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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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Von der Hurerei
wie von andern Kindern bis zum 10ten Jahr des
Alters sterben, ja ich nehme noch 5000 für die
übrigen Jahre ab, ehe sie das 20te erreichen, so blei-
ben 20000 übrig, mit denen unsere Lande in 25
Jahren vermehret werden. Diese Unglückselige
machen mit denen Müttern 26 und mehr tausende
aus. Was hat man nun von so vielen unehligen
Kindern zu erwarten? Ihre Erziehung wird ver-
absäumet. Ihre Mütter, denen sie überlassen wer-
den, können und wollen sie nicht erziehen, wie es
sich gebühret. Sie erlernen also nicht die Grund-
Sätze der Religion und Tugend. Daher betreten
sie, so bald sie nur auf denen Füssen stehen können,
die Laster-Wege. Die Töchter folgen ihren Müt-
tern nach und werden Huren wie sie. Die Kna-
ben erlangen mehrentheils gar bald in der Kindheit
männliche Stärcke in aller Schande und Boßheit,
daraus denn nachgehends die verruchtesten Böse-
wichter werden müssen. Wenn man ihnen auch
bey Handwercken Zutritt erlaubet, wie dieserhalb
vor einigen Jahren die sehr löbliche Verordnung
veranstaltet, so fehlet es ihnen doch oft an denen
nöthigen Mitteln zur Erlernung einer Profeßion,
und an denen, die sie dazu bringen. Bey denen
meisten aber hat die Untugend schon so tief gewur-
tzelt, daß dennoch nichts aus ihnen wird. Mich
dünckt, man könne hierwieder nichts einwenden.
Eine Ausnahme gebe ich zu, aber es gilt doch von
denen meisten. Wie viel schlimmes hat man nun
von solcher Menge übel erzogener und gearteter Kin-
der nicht zu erwarten? Wolte man behaupten, daß
die unehligen Kinder klüger als andere, welches einige
mit dem Vanino Lust zu glauben haben, so werden

sie

Von der Hurerei
wie von andern Kindern bis zum 10ten Jahr des
Alters ſterben, ja ich nehme noch 5000 fuͤr die
uͤbrigen Jahre ab, ehe ſie das 20te erreichen, ſo blei-
ben 20000 uͤbrig, mit denen unſere Lande in 25
Jahren vermehret werden. Dieſe Ungluͤckſelige
machen mit denen Muͤttern 26 und mehr tauſende
aus. Was hat man nun von ſo vielen unehligen
Kindern zu erwarten? Ihre Erziehung wird ver-
abſaͤumet. Ihre Muͤtter, denen ſie uͤberlaſſen wer-
den, koͤnnen und wollen ſie nicht erziehen, wie es
ſich gebuͤhret. Sie erlernen alſo nicht die Grund-
Saͤtze der Religion und Tugend. Daher betreten
ſie, ſo bald ſie nur auf denen Fuͤſſen ſtehen koͤnnen,
die Laſter-Wege. Die Toͤchter folgen ihren Muͤt-
tern nach und werden Huren wie ſie. Die Kna-
ben erlangen mehrentheils gar bald in der Kindheit
maͤnnliche Staͤrcke in aller Schande und Boßheit,
daraus denn nachgehends die verruchteſten Boͤſe-
wichter werden muͤſſen. Wenn man ihnen auch
bey Handwercken Zutritt erlaubet, wie dieſerhalb
vor einigen Jahren die ſehr loͤbliche Verordnung
veranſtaltet, ſo fehlet es ihnen doch oft an denen
noͤthigen Mitteln zur Erlernung einer Profeßion,
und an denen, die ſie dazu bringen. Bey denen
meiſten aber hat die Untugend ſchon ſo tief gewur-
tzelt, daß dennoch nichts aus ihnen wird. Mich
duͤnckt, man koͤnne hierwieder nichts einwenden.
Eine Ausnahme gebe ich zu, aber es gilt doch von
denen meiſten. Wie viel ſchlimmes hat man nun
von ſolcher Menge uͤbel erzogener und gearteter Kin-
der nicht zu erwarten? Wolte man behaupten, daß
die unehligen Kinder kluͤger als andere, welches einige
mit dem Vanino Luſt zu glauben haben, ſo werden

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[128/0174] Von der Hurerei wie von andern Kindern bis zum 10ten Jahr des Alters ſterben, ja ich nehme noch 5000 fuͤr die uͤbrigen Jahre ab, ehe ſie das 20te erreichen, ſo blei- ben 20000 uͤbrig, mit denen unſere Lande in 25 Jahren vermehret werden. Dieſe Ungluͤckſelige machen mit denen Muͤttern 26 und mehr tauſende aus. Was hat man nun von ſo vielen unehligen Kindern zu erwarten? Ihre Erziehung wird ver- abſaͤumet. Ihre Muͤtter, denen ſie uͤberlaſſen wer- den, koͤnnen und wollen ſie nicht erziehen, wie es ſich gebuͤhret. Sie erlernen alſo nicht die Grund- Saͤtze der Religion und Tugend. Daher betreten ſie, ſo bald ſie nur auf denen Fuͤſſen ſtehen koͤnnen, die Laſter-Wege. Die Toͤchter folgen ihren Muͤt- tern nach und werden Huren wie ſie. Die Kna- ben erlangen mehrentheils gar bald in der Kindheit maͤnnliche Staͤrcke in aller Schande und Boßheit, daraus denn nachgehends die verruchteſten Boͤſe- wichter werden muͤſſen. Wenn man ihnen auch bey Handwercken Zutritt erlaubet, wie dieſerhalb vor einigen Jahren die ſehr loͤbliche Verordnung veranſtaltet, ſo fehlet es ihnen doch oft an denen noͤthigen Mitteln zur Erlernung einer Profeßion, und an denen, die ſie dazu bringen. Bey denen meiſten aber hat die Untugend ſchon ſo tief gewur- tzelt, daß dennoch nichts aus ihnen wird. Mich duͤnckt, man koͤnne hierwieder nichts einwenden. Eine Ausnahme gebe ich zu, aber es gilt doch von denen meiſten. Wie viel ſchlimmes hat man nun von ſolcher Menge uͤbel erzogener und gearteter Kin- der nicht zu erwarten? Wolte man behaupten, daß die unehligen Kinder kluͤger als andere, welches einige mit dem Vanino Luſt zu glauben haben, ſo werden ſie

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/174>, abgerufen am 06.05.2024.