-

hung
[k] In der Frantz. Ubers. T. 2. l. 5. p. 852.
[l] Ottomannische Pforte Tom. I. P. 1. c. 21.

Von der Fortpflantzung und Verhaͤltniß
jede Frau nur einen Mann haben koͤnnen, ſo lange
man das natuͤrliche Recht und Billigkeit beobachtet.
Wolte man leugnen, daß dieſes nicht das beſte ſey,
ſo muͤſte man beweiſen, daß die Vielweiberei fuͤr die
Geſundheit der Maͤnner, und zur Vermehrung der
Menſchen dienlicher ſey. Dieſes aber kan nimmer
geſchehen, weil aus der Erfahrung bekandt, daß die
Geſundheit der Maͤnner dabei ſehr mitgenommen
wird. Es iſt nicht genug, daß ein Tuͤrcke mehr
Weiber nimmt, ſondern er iſt auch zu denen eheli-
chen Pflichten verbunden, ſo daß eine Frau wegen
deren Verabſaͤumung den Mann gerichtlich belan-
gen kan, wie Olearius [k] ſolches von Perſien, und
Sagredo von der Tuͤrckey bemercket. Hiedurch
nun wird die Geſundheit der meiſten Maͤnner gar
zeitig ruiniret. Ja die Kinder, die daher erzeuget
werden, ſind davon offenbahre Beweißthuͤmer.
Sagredo [l] hat ſehr wohl bemercket, daß die Tuͤr-
cken, die viele Weiber haben, nicht viele Kinder ha-
ben, und die meiſten Kinder ſind elend und kranck,
ſo daß ſie bald wieder hinweg ſterben. Er meinet
zwar, daß die Jalouſie und Zauberei der Tuͤrcki-
ſchen Weiber hieran Urſach ſey, die ſich die Kinder
einander nicht goͤnnen, allein ein Medicus wird die-
ſe gegruͤndete Urſach angeben, daß es daher komme,
weil man das weſentlichſte nicht zu ſeiner Reife
kommen laͤſſet, indem ſehr wolluͤſtige, vermoͤge der
Erfahrung, wenige oder elende Kinder haben. Es
muͤſte aber auch zweitens bewieſen werden, daß der
Hauptzweck durch die Vielweiberei beſſer koͤnne er-
halten werden, welcher die Erzeugung und Erzie-

