Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

Bild:
<< vorherige Seite

dazu zwingt, und wir behüten unsere Stück für Stück erworbene Erkenntnis mit frommen Mienen und gesenkten Blickes, bis zu dem Tage, an dem wir die hinter unseren weißen Vorhängen aufgespeicherten Theorien in die Praxis übertragen können."

Das dumpfe Rollen eines Wagens wurde hörbar, und die Glocke ertönte. Und Stella, glücklich über diese Ablenkung, rief:

"Da ist die Miß ... Wenn ich nur auf meine Art glücklich werde - sind damit nicht alle deine Wünsche erfüllt?"

"Gewiß, Stella - aber du wirst das Glück finden, wenn du deine eigenen Wege gehst? Ich wäre trostlos, dich eines Tages unglücklich zu sehen, zu wissen, daß du leidest, Stella!"

"Aber nein, Mira, du wirst sehen. Hab' nur ein wenig Vertrauen zu mir. Ich bin nicht schlecht und liebe dich von Herzen."

Die Zofe trat ein:

"Fräulein Deaken läßt um Entschuldigung bitten, aber sie wird wegen ihrer kranken Füße nicht heraufkommen, das gnädige Fräulein abzuholen. Wenn das gnädige Fräulein sich allein hinunter begeben möchte?"

dazu zwingt, und wir behüten unsere Stück für Stück erworbene Erkenntnis mit frommen Mienen und gesenkten Blickes, bis zu dem Tage, an dem wir die hinter unseren weißen Vorhängen aufgespeicherten Theorien in die Praxis übertragen können.“

Das dumpfe Rollen eines Wagens wurde hörbar, und die Glocke ertönte. Und Stella, glücklich über diese Ablenkung, rief:

„Da ist die Miß … Wenn ich nur auf meine Art glücklich werde – sind damit nicht alle deine Wünsche erfüllt?“

„Gewiß, Stella – aber du wirst das Glück finden, wenn du deine eigenen Wege gehst? Ich wäre trostlos, dich eines Tages unglücklich zu sehen, zu wissen, daß du leidest, Stella!“

„Aber nein, Mira, du wirst sehen. Hab’ nur ein wenig Vertrauen zu mir. Ich bin nicht schlecht und liebe dich von Herzen.“

Die Zofe trat ein:

„Fräulein Deaken läßt um Entschuldigung bitten, aber sie wird wegen ihrer kranken Füße nicht heraufkommen, das gnädige Fräulein abzuholen. Wenn das gnädige Fräulein sich allein hinunter begeben möchte?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0084" n="83"/>
dazu zwingt, und wir behüten unsere Stück für Stück erworbene Erkenntnis mit frommen Mienen und gesenkten Blickes, bis zu dem Tage, an dem wir die hinter unseren weißen Vorhängen aufgespeicherten Theorien in die Praxis übertragen können.&#x201C;</p>
        <p>Das dumpfe Rollen eines Wagens wurde hörbar, und die Glocke ertönte. Und Stella, glücklich über diese Ablenkung, rief:</p>
        <p>&#x201E;Da ist die Miß &#x2026; Wenn ich nur auf meine Art glücklich werde &#x2013; sind damit nicht alle deine Wünsche erfüllt?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Gewiß, Stella &#x2013; aber du wirst das Glück finden, wenn du deine eigenen Wege gehst? Ich wäre trostlos, dich eines Tages unglücklich zu sehen, zu wissen, daß du leidest, Stella!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Aber nein, Mira, du wirst sehen. Hab&#x2019; nur ein wenig Vertrauen zu mir. Ich bin nicht schlecht und liebe dich von Herzen.&#x201C;</p>
        <p>Die Zofe trat ein:</p>
        <p>&#x201E;Fräulein Deaken läßt um Entschuldigung bitten, aber sie wird wegen ihrer kranken Füße nicht heraufkommen, das gnädige Fräulein abzuholen. Wenn das gnädige Fräulein sich allein hinunter begeben möchte?&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0084] dazu zwingt, und wir behüten unsere Stück für Stück erworbene Erkenntnis mit frommen Mienen und gesenkten Blickes, bis zu dem Tage, an dem wir die hinter unseren weißen Vorhängen aufgespeicherten Theorien in die Praxis übertragen können.“ Das dumpfe Rollen eines Wagens wurde hörbar, und die Glocke ertönte. Und Stella, glücklich über diese Ablenkung, rief: „Da ist die Miß … Wenn ich nur auf meine Art glücklich werde – sind damit nicht alle deine Wünsche erfüllt?“ „Gewiß, Stella – aber du wirst das Glück finden, wenn du deine eigenen Wege gehst? Ich wäre trostlos, dich eines Tages unglücklich zu sehen, zu wissen, daß du leidest, Stella!“ „Aber nein, Mira, du wirst sehen. Hab’ nur ein wenig Vertrauen zu mir. Ich bin nicht schlecht und liebe dich von Herzen.“ Die Zofe trat ein: „Fräulein Deaken läßt um Entschuldigung bitten, aber sie wird wegen ihrer kranken Füße nicht heraufkommen, das gnädige Fräulein abzuholen. Wenn das gnädige Fräulein sich allein hinunter begeben möchte?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/84
Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/84>, abgerufen am 22.11.2024.