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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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und derselben Schädlichkeit.
sie desto schädlicher, weil der gute Verstand ein Scla-
ve des boßhaften Willens. Ich halte daher ein Haus
für Fündlinge für ein nöthiges Stück in einem Rei-
che. Denn wenn auch noch so scharffe Mittel
gegen die Hurerei angewandt werden, werden die
Hur-Kinder doch nicht gantz ausbleiben. Daß
man einwendet, als wenn das Laster dadurch be-
fördert werde, findet nur alsdann statt, wenn die
Obrigkeit solches gantz ungestraft hingehen lässet.

2.) Wie die Hurerei eine Mutter lasterhafter
Menschen in einem Reiche, so ist auch die Armuth
eine Tochter derselben. Die vielen Weibsstücke
werden Bettlerinnen, wenn sie sich nicht mehr was
verdienen können. Das Arbeiten haben sie ver-
lernt, und keiner verlangt sie zur Arbeit, des Faul-
lentzens sind sie gewohnt, und Kinder haben sie,
Schaamhaftigkeit ist bey ihnen nicht, also schämen
sie sich auch nicht zu betteln. Würde Hurerei
schärfer bestrafet, würde sich manche Magd noch
bedencken, ehe sie sich an einen Kerl hinge. So
aber fehlet es an diesem Bewegungs-Grunde und
Zwangs-Mittel. Daher ergeben sie sich ohne Be-
dencken denen Reitzungen zu diesem Laster. Nach
etlichen Jahren lauffen sie mit ein oder ein paar
Kindern auf der Strasse herum betteln. Sie schi-
cken auch die Kinder aus auf das Betteln, und diese
werden also dessen von Kindheit an gewohnt, daher
es ihnen hernach desto leichter wird. Ich glaube,
daß dieses die vornehmste Ursach der jetzigen vielen
Bettelei in Berlin, indem anjetzo keine Strasse, von
alten und jungen Bettlern, frey. Berlin hat ge-
genwärtig wenigstens tausend offenbahre Huren,
und etliche tausend Hur-Kinder, zwischen dem 5.

und
Cap. IV. V. J

und derſelben Schaͤdlichkeit.
ſie deſto ſchaͤdlicher, weil der gute Verſtand ein Scla-
ve des boßhaften Willens. Ich halte daher ein Haus
fuͤr Fuͤndlinge fuͤr ein noͤthiges Stuͤck in einem Rei-
che. Denn wenn auch noch ſo ſcharffe Mittel
gegen die Hurerei angewandt werden, werden die
Hur-Kinder doch nicht gantz ausbleiben. Daß
man einwendet, als wenn das Laſter dadurch be-
foͤrdert werde, findet nur alsdann ſtatt, wenn die
Obrigkeit ſolches gantz ungeſtraft hingehen laͤſſet.

2.) Wie die Hurerei eine Mutter laſterhafter
Menſchen in einem Reiche, ſo iſt auch die Armuth
eine Tochter derſelben. Die vielen Weibsſtuͤcke
werden Bettlerinnen, wenn ſie ſich nicht mehr was
verdienen koͤnnen. Das Arbeiten haben ſie ver-
lernt, und keiner verlangt ſie zur Arbeit, des Faul-
lentzens ſind ſie gewohnt, und Kinder haben ſie,
Schaamhaftigkeit iſt bey ihnen nicht, alſo ſchaͤmen
ſie ſich auch nicht zu betteln. Wuͤrde Hurerei
ſchaͤrfer beſtrafet, wuͤrde ſich manche Magd noch
bedencken, ehe ſie ſich an einen Kerl hinge. So
aber fehlet es an dieſem Bewegungs-Grunde und
Zwangs-Mittel. Daher ergeben ſie ſich ohne Be-
dencken denen Reitzungen zu dieſem Laſter. Nach
etlichen Jahren lauffen ſie mit ein oder ein paar
Kindern auf der Straſſe herum betteln. Sie ſchi-
cken auch die Kinder aus auf das Betteln, und dieſe
werden alſo deſſen von Kindheit an gewohnt, daher
es ihnen hernach deſto leichter wird. Ich glaube,
daß dieſes die vornehmſte Urſach der jetzigen vielen
Bettelei in Berlin, indem anjetzo keine Straſſe, von
alten und jungen Bettlern, frey. Berlin hat ge-
genwaͤrtig wenigſtens tauſend offenbahre Huren,
und etliche tauſend Hur-Kinder, zwiſchen dem 5.

und
Cap. IV. V. J
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[129/0175] und derſelben Schaͤdlichkeit. ſie deſto ſchaͤdlicher, weil der gute Verſtand ein Scla- ve des boßhaften Willens. Ich halte daher ein Haus fuͤr Fuͤndlinge fuͤr ein noͤthiges Stuͤck in einem Rei- che. Denn wenn auch noch ſo ſcharffe Mittel gegen die Hurerei angewandt werden, werden die Hur-Kinder doch nicht gantz ausbleiben. Daß man einwendet, als wenn das Laſter dadurch be- foͤrdert werde, findet nur alsdann ſtatt, wenn die Obrigkeit ſolches gantz ungeſtraft hingehen laͤſſet. 2.) Wie die Hurerei eine Mutter laſterhafter Menſchen in einem Reiche, ſo iſt auch die Armuth eine Tochter derſelben. Die vielen Weibsſtuͤcke werden Bettlerinnen, wenn ſie ſich nicht mehr was verdienen koͤnnen. Das Arbeiten haben ſie ver- lernt, und keiner verlangt ſie zur Arbeit, des Faul- lentzens ſind ſie gewohnt, und Kinder haben ſie, Schaamhaftigkeit iſt bey ihnen nicht, alſo ſchaͤmen ſie ſich auch nicht zu betteln. Wuͤrde Hurerei ſchaͤrfer beſtrafet, wuͤrde ſich manche Magd noch bedencken, ehe ſie ſich an einen Kerl hinge. So aber fehlet es an dieſem Bewegungs-Grunde und Zwangs-Mittel. Daher ergeben ſie ſich ohne Be- dencken denen Reitzungen zu dieſem Laſter. Nach etlichen Jahren lauffen ſie mit ein oder ein paar Kindern auf der Straſſe herum betteln. Sie ſchi- cken auch die Kinder aus auf das Betteln, und dieſe werden alſo deſſen von Kindheit an gewohnt, daher es ihnen hernach deſto leichter wird. Ich glaube, daß dieſes die vornehmſte Urſach der jetzigen vielen Bettelei in Berlin, indem anjetzo keine Straſſe, von alten und jungen Bettlern, frey. Berlin hat ge- genwaͤrtig wenigſtens tauſend offenbahre Huren, und etliche tauſend Hur-Kinder, zwiſchen dem 5. und Cap. IV. V. J

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/175>, abgerufen am 23.11.2024.