Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905bat sogar Fräulein Stella, ihre Tochter zu vertreten und den Kotillion vorzutanzen." "Mit dem Verlobten ihrer Tochter!" "Nein der schöne Fernand hatte sich ins Spielzimmer zurückgezogen." "Und?" "Und - raten Sie! Fräulein Stella antwortete, sie sei einverstanden, den Kotillion vorzutanzen, aber unter der Bedingung, daß der Baron Seuriet ihr Tänzer sei." "Fred?" sagte die junge Frau mit kaum merklichem Beben der Stimme, "Fred? Stella weiß doch, daß Fred nicht tanzt, wenigstens nicht gerne tanzt." "Vielleicht bis jetzt nicht. Aber heute hat er sich wie ein Rasender dem Tanze hingegeben." "Er!" wiederholte Frau von Ellissen. Ihr starrer Blick schien die Vision dieses unerhörten Ereignisses zu verfolgen: Fred tanzend. Sie suchte sich ihn vorzustellen, wie er sich einladend verbeugte, wie er den Claquehut auf den leeren Sessel seiner Tänzerin legte, wie er den Arm um eine zarte Gestalt schlang und sich in das Gewühl jener Walzer stürzte, deren Rhythmen er so haßte. Es gelang ihr jedoch nicht, sich Fred vorzustellen und sie schüttelte traurig das Haupt: bat sogar Fräulein Stella, ihre Tochter zu vertreten und den Kotillion vorzutanzen.“ „Mit dem Verlobten ihrer Tochter!“ „Nein der schöne Fernand hatte sich ins Spielzimmer zurückgezogen.“ „Und?“ „Und – raten Sie! Fräulein Stella antwortete, sie sei einverstanden, den Kotillion vorzutanzen, aber unter der Bedingung, daß der Baron Seuriet ihr Tänzer sei.“ „Fred?“ sagte die junge Frau mit kaum merklichem Beben der Stimme, „Fred? Stella weiß doch, daß Fred nicht tanzt, wenigstens nicht gerne tanzt.“ „Vielleicht bis jetzt nicht. Aber heute hat er sich wie ein Rasender dem Tanze hingegeben.“ „Er!“ wiederholte Frau von Ellissen. Ihr starrer Blick schien die Vision dieses unerhörten Ereignisses zu verfolgen: Fred tanzend. Sie suchte sich ihn vorzustellen, wie er sich einladend verbeugte, wie er den Claquehut auf den leeren Sessel seiner Tänzerin legte, wie er den Arm um eine zarte Gestalt schlang und sich in das Gewühl jener Walzer stürzte, deren Rhythmen er so haßte. Es gelang ihr jedoch nicht, sich Fred vorzustellen und sie schüttelte traurig das Haupt: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0095" n="94"/> bat sogar Fräulein Stella, ihre Tochter zu vertreten und den Kotillion vorzutanzen.“</p> <p>„Mit dem Verlobten ihrer Tochter!“</p> <p>„Nein der schöne Fernand hatte sich ins Spielzimmer zurückgezogen.“</p> <p>„Und?“</p> <p>„Und – raten Sie! Fräulein Stella antwortete, sie sei einverstanden, den Kotillion vorzutanzen, aber unter der Bedingung, daß der Baron Seuriet ihr Tänzer sei.“</p> <p>„Fred?“ sagte die junge Frau mit kaum merklichem Beben der Stimme, „Fred? Stella weiß doch, daß Fred nicht tanzt, wenigstens nicht gerne tanzt.“</p> <p>„Vielleicht bis jetzt nicht. Aber heute hat er sich wie ein Rasender dem Tanze hingegeben.“</p> <p>„Er!“ wiederholte Frau von Ellissen. Ihr starrer Blick schien die Vision dieses unerhörten Ereignisses zu verfolgen: Fred tanzend. Sie suchte sich ihn vorzustellen, wie er sich einladend verbeugte, wie er den Claquehut auf den leeren Sessel seiner Tänzerin legte, wie er den Arm um eine zarte Gestalt schlang und sich in das Gewühl jener Walzer stürzte, deren Rhythmen er so haßte. Es gelang ihr jedoch nicht, sich Fred vorzustellen und sie schüttelte traurig das Haupt:</p> </div> </body> </text> </TEI> [94/0095]
bat sogar Fräulein Stella, ihre Tochter zu vertreten und den Kotillion vorzutanzen.“
„Mit dem Verlobten ihrer Tochter!“
„Nein der schöne Fernand hatte sich ins Spielzimmer zurückgezogen.“
„Und?“
„Und – raten Sie! Fräulein Stella antwortete, sie sei einverstanden, den Kotillion vorzutanzen, aber unter der Bedingung, daß der Baron Seuriet ihr Tänzer sei.“
„Fred?“ sagte die junge Frau mit kaum merklichem Beben der Stimme, „Fred? Stella weiß doch, daß Fred nicht tanzt, wenigstens nicht gerne tanzt.“
„Vielleicht bis jetzt nicht. Aber heute hat er sich wie ein Rasender dem Tanze hingegeben.“
„Er!“ wiederholte Frau von Ellissen. Ihr starrer Blick schien die Vision dieses unerhörten Ereignisses zu verfolgen: Fred tanzend. Sie suchte sich ihn vorzustellen, wie er sich einladend verbeugte, wie er den Claquehut auf den leeren Sessel seiner Tänzerin legte, wie er den Arm um eine zarte Gestalt schlang und sich in das Gewühl jener Walzer stürzte, deren Rhythmen er so haßte. Es gelang ihr jedoch nicht, sich Fred vorzustellen und sie schüttelte traurig das Haupt:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |