Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

Bild:
<< vorherige Seite

Fernand ergriff die Hände seiner Braut, und begann ruhig, ihre Fingerspitzen zu küssen. Dabei zeigte er eine Miene, die mehr nach Gewohnheit als nach Überzeugung aussah.

Indessen betrachtete ihn Stella neugierig und als er erriet, daß sie auf seine schweigsame Unbeweglichkeit aufmerksam geworden war, setzte er, sich selbst übertreffend, seine Tätigkeit fort.

"Alice" rief Frau von Werner, "komme die Damen begrüßen. -"

Sehr verwirrt stürzte das Mädchen fort, und ließ die beiden allein.

Sogleich neigte sich Fernand zu Stella.

"Ist es denn wahr, wirklich wahr?" fragte er mit einem beinahe traurigen feurigen Blick.

"Wie ... wahr ... wovon sprechen Sie?" fragte Stella.

"Sie werden sich verheiraten?"

"Ja, mein Lieber ... es ist das traurige Schicksal, das doch den meisten beschieden ist."

"Aber Sie, Sie müssen doch nicht ... Sie?"

"Wie Sie?"

"Nein, intelligent und stark, wie Sie sind, haben Sie das Recht und die Pflicht frei zu bleiben."

Fernand ergriff die Hände seiner Braut, und begann ruhig, ihre Fingerspitzen zu küssen. Dabei zeigte er eine Miene, die mehr nach Gewohnheit als nach Überzeugung aussah.

Indessen betrachtete ihn Stella neugierig und als er erriet, daß sie auf seine schweigsame Unbeweglichkeit aufmerksam geworden war, setzte er, sich selbst übertreffend, seine Tätigkeit fort.

„Alice“ rief Frau von Werner, „komme die Damen begrüßen. –“

Sehr verwirrt stürzte das Mädchen fort, und ließ die beiden allein.

Sogleich neigte sich Fernand zu Stella.

„Ist es denn wahr, wirklich wahr?“ fragte er mit einem beinahe traurigen feurigen Blick.

„Wie … wahr … wovon sprechen Sie?“ fragte Stella.

„Sie werden sich verheiraten?“

„Ja, mein Lieber … es ist das traurige Schicksal, das doch den meisten beschieden ist.“

„Aber Sie, Sie müssen doch nicht … Sie?“

„Wie Sie?“

„Nein, intelligent und stark, wie Sie sind, haben Sie das Recht und die Pflicht frei zu bleiben.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0175" n="174"/>
        <p>Fernand ergriff die Hände seiner Braut, und begann ruhig, ihre Fingerspitzen zu küssen. Dabei zeigte er eine Miene, die mehr nach Gewohnheit als nach Überzeugung aussah.</p>
        <p>Indessen betrachtete ihn Stella neugierig und als er erriet, daß sie auf seine schweigsame Unbeweglichkeit aufmerksam geworden war, setzte er, sich selbst übertreffend, seine Tätigkeit fort.</p>
        <p>&#x201E;Alice&#x201C; rief Frau von Werner, &#x201E;komme die Damen begrüßen. &#x2013;&#x201C;</p>
        <p>Sehr verwirrt stürzte das Mädchen fort, und ließ die beiden allein.</p>
        <p>Sogleich neigte sich Fernand zu Stella.</p>
        <p>&#x201E;Ist es denn wahr, wirklich wahr?&#x201C; fragte er mit einem beinahe traurigen feurigen Blick.</p>
        <p>&#x201E;Wie &#x2026; wahr &#x2026; wovon sprechen Sie?&#x201C; fragte Stella.</p>
        <p>&#x201E;Sie werden sich verheiraten?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ja, mein Lieber &#x2026; es ist das traurige Schicksal, das doch den meisten beschieden ist.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Aber <hi rendition="#g">Si</hi>e, Sie müssen doch nicht &#x2026; Sie?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Wie Sie?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Nein, intelligent und stark, wie Sie sind, haben Sie das Recht und die Pflicht frei zu bleiben.&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0175] Fernand ergriff die Hände seiner Braut, und begann ruhig, ihre Fingerspitzen zu küssen. Dabei zeigte er eine Miene, die mehr nach Gewohnheit als nach Überzeugung aussah. Indessen betrachtete ihn Stella neugierig und als er erriet, daß sie auf seine schweigsame Unbeweglichkeit aufmerksam geworden war, setzte er, sich selbst übertreffend, seine Tätigkeit fort. „Alice“ rief Frau von Werner, „komme die Damen begrüßen. –“ Sehr verwirrt stürzte das Mädchen fort, und ließ die beiden allein. Sogleich neigte sich Fernand zu Stella. „Ist es denn wahr, wirklich wahr?“ fragte er mit einem beinahe traurigen feurigen Blick. „Wie … wahr … wovon sprechen Sie?“ fragte Stella. „Sie werden sich verheiraten?“ „Ja, mein Lieber … es ist das traurige Schicksal, das doch den meisten beschieden ist.“ „Aber Sie, Sie müssen doch nicht … Sie?“ „Wie Sie?“ „Nein, intelligent und stark, wie Sie sind, haben Sie das Recht und die Pflicht frei zu bleiben.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/175
Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/175>, abgerufen am 31.08.2024.