hung
[k] In der Frantz. Uberſ. T. 2. l. 5. p. 852.
[l] Ottomanniſche Pforte Tom. I. P. 1. c. 21.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0230" n="184"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Fortpflantzung und Verha&#x0364;ltniß</hi></fw><lb/>
jede Frau nur einen Mann haben ko&#x0364;nnen, &#x017F;o lange<lb/>
man das natu&#x0364;rliche Recht und Billigkeit beobachtet.<lb/>
Wolte man leugnen, daß die&#x017F;es nicht das be&#x017F;te &#x017F;ey,<lb/>
&#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;te man bewei&#x017F;en, daß die Vielweiberei fu&#x0364;r die<lb/>
Ge&#x017F;undheit der Ma&#x0364;nner, und zur Vermehrung der<lb/>
Men&#x017F;chen dienlicher &#x017F;ey. Die&#x017F;es aber kan nimmer<lb/>
ge&#x017F;chehen, weil aus der Erfahrung bekandt, daß die<lb/>
Ge&#x017F;undheit der Ma&#x0364;nner dabei &#x017F;ehr mitgenommen<lb/>
wird. Es i&#x017F;t nicht genug, daß ein Tu&#x0364;rcke mehr<lb/>
Weiber nimmt, &#x017F;ondern er i&#x017F;t auch zu denen eheli-<lb/>
chen Pflichten verbunden, &#x017F;o daß eine Frau wegen<lb/>
deren Verab&#x017F;a&#x0364;umung den Mann gerichtlich belan-<lb/>
gen kan, wie Olearius <note place="foot" n="[k]">In der Frantz. Uber&#x017F;. <hi rendition="#aq">T. 2. l. 5. p.</hi> 852.</note> &#x017F;olches von Per&#x017F;ien, und<lb/>
Sagredo von der Tu&#x0364;rckey bemercket. Hiedurch<lb/>
nun wird die Ge&#x017F;undheit der mei&#x017F;ten Ma&#x0364;nner gar<lb/>
zeitig ruiniret. Ja die Kinder, die daher erzeuget<lb/>
werden, &#x017F;ind davon offenbahre Beweißthu&#x0364;mer.<lb/>
Sagredo <note place="foot" n="[l]"><hi rendition="#aq">Ottomanni&#x017F;che Pforte Tom. I. P. 1. c.</hi> 21.</note> hat &#x017F;ehr wohl bemercket, daß die Tu&#x0364;r-<lb/>
cken, die viele Weiber haben, nicht viele Kinder ha-<lb/>
ben, und die mei&#x017F;ten Kinder &#x017F;ind elend und kranck,<lb/>
&#x017F;o daß &#x017F;ie bald wieder hinweg &#x017F;terben. Er meinet<lb/>
zwar, daß die Jalou&#x017F;ie und Zauberei der Tu&#x0364;rcki-<lb/>
&#x017F;chen Weiber hieran Ur&#x017F;ach &#x017F;ey, die &#x017F;ich die Kinder<lb/>
einander nicht go&#x0364;nnen, allein ein Medicus wird die-<lb/>
&#x017F;e gegru&#x0364;ndete Ur&#x017F;ach angeben, daß es daher komme,<lb/>
weil man das we&#x017F;entlich&#x017F;te nicht zu &#x017F;einer Reife<lb/>
kommen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, indem &#x017F;ehr wollu&#x0364;&#x017F;tige, vermo&#x0364;ge der<lb/>
Erfahrung, wenige oder elende Kinder haben. Es<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;te aber auch zweitens bewie&#x017F;en werden, daß der<lb/>
Hauptzweck durch die Vielweiberei be&#x017F;&#x017F;er ko&#x0364;nne er-<lb/>
halten werden, welcher die Erzeugung und Erzie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hung</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0230] Von der Fortpflantzung und Verhaͤltniß jede Frau nur einen Mann haben koͤnnen, ſo lange man das natuͤrliche Recht und Billigkeit beobachtet. Wolte man leugnen, daß dieſes nicht das beſte ſey, ſo muͤſte man beweiſen, daß die Vielweiberei fuͤr die Geſundheit der Maͤnner, und zur Vermehrung der Menſchen dienlicher ſey. Dieſes aber kan nimmer geſchehen, weil aus der Erfahrung bekandt, daß die Geſundheit der Maͤnner dabei ſehr mitgenommen wird. Es iſt nicht genug, daß ein Tuͤrcke mehr Weiber nimmt, ſondern er iſt auch zu denen eheli- chen Pflichten verbunden, ſo daß eine Frau wegen deren Verabſaͤumung den Mann gerichtlich belan- gen kan, wie Olearius [k] ſolches von Perſien, und Sagredo von der Tuͤrckey bemercket. Hiedurch nun wird die Geſundheit der meiſten Maͤnner gar zeitig ruiniret. Ja die Kinder, die daher erzeuget werden, ſind davon offenbahre Beweißthuͤmer. Sagredo [l] hat ſehr wohl bemercket, daß die Tuͤr- cken, die viele Weiber haben, nicht viele Kinder ha- ben, und die meiſten Kinder ſind elend und kranck, ſo daß ſie bald wieder hinweg ſterben. Er meinet zwar, daß die Jalouſie und Zauberei der Tuͤrcki- ſchen Weiber hieran Urſach ſey, die ſich die Kinder einander nicht goͤnnen, allein ein Medicus wird die- ſe gegruͤndete Urſach angeben, daß es daher komme, weil man das weſentlichſte nicht zu ſeiner Reife kommen laͤſſet, indem ſehr wolluͤſtige, vermoͤge der Erfahrung, wenige oder elende Kinder haben. Es muͤſte aber auch zweitens bewieſen werden, daß der Hauptzweck durch die Vielweiberei beſſer koͤnne er- halten werden, welcher die Erzeugung und Erzie- hung [k] In der Frantz. Uberſ. T. 2. l. 5. p. 852. [l] Ottomanniſche Pforte Tom. I. P. 1. c. 21.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/230
Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/230>, abgerufen am 22.11.2024